DIE KLUGEN UND DIE TÖRICHTEN JUNGFRAUEN.

Der Versuch, Wege in eine erweiterte Bewusstseinsebene aufzuzeigen.



Das gleichnamige Büchlein Violanthe Rappls (hier als PDF-Fassung) gibt Gedanken zu ihrem Gemäldezyklus »Die klugen und die törichten Jungfrauen« wieder. Alle dort versammelten Bilder, gemalt auf Zeichenkarton, wechselweise mit Ölfarbe, Ölstift, Kohlestift und Bleistift, teilweise auch mit Acryl- und Wasserfarben, sind etwa 85 x 110 cm groß.

Es folgen Auszüge aus dem Buch, dazu die Bildnisse und ihre Bildbeschreibungen:

Klug und töricht sind für mich auswechselbare Begriffe, Verhaltensweisen, die in bestimmten Situationen sozusagen ihre Farbe wechseln können. So kann es klug sein, töricht zu sein, und umgekehrt töricht, klug zu sein. Eine Erstarrung kann ebenso im stetigen Klugsein erfolgen wie das Verharren im Törichten.
Es wäre töricht, diesen Prädikaten moralische Tendenzen zu unterstellen, und es wäre klug, sie in jedem Fall im Zusammenhang einer bestimmten Situation zu sehen.
Die törichten und klugen Jungfrauen sind ein Bild aus der Bibel, Matthäus 25, Vers 1-13: »Dann wird das Himmelreich gleich sein zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen aus, dem Bräutigam entgegen. Aber fünf unter ihnen waren töricht und fünf waren klug. Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen nicht Öl mit sich. Die klugen aber nahmen Öl in ihren Gefäßen samt Lampen. Da nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein. Zur Mitternacht aber ward ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt, gehet aus ihm entgegen! Da standen diese Jungfrauen alle auf und schmückten ihre Lampen. Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsere Lampen verlöschen. Da antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch nicht genug sein; gehet aber hin zu den Krämern und kaufet für euch selbst. Und da sie hingingen, zu kaufen, kam der Bräutigam, und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen. Zuletzt kamen auch die anderen Jungfrauen und sprachen: Herr, tu uns auf! Er antwortete aber und sprach: Wahrlich ich sage euch, ich kenne euch nicht. Darum wachet, denn ihr wisset weder Tag noch Stunde, in der der Menschensohn kommen wird.«

Die Bilder, die ich zu diesem Gleichnis gemalt habe, sehe ich als Lebenswege. Einige Möglichkeiten nur, die ich aus meinem Erfahrungsbereich herausholte. Beim ersten Hinblicken wird man geneigt sein, in negativ und positiv einzuteilen. So denke ich es nicht. Um das richtigzustellen, wird es nutzen, wenn ich zu jedem dieser Bilder meine Gedanken ausspreche. Es soll allerdings auf keinen Fall so sein, dass nicht jeder seine ganz eigenen Assoziationen haben dürfte, im Gegenteil, erst dann können Bilder persönlich »zünden«. Ich selbst bin darauf angewiesen, Bilder, die in mir aufsteigen, meditativ zu betrachten, um sie zu verstehen.





1. Die kluge Jungfrau:

Wasser sehe ich als Symbol für das Seelenhafte und auch Unbewusste. Es kann große Ängste auslösen vor dem Sog der dunklen Tiefe, vor dem Ertrinken in einem Element, das unbeherrschbar ist. Aber ohne Wasser ist Leben nicht möglich. Wie kann ich mich auf dieses Element einlassen? Was geschieht, wenn der Sog mich tiefer und tiefer zieht und mich keine Flut mehr auf die Erde zurückwirft? Was verbindet mich mit diesem Symbol? Gibt es Teilbereiche in mir, in denen ich Wasser beherrschen und nutzen lerne zur Lebenskraft? Das Suchen nach solchen Inhalten zeigt die Laterne. Lichtschein ist schon eine Bewusstwerdung. Die Suche nach der innersten Quelle beginnt. Das Mädchen auf dem Bild findet auch etwas. Im Wasser wächst eine Seerose und in dieser Rose liegt ein durchsichtiger Edelstein, in dem sich ein winziges neugeborenes Kind befindet. Dieses Kind wiederum sehe ich als Geburt in eine innere Welt, die schöpferische Kräfte mobilisiert. Kräfte, mit denen der Mensch imstande ist, viel größere Dimensionen zu leben. Jedoch, um bis zu einem solchen »Fund« zu gelangen, müssen so viele Ängste angenommen und durchgestanden werden, um sie schließlich zu erkennen und zu entschärfen. Es ist der Kampf mit den bösen Geistern. Nicht nur das. Ein Mensch muss auch sich selbst »Entwicklungshilfe« zukommen lassen. Und das ist nicht immer ein einfacher Weg.












2. Die ganze Schöpfung Gottes lieben lernen:

Die Frau liegt eingebettet in die sie umgebende Erde. Sie ruht in ihr. Gleichzeitig schaut und lauscht sie in sie hinein. In den Händen hält sie Wassertropfen, die den Pflanzenwurzeln Nahrung geben. Ihre Nabelschnur reicht weit in die Erde, mit der ihr Körper verbunden ist. Es ist, als sei die Erde ihr Kind oder sie das Kind der Erde. Wenn solch eine Harmonie entsteht, kann der Mensch sich als Teil Gottes sehen und damit Gott in sich fühlen. Damit nimmt er alle Geschöpfe in sich auf als Teile seiner selbst. Denn alles ist Gott. Es ist sicher das wünschenswerteste Ziel. Es gibt Wege dorthin. Vertrauen zur Erde und Liebe zu den Geschöpfen ist eine Möglichkeit, Harmonie und Lebenskraft aufzubauen. Vertrauensvoll sich in die Schöpfung Gottes hineinbegeben heißt auch, »eins« zu werden mit allen Geschöpfen, die Gott geschaffen hat. Sich nicht zu separieren und vor allem sich nicht als Krone der Schöpfung zu sehen. Alle Schöpfung ist gleichwertig. Pflanzen und Tiere können ohne den Menschen leben. Aber der Mensch ist da erbärmlicher angelegt, er kann nicht ohne Pflanzen und Tiere leben. Es ist doch so, diese Welt kann ohne Menschen existieren, aber sie ist nicht denkbar ohne Pflanzen, Tiere, Wasser, Erde, Licht und Wärme. Vielleicht ist es Minderwertigkeit, die den Menschen dazu verführt, sich über die Schöpfung zu erheben und sich als Mittelpunkt sehen zu wollen.

Tatsächlich ist der Mensch in seiner Unvollkommenheit aufgerufen, in seine Vollkommenheit, in Selbstverantwortung hineinzuwachsen. Grausam ist der Hochmut in der Zerstörung der Mitgeschöpfe. Wir Menschen haben pflanzliche und tierische Schöpfung in uns, denn wir sind aus ihnen gewachsen. Zerstören wir diese, so zerstören wir uns selbst und damit unsere Grundlage.

Es ist so köstlich, Tiere und Pflanzen zu betrachten, zu genießen. Wie Erde, Himmel, Wind, Wasser und Gestirne. Es ist eine Liebe, die letztendlich den Menschen selber auffängt und trägt. Die Natur ist wie ein Mutterleib. Aus ihm wird man zur Ganzheitlichkeit geboren. Und zur Selbstvergessenheit in eine Weite der Geschöpflichkeit hinein.





3. Beides hat der Mensch in sich, Mann und Frau:

Es muss erarbeitet werden. Dank der überlieferten Traditionen, in denen Männer die Stärkeren und Klügeren waren, die Fähigkeit besaßen, im Kampf zu siegen, war es selbstverständlich die Frau als ein nicht so großartig ausgestattetes Wesen zu betrachten. Man sah sie als Geschöpf weit unter dem Mann stehend. So wurde sie nach von Männern bestimmten gesellschaftlichen Normen und Regeln unterdrückt. Nur selten konnten Frauen daraus ausbrechen und sich als selbstständig denkende in der Männerwelt behaupten. Sicher hat sich das im letzten Jahrhundert total geändert. Aber diese Veränderung ist so ganz tief noch immer nicht in die Gehirne eingedrungen. Das gilt natürlich auch für die Frau. Denn auch sie hat die Aufgabe, ihre männliche Seite zu entwickeln. Doch das fällt ihr anscheinend nicht so schwer, denn für sie war der Mann der bewunderte Mensch, und danach zu streben ist leichter. Die Frau kann dabei hochschauen. Der Mann muss sich beugen.

Bei der Überbewertung des Mannes wurde auch ganz nebenbei vergessen, dass die Überlegenheit hauptsächlich im Töten von Menschen und Tieren und im Vernichten von Sach- und Kulturgütern bestand. Ganz einfach im Ausleben seiner Aggressionen. Erschwerend ist es für den Mann, Gefühle anzunehmen, denn die durfte er ja nicht haben und auf gar keinen Fall zeigen, das war weibisch. Auch das hat sich längst geändert, aber Reste davon gespenstern immer noch herum.

Der Mann auf dem Bild, der seine weibliche Seite liebevoll formt, stellt eine Möglichkeit dar, den Zwang zur Zerstörung zu durchbrechen. Er entdeckt voll Staunen eine ganz neue Möglichkeit in sich, und er sieht Weiten, die neue Räume für ihn aufschließen. Ein Akt von Geist, Herz und realem Tun formt Qualitäten, die dem seelischen Wachstum dienen. Geformt werden die zärtliche Seite des Verstehens, die Freude und der Austausch mit dem anderen. Die Gewissheit, dass es einen Bereich in uns gibt, der uns aufnimmt, aus dem wir ohne zerstörende Furcht existieren können. Die Suche nach der inneren Quelle beginnt. Für die Frau ergibt sich ein ähnliches Problem. Sie muss in sich auch die Wertigkeit von Gefühlen erkennen, denn Gefühle sind ganz allgemein auf der Negativschiene gelaufen. Die Kultivierung des sozialen Verständnisses ist nie sonderlich gefördert worden. Und auch nicht so sehr ins Bewusstsein getreten. Im Vordergrund steht vielmehr die Anstrengung, im Außen Fuß zu fassen. Das ist sicher auch sehr wichtig. Aber angstfrei wird man nur durch innere Geborgenheit. Über Räume, die in kosmische Harmonie führen.





4. Wunden, die geschlagen wurden, mag ich nicht anschauen, denn es gibt Wunden die nie verheilen, der Anblick schmerzt zu sehr:

Die Frau auf dem Bild wagt es dennoch. Sie hat lange gebraucht, um den Mut und die Kraft dazu aufzubringen. Es gibt seelische Verletzungen so schwer, dass ein Leben dadurch zerstört wird. Solche Verletzungen finden in der Kindheit statt, da, wo der kleine Mensch völlig hilflos ausgeliefert ist. Der erwachsene Mensch kann sich meist noch in irgendeiner Form wehren. Aber ein Kind steht ohne liebende Fürsorge wie ausgestoßen da. Es kann sich weder wehren noch für sich selber sorgen. Welche grausamen Ängste ein solches Kind verzehren, kann nur nachempfinden, wer eine solche Situation selber erlebt hat. Auch ist für einen normal aufgewachsenen Menschen ziemlich unverständlich, wie stark der Selbsthass in einem solchen Menschen wird. »Ich kann nichts wert sein, ich bin ein Nichts, sonst würde man doch liebevoller mit mir sein.« Die Scham darüber ist fast unüberwindlich. Es kostet schon viel innere Aufarbeitung dazu, schließlich doch in den Spiegel schauen zu können, die Wunden zu betrachten und Mitleid mit sich selbst zu bekommen. Weinen können und die Trauer nicht mehr verdrängen müssen, ist ein befreiender Akt von großer Stärke. Kraftvolle Substanz wird freigesetzt, die starke entwickelte Gefühle beinhaltet, mit der Fähigkeit, auch das Leiden anderer zu sehen und mitzufühlen. Es ist eine innere Erlösung. Und so ein Mensch kann zur Erkenntnis kommen, dass Leiden eine tiefe Sinnhaftigkeit erwirken kann, die anderen Menschen verborgen bleibt. Es ist wohl eine Höchstleistung, die ein Mensch erbringen kann, Leid in Liebe zu verwandeln.










5. Wenn alles zerbricht und man lässt alles los, dann wird der Weg frei, Gott entgegenzugehen.

Die Frau auf dem Bild steht inmitten von Trümmern und Gräbern. Ein Szenarium totaler Einsamkeit. Es gibt nichts mehr, woran sie sich klammern kann. Das bisschen, was noch ihr eigen ist, lässt sie aus der Hand fallen. Sie will selber nichts mehr als nur den Tod, der ihre Erlösung ist, aus einer Traurigkeit, die tiefer und grausamer nicht sein kann. »Zerbrochensein« ist eine große Herausforderung. Es kann sich daraus eine totale Wandlung ergeben. Das beginnt dann, wenn man sich seiner Verzweiflung bewusst wird, wenn nichts mehr geht und man nichts mehr will und damit alles loslässt. Der Weg wird frei, Gott entgegenzugehen. Das allerdings muss bewusst und intensiv sein, sich als letzten Ausweg ganz und gar in Gott fallen zu lassen. Es bricht ja auch alles Hemmende zusammen, Asyle, die nicht tragfähig sind, Verhaltensweisen, die vorher nicht bewusst wurden. Es ist kein Zufall, dass damit im Innersten des Menschen Wände eingerissen werden, die den Zugang zur Seele versperrt haben. Es findet eine Ablösung statt aus allen nichtigen Alltäglichkeiten. Aus Abhängigkeiten von Normen, Zwängen und Gewohnheiten. Von materiellen Dingen und auch von Menschen. Jetzt ist nichts mehr da, womit man sich umhüllen kann, denn Abhängigkeiten sind Scheinumhüllungen. Sie verhüllen letztlich das eigene Sein, die eigenen Kräfte und Möglichkeiten. Der Mensch steht nackt da, nur auf sich selber konzentriert. Ein Augenblick, wo die Seele beginnen kann zu wirken. Durch eine so schreckliche Schleuse öffnet sich die Möglichkeit, sich nur noch auf den innersten Kern hin zu reduzieren: auf den göttlichen Kernbereich.

Auf dem Bild öffnet sich leise der Himmel mit verhaltenem Schein. Die Frau sieht den Schein und geht dem Licht entgegen. Es öffnet sich der Weg zu geheimnisvollem, neuem Wachstum, zu neuem Leben hin.










6. Der Schiffbruch.

Ein so starker Traum, der mir meinen inneren Zustand bewusst werden ließ, mein Leben gewandelt hat und zur Wirklichkeit wurde. Nach dem Schiffbruch mit allen furchtbaren Ängsten des Auseinanderberstens, des Abfallens der Masken und Schutzhüllen, die ich als Kind um mich herum aufgebaut hatte, stand plötzlich eine leuchtende göttliche Gestalt von unbeschreibbarer Ruhe und Sanftmut neben mir. Reichte mir die Hand mit den Worten: »Hab keine Angst, du kannst über das Wasser gehen, ich führe dich zur Insel der Seligen.«

Wenn alles zerbricht und auch die Masken fallen, dann wird die göttliche Kraft im Menschen frei. Das lässt uns über die Wasser gehen, das heißt, dass uns das Unbewusste nicht mehr verschlingt, sondern zur führenden Kraft wird.









7. Vertrauen in die Liebe Gottes.

Das Bild auf der linken Seite zeigt eine ältere Frau, die allein voller Vertrauen über das Wasser geht. Im Gegensatz zu dem Mädchen, das noch die Führung als Halt neben sich hat. Ich will damit aufzeigen, dass der Weg des Vertrauens und der Angstlosigkeit immer wieder erkämpft werden muss. Die bösen Geister ergreifen immer wieder die Gedanken. Selbst bei noch so bewusstem Wissen und Abkehr aus der Vergangenheit schleicht sich die böse Vergangenheit immer wieder ein. Es braucht Wachsamkeit, um solche Prägungen abzubauen. Die Frau symbolisiert die Reifung dahin. Sie schaut voll Vertrauen in den Himmel, der sie segnet. Sie weiß darum, dass das Böse in ihr überwunden ist und eine Wandlung durchgemacht hat zum Wissen, dass göttliche Harmonie Heilung bewirkt.

 














8. Die törichten Jungfrauen.

Wichtig ist ganz sicher, die anscheinend tote Seele zu heben und ihr ins Gesicht zu schauen. Tot heißt, dass der Seelenanteil verdrängt ist aus dem täglichen Leben, ihn nicht mehr sieht, nicht sehen will und damit auch vernachlässigt. Dieser Zustand dörrt das Leben aus und lässt es veröden. Es beginnt der Tod zu Lebzeiten. In diesen Zustand kann jeder geraten, und durch eine solche Erfahrung ist die Möglichkeit gegeben, den Kampf gegen Blockierungen, die den göttlich lichten Bereich des Werdens, der Kreativität, des für uns kaum Fassbaren ewigen Lebensstromes verstellt und verdunkelt, aufzunehmen.

Den Kampf gegen die rasant werdende Oberflächlichkeit, die Sucht gebiert nach immer stärkeren Reizen, Sensation und Lautstärke. Kampf gegen Hass, Machtsucht und Vernichtung. Gegen Kälte und gierigen Egotrip. Gegen den Tanz um »goldene Kälber«, mit denen sich alle Wünsche angeblich erfüllen lassen. Und letztendlich zu immer mehr Zerstörung des Seelenhaften und gleichzeitig der beseelten Welt führt. Eine andere Sicht. Sich selber verlieren zu können, ist das Gefangensein in ungezählten Dingen des Alltags, in der schließlich eine Zerstreuung stattfindet, die den eigentlichen Kern des Menschen verschwinden lässt. Und dass Zerstreuung in unserer Gesellschaft einen ungeheuren Zwang ausübt, ist wohl kaum zu übersehen. Das kann ja nicht vielfältig und laut genug sein. Die Möglichkeiten nehmen auch über die Medien gewaltig zu. Es benötigt nicht viel Fantasie dazu, um sich vorstellen zu können, in welchem Ausmaß Menschen manipuliert werden.

Manchmal bekomme ich eine Horrorvorstellung, dass, eine Art Ameisenhaufen entsteht, der nur noch auf Knopfdruck reagiert und so zu einer willenlosen Masse degeneriert. Immer in dem erhebenden Zustand, in einer tollen Welt zu leben. Es geht sozusagen das Öl aus.

Kann dieser Wahn durchbrochen werden und beginnt die Sehnsucht nach dem Jenseits, vermag die Quelle im Innersten aufgerissen zu werden, und das Kind als Symbol des erwachenden Lebens, der Fruchtbarkeit, erscheinen und zu wachsen beginnen.

Schon das Verständnis für die Schattenseite, in die ein Mensch gerät, ich selber gerate, ist Öl für die Lampen. Es durchleuchtet Dunkelheit.

Was innen tot ist, ist außen Wüste. Die Welt ist zwar erschaffen worden. Aber wir erschaffen sie immerfort nach unserem eigenen inneren Bilde weiter. Das Geschrei über das Jammertal Welt hilft nicht weiter. Auch nicht das Immer-schuldig-Sprechen der anderen. Sehr viel sinnvoller ist das In-sich-selber-Reinschauen als Spiegel der Welt, um zu wissen, wie es denn um unsere eigene Welt in uns aussieht. Das, was wir alltäglich leben, ist die Welt, die der Mensch selber erschaffen hat, Welt, die in eigener Dynamik aus der engen kurzsichtigen Sicht von Menschen erwachsen ist. Getrennt von kosmischer Weite und letztlich von der göttlichen Sinnhaftigkeit, die im Menschen verankert ist. Die ungeheure Weite an kosmischen Möglichkeiten wird gar nicht wahrgenommen. Vielleicht auch nicht mehr gewünscht. Denn so wie die Menschheit sich ihre Welt geschaffen hat, kann sie alle Macht ausüben und sich selbst als Gott sehen.

Die Frau auf diesem Bild hält das Skelett der Seele in ihren Armen. Das heißt, sie hat sie erkannt und drückt sie an sich. Sie hat sie nicht in tiefste Gründe fallen lassen und verdrängt. Sie schaut entsetzt über das, was sie wahrnimmt. Sie beginnt zu sehen, und das ist ihre Chance. Uns Menschen stehen alle Chancen offen. Es ist nur die Frage, ob wir es für wichtig genug halten, uns damit auseinanderzusetzen. Wichtig erscheint doch meist das Nächstliegende im Alltag - »und nach mir die Sintflut«. Anders ist es bei Menschen, die leidensfähig sind. Sie beginnen, mehr zu sehen.







9. Die Traurigkeit zerstörender Gewalt.

Der Mann auf dem Stier verkörpert Triebhaftigkeit, ungebändigt, zerstörend, voller Aggressivität. Hände und Füße des Mannes sind in den Stier hineingewachsen. Er kann gar nicht mehr abgelöst von dieser Gewalt selbstständig handeln. Es sind Gewalten so mächtig gewachsen, seit der Mensch geschaffen. Im Kampf ums Überleben gegen Natur, Tiere und Menschen. Kräfte, die aus Angst geformt sind, den Glauben an irgendeine Geborgenheit verloren haben. Diesen Kräften begegnen wir ständig im Alltag. Durchsetzung um jeden Preis, Unverständnis, Verachtung, Ausbeutung und Hass anderen Menschen und Lebewesen gegenüber. Das natürlich auch immer in Abstufungen. Im Krieg, wo Mord und schlimmste Gräueltaten legalisiert sind. Wo der Mensch kaum noch als Geschöpf Gottes verstanden werden kann, er selber zu seinem eigenem satanischen Erbe wird. Wo der Wille, alles der eigenen Macht zu unterwerfen, im krassen Gegensatz steht, ein Gefühl des Verstehens oder Mitleidens zu haben. Keine Freude an anderen Geschöpfen zu empfinden. Das ist tiefste Finsternis und Einsamkeit. Eine solche Beziehungslosigkeit verliert auch die Beziehung zu sich selbst. Natürlich steht die Frage im Raum: Was führt einen Menschen in eine solche Hölle der Traurigkeit. Immer wieder versuche ich, die Gründe aufzufinden und aufzuschlüsseln. Das kann eigentlich jeder nachverfolgen mit etwas Beobachtungsgabe. Bei sich selbst und bei anderen. Man kann es auch leicht beobachten, wenn Tiere von Menschen zu Bestien gemacht werden. Das geschieht immer, wenn ein solch hilfloses Tier, über gemeinsten Terror und Bösartigkeiten ohne jegliche Liebe dazu gebracht wird. Und das ist in Abstufungen beim Erziehen von Kindern genauso möglich. Jedoch letztendlich ist es ganz allgemein die Vernachlässigung unserer Gefühlswelt. Mit Gefühlen lässt sich kein Geld verdienen, keine gehobene Position erkämpfen, keine Macht ausüben. Liebe zum Nächsten, zur Schöpfung, ist dazu kein Mittel. Darum wird der Entwicklung einer Gefühlswelt im Menschen wenig Beachtung geschenkt. Vielmehr gilt die Devise: Nimm dir, was du kriegen kannst. Reiß dem andern den Boden unter den Füßen weg, er ist ja selber schuld, wenn er so blöd ist.

Was immer einen Menschen aus seiner Geschichte heraus bewegt, nur noch um sich selbst zu kreisen - und dies hat sicherlich viele Gründe -, er sitzt in einer Hölle der Einsamkeit. Ein solcher Zustand kann entstehen durch übermäßiges Verwöhntwerden in der Kindheit. Das kann ein »Einzelkind-Schicksal« sein, wenn es den Eltern an Einfühlungsvermögen fehlt, wenn sie zu starke Grenzen setzen oder keine Grenzen setzen. Bei zu starken Grenzen verliert ein Kind die Möglichkeit, seine Eigenart zu entfalten. Ist es dann auch noch ständig Mittelpunkt und von übergroßer Fürsorge eingeengt, verfestigt sich die Vorstellung, dass man außerordentlich wichtig ist und alles sich nur um die kleine Person dreht. Besonders wenn sie aus irgendeinem Grund auch noch gehindert werden, mit andern Kindern zu spielen und Freundschaften zu schließen, das heißt nicht lernen zu teilen das Spielen, die gemeinsame Freude oder auch Kummer. Erfahrung auszutauschen, zu streiten oder ganz einfach das Butterbrot oder Süßigkeiten zu teilen. Kontakte aufzubauen, die auf gegenseitiger Aufmerksamkeit beruhen.






10. Der Mensch, der nur sich selbst meint.

Bei fehlenden Grenzen ist ein Kind weit überfordert. Wenn da von den Eltern keinerlei ethische Grenzen gesetzt werden, treibt der rücksichtslose Durchsetzungstrieb traurige Auswüchse. Der Wünsche hat es kein Ende, und sie führen nie zur Befriedigung oder zur Freude. Sie unterstehen nur noch einem Durchsetzungszwang. Solche Kinder werden nicht nur um ihre innere Freude und Ruhe betrogen, sondern auch um die Zukunft, denn die Realität des Lebens verlangt ein soziales Verständnis.

Das ist die eine Möglichkeit, wie ein egoistisches Selbstbezogensein entstehen kann. Das kann auch entstehen, wenn Eltern selber eiskalt sind und ihren Kindern kaum Beachtung schenken oder nur über negativer Kontaktnahme, über die Skala von Misshandlungen. Auf solche Weise werden die Gefühle im Kind zerstört, und »Kontakte« können nur noch über Hass und Vernichtung laufen.

Aus solcher Einsamkeit auszubrechen, und das möchte ein jeder Mensch, besteht einmal in der Möglichkeit, sich immer größer und toller zu sehen und zu werden. Immer mehr Macht zu haben, mehr Geld und alles, was es so an Scheingenüssen gibt, die in Wirklichkeit nie zur Befriedigung führen. Oder darin, dass andere Menschen auf der Negativschiene verachtet, gekränkt und ausgebeutet werden.

Dass ein stetiges Kreisen um sich selbst äußerste Enge bedeutet, ist eigentlich für jeden verständlich. Wenn man sich vorstellt, dass wir Menschen nur allerwinzigste Atome sind im gewaltigen Ausmaß der Schöpfung. Wie gewaltig die Schöpfung ist, kann der Mensch mit seiner heutigen Gehirnfähigkeit kaum ermessen. Er hält sich für überaus klug und allen Geschöpfen dieser Erde überlegen. Macht zu haben und Kontrolle ausüben zu können.

Aber gerade diese Haltung verhindert die Möglichkeit, über den kleinen Horizont hinauszugehen in die Weite der Schöpfung. Der Egoist meint immer sich selbst. Er bezieht die Außenwelt auf sich und beurteilt sie nach seinem Befinden ihr gegenüber. Einfühlung ist nicht möglich. Er erkennt sie nur durch sein Verlangen und seine Bedürfnisse. Immer spielt dabei auch der Horizont einer Sichtweite die Rolle. Dennoch ist es gleichgültig, ob dieser Mensch ein hochgebildeter und rational kluger oder aber von ganz einfacher Art ist. Ausschlaggebend dabei ist immer, sich als Mittelpunkt des Geschehens zu sehen.

Wir befinden uns ja auch im Mittelpunkt, weil wir nur aus unserer Existenz heraus betrachten können. Jeder kann nur mit den eigenen Augen sehen. Jedoch sobald die Erkenntnis aufleuchtet, dass ja jeder Mensch ein Mittelpunkt ist, mit der gleichen Berechtigung zu leben wie ich selber, und nicht nur der Mensch, sondern jedes Lebewesen ein solches Zentrum darstellt, beginnt der Auszug aus der eigenen Enge. Egoismus ist eine Zusammensetzung aus Lebenswille und Lebenskraft. Ein Suchen nach Lebensraum und Lebensmöglichkeiten. Das alles braucht auch der Mensch, um leben und wachsen zu können. Dazu kommt die Angst, andere könnten ihm diese Möglichkeiten streitig machen.

Ein Kind wird von den Eltern abgelehnt. Ganz gleichgültig aus welchen Gründen auch immer, dieses Kind wird auf offene oder hintergründige Weise ständig verletzt. Gründe finden solche Eltern immer. Meist werden dabei die eigenen Schattenseiten auf das völlig hilflose Kind übertragen. Kein Mensch, der einigermaßen geborgen aufgewachsen ist, kann sich vorstellen, was in einem solchen Kind vorgeht. Es befindet sich ja in einer absoluten Ohnmachtssituation. Es ist hilflos ausgeliefert. Wenn es nur noch Attribute zu hören bekommt, wie dumm es ist, wie hässlich, bösartig und unerträglich, dass die armen Eltern sich seiner nur schämen müssen. Dass sie ein solches Kind nicht verdient haben und bei der Geburt anscheinend eine Verwechslung stattgefunden hat. Denn so was können sie als Eltern gar nicht gezeugt haben. Die Auswirkungen werden auf jeden Fall sehr negativ sein. Ungeformte, zerstörerische Kräfte, die sich nicht nach außen entladen, ziehen sich nach innen. Es beginnt die Sucht der Zerstörung. Es ist die Angst vor dem Leben. Angst vor Verletzungen, die von außen her diesen Zustand herbeigeführt haben. Ein paradoxer Zustand, wo man sich selbst Schmerz zufügt, um die Verletzungen durch andere Menschen nicht mehr zu empfinden oder sie vorübergehend zu betäuben. Die inneren Wunden sind so groß, dass das Wagnis zu leben stirbt.



 


11. Die Lust, sich selbst zu zerstören.

Das Bild der sich selbst zerstören Frau ist eine ganz normale Reaktion. Denn ein Kind saugt das in sich auf, was Eltern ihm geben. Oder besser gesagt ihm antun. Und wenn das nur aus Verletzungen besteht, kann so ein armer Wurm sich nur noch als das grässlichste Geschöpf sehen, das nicht wert ist zu leben und das man am besten zerstört. Solche Zerstörung geht nach innen und nach außen. Nach innen sind es die Vorwürfe, die Vorstellung, warum bin ich so entsetzlich, warum bin ich nicht so wie die anderen. Dieses ständige Inhalieren gebiert wahnsinnige Lebensängste, Todeswünsche, Freudlosigkeit und Selbstverachtung. Wenn die Gefühle dabei nicht abgetötet werden, ist das ein so schmerzhafter Zustand, dass nur noch Schmerzen, die man sich äußerlich am Körper zufügt, etwas Linderung bringen. Aber nur etwas und nur vorübergehend. Es ist auch der Wille dabei, sich selbst zu vernichten. Nicht mehr da sein zu müssen. Sicher ist es nicht richtig, so ein Geschöpf als törichte Jungfrau zu beschreiben und die sogenannten klugen damit hervorzuheben. Aber ich versuche das Gleichnis darzustellen als menschliche Triebe, die entweder in Zerstörung enden oder den Weg in‘s Leben finden. Diese ist zerstört worden, wie alle aufgezeigten törichten Jungfrauen. Sie sind zerstört worden, weil sie von anderen, die auch zerstört wurden, auf diesen Weg gebracht worden sind. Eine unendliche Folge von Gliedern einer sinnlosen Kette. Ich will damit aufzeigen, wie dumm und todbringend ein solches Tun ist. Irgendwann muss sich die Menschheit doch dessen bewusst werden. Die klugen Jungfrauen zeigen Wege aus dieser Zwangssituation. Sie symbolisieren Wege, die ins Leben zurückführen können. Dass aus einer solchen Ausweglosigkeit auch positives Wachstum werden kann, beschreibe ich im Kapitel »Ängste«.

 









12. Wie viel Anstrengung kostet es, das innere Kaputtsein nach außen hin zu verstecken.

Lebenslüge, Selbstbetrug, Verdrängung. Wie viel Kraft wird daran verbraucht. Kraft, die sich nur negativ äußern kann, weil sie Negatives verstecken will. Zwangsläufig wird man um sich herum alles in böser Absicht entlarven müssen, hässlich und gemein machen, nur um sich selbst schöner darzustellen. Es ist ein so sinnloses Tun, das alles, was innere Substanz werden könnte, zerstört. Warum ist es so schwer zu verstehen, dass Negatives, was jeder Mensch in sich hat, nicht einfach verdrängt und anderen Menschen unterstellt werden muss, um selber leben zu können. Es ist doch ein Erstickungszustand. Würde die Kraft und der Mut aufgebracht, diese Verhaltensweise anzuschauen und zu fragen, warum es so ist, welche Hintergründe es hat und wie ich damit arbeiten kann, um das nicht Tragfähige zu verwandeln in tiefere Einsichten und Verständnis, wäre schon ein großer Schritt getan. Wie sollten wir Bewusstsein über unser Tun erlangen, bestünde nicht die Möglichkeit der Zwiespältigkeit. Nur so kann entschieden werden, was wir bewusst wollen. Und auch zur Einsicht gelangen, wie bösartig es ist, anderen das anzuhängen, womit wir uns selber nicht auseinandersetzen wollen. Wir tun uns nichts Gutes damit, im Gegenteil, denn der Weg zur Entwicklung wird versperrt. Wir verbleiben so auf dem Niveau der Tiere. Tiere allerdings haben nicht den Auftrag, weit höheres Verständnis sozialer Kommunikation zu entfalten. Tiere sammeln Erfahrungen, die sie speichern als Kapital für ihre Nachkommen. Davon profitiert auch der Mensch. Denn wir besitzen auch das Gehirn der Tiere als Fundament.

Totes gebiert Totes. Aber sobald auch nur ein Funken an Mitgefühl für sich selbst und andere aufglüht, beginnt Leben zu erwachen. Auch aus Verwestem kann man auferstehen. Es gibt keine ewige »Verdammnis«. Aber es gibt die Gottesliebe, die alles auffängt.

Todessehnsucht, für einen Augenblick lang vor sich selbst fliehen, vergessen können. Und diese Augenblicke reihen sich aneinander, eine Kette ohne Ende. Flucht wohin? Es gibt so viele Gründe, die in die Sucht führen, und immer ist es letztendlich die fehlende Geborgenheit, die innere Leere und die Unfähigkeit einen Platz im Leben zu finden, der mit Freude, eigener Kraft »selbstverständlich« ausgefüllt ist. Im Kapitel »Süchte« versuche ich, einige Gründe näher darzustellen.







13. Sucht - der Traum vom schöneren Leben.

Ängste mögen wohl die grausamste Realität des Daseins auf der Erde darstellen. Angefangen bei der Entstehung der Tierwelt. Dort wurden sie zum Antrieb schöpferischer Möglichkeiten, die alle das eine Ziel hatten, sich vor dem Gefressenwerden zu schützen. Die Vielfalt ist enorm, und wir kennen sie aus den zahlreichen Arten, die allesamt Lebensformen und Körper mit Abwehrsystemen geschaffen haben, um überleben zu können. Ängste waren also in dieser Schöpfung die Triebfeder der zahlreichen Formen. Alle mit dem Willen, einen Raum um sich herum zu schaffen, der Leben ermöglicht. Mit diesem Wissen leben zu müssen ist eine tiefgründige Tatsache. Denn der Mensch ist mindestens genauso stark aufgefordert, daraus kreative Möglichkeiten zu suchen, zum Leben hin. Also nicht zur Vernichtung. Und welche kreativen Möglichkeiten hat er bisher gefunden? Wie haben wir die Ängste genutzt? Seltsamerweise durften Männer in unserer Geschichte, soweit sie mir bekannt ist, keine Ängste haben. Die mussten tapfer verdrängt werden, indem man schon früh begann, Werkzeuge zu erfinden, um Tiere und Menschen zu töten, unschädlich zu machen. Auch Gruppen von Männern wurden gebildet, um stark zu sein. Je stärker die Truppen und die Waffen waren - und heute noch sind - um so mehr können diese »tapferen Recken« andere töten und ausbeuten, um ihr Leben zu retten. Das kann doch wohl keiner ernsthaft als kreative Gestaltung erkennen, sondern nur als grausam und ekelhaft verachten.

Gesucht wird das Vergessen aus diesem Dilemma mit allen möglichen Ablenkungen, mit der Flucht aus der Realität. Gesucht werden Möglichkeiten, das Leben des Einzelnen zu verlängern. Leben wird gesehen als Besitz von Gesundheit, was sicher nichts Negatives ist, solange man nicht nachbohrt, was denn eigentlich seelisch geistige Gesundheit und damit auch körperliche wirklich bedeutet. Geld, Vergnügen, auch die Art der Vergnügungen können hinterfragt werden und die zahlreichen »Kicks«, die benötigt werden, der Langeweile zu entgehen. Ich weiß, dass es den andern Menschen gibt. Aber warum sieht unsere Weltwirklichkeit denn so aus, wie sie nun mal ist? Haben wir die Möglichkeiten geschaffen zu leben, ohne den anderen kaputtzumachen?






14. Die Flucht vor der Angst.

Dieses Bild möchte ich als einen Ausgangspunkt zur Beschreibung der Ängste sehen. Die Blase stellt die Schutzhülle dar, die in vielfältiger Weise Menschen um sich herum bauen, um Ängste zu verdrängen. – Scheinbar. – Das Bild zeigt deutlich die Realität. Der Mensch in der Blase hält sich zusätzlich die Augen zu, was jedoch die Verfolgung in keiner Weise aufhält. Um die Blase herum ist nirgends ein Raum der Hoffnung zu sehen, nur trostlose Einsamkeit. Bei dieser Verfolgungsjagd scheint ein Ausbrechen aus dem kleinen, engen Schutzraum kaum möglich zu sein. Ich beschreibe die Schutzräume folgendermaßen (siehe dazu auch »Asyle als Schutz«, in meinem Buch »Walze kontra Himmelreich«): Wie anfangs geschildert sucht der Mensch Schutz in vorgedachten Überlieferungen, Traditionen, in Normen, Gewohnheiten und gesetzten Grenzen. Das bestimmt eine gewisse Sicherheit. Was alle anderen auch tun und sagen, muss doch stimmig sein, also halte ich mich daran. Es ketten sich die Schutzlosen aneinander, um als »Masse« stark zu sein. Dabei entstehen Ballungen an Abwehrsystemen, denen wir im Alltag täglich begegnen. Das »Andere« wird abgelehnt. Das Fremde, das Andersdenkende, das Andersaussehende. Alles, was die eigenen engen Grenzen überschreitet, bereitet sofort Ängste. Also muss man es bekämpfen, damit der Lebensraum gewahrt bleibt. Es ist die Angst, andere Menschen könnten einem diesen streitig machen. Und da es unendlich viele Menschen gibt, die diese oder jene Enge bewohnen, tun sie es auch kräftig und mit Nachdruck. Alle wollen ungestört von Ängsten leben. Aber genau diese enge Art der Sicht- und Lebensweise verstärkt Ängste und Aggressionen. Genau darum wird die Schutzmauer immer dichter und höher. Enge wird zum Erhalt des Lebens gesucht. Enge, meine ich, ist das Absterben der Empfindung zum anderen hin. Das entsteht zwangsläufig durch ein Sichbehauptenwollen gegen die Umwelt. Enge ist auch Angst vor Möglichkeiten und Weiten, die wir nicht kennen, darum auch nicht durchschauen und einordnen können.

Diese Enge zu durchbrechen ist ein gewaltiger Akt. Denn er hat so etwas wie eine Existenzauflösung an sich. Es ist ein Heraussterben aus sich selbst mit gleichzeitiger Boden- und Heimatlosigkeit. Man könnte es auch vergleichen mit einer Atomspaltung, die alle bisherige Existenz vernichtet. Genau darum ist dieser Weg gefahrvoll, wenn keine innere umfassende Basis aufgebaut wurde.

Hilfe bringt der Glaube, dass unsere Heimat, unsere Geborgenheit in der Schöpfung verankert ist und dass wir diese Verankerung mit unserem Selbstsein aufbauen können. Der Weg beginnt mit dem Bewusstsein, wie gewaltig diese Schöpfung ist und dass wir ein Teil dieser Schöpfung sind. So gewaltig, dass wir sie mit unserer heutigen Sicht nicht erfassen können. Doch wenn wir fähig werden zu sehen, dass unser Universum ein ungeheures Potenzial an Harmonie besitzt, um in zahllosen Formen des Lebens zusammenwirkend existent zu sein, dann müsste doch klar werden, dass auch der Mensch seine Heimat dort hat. Und er in seiner Vereinzelung nur verkommen kann, sich selber und die Umwelt vernichtend. Bedingung ist, zu empfinden, dass alle Wesen zusammengehören und wir selber nur ein ganz winziges Teilchen dieser Schöpfung sind. Das Einleben in diese Schöpfung kann nur über die Kultivierung unserer Gefühlswelt gehen. Über Einfühlung können wir uns so mit dem All verbinden und unsere Ängste über Bord werfen. Der Auszug aus dem Egoblock hat jedoch viele Tücken. Denn ganz unbewusst versucht der Mensch sich an seiner alten »Heimat« festzuklammern, um nicht den Boden unter den Füßen zu verlieren. Solche Fußangeln sind nicht leicht zu erkennen. Sie haben jedoch die Fähigkeit, den Menschen wie an einem Gummiband immer wieder zurückzuziehen, wenn die Kräfte nachlassen.

Wir sind ungemein kompliziert geschaffene Geschöpfe. Mit komplex funktionierendem System von Körper, Seele, Geist und Verstand. Doch haben wir es seit der Schöpfung nicht geschafft, Ängste zu bannen, zu überwinden, um miteinander in positiver Weise und Mitmenschlichkeit mit der gesamten Schöpfung zu leben. Statt dessen bauen wir Strukturen und Götter auf, engen uns auf ein Minimum ein, um der Angst zu entfliehen. Bewusstwerdung der eigenen Ängste, die Kraft, sie anzuschauen ohne Verdrängung, ist der Beginn einer inneren Entwicklung. Einen Teil der vielen möglichen Ursachen versuche ich darzustellen in Bildern, deren Erklärung sicherlich zusätzlich der Ergänzung des Beschauers bedarf.





15. Angst, die man einsperrt, zudeckt, nicht sehen will, gebärdet sich krank machend.

Im Käfig packt eine große, kräftige Hand ein kleines, hilfloses Kind, das sich aus dieser derben Umklammerung nicht lösen kann. Die Frage ist, ob das Kind es überhaupt wollen kann, denn wie es ausschaut, scheint es die einzige Geborgenheit zu sein, die ihm zuteilwird. Die Nägel zeigen, wie zugenagelt diese Situation ist. Diese Nägel bohren sich wie Geisterhände in die Wirbelsäule der Frau und ziehen Schmerzen an den freigelegten Nerven. Es ist vorstellbar, dass ihr das Rückgrat als kleines Kind zerquetscht wurde (im übertragenen Sinn), sodass es ihr unmöglich wurde, Rückgrat zu zeigen. Das heißt, kein selbstständiges, kraftvolles Fundament aufzubauen, mit dem sie ihr Leben gestalten konnte. Es gibt sicher andere Deutungen, die eine ganz persönliche Note haben.

Die Hände der Frau ziehen vorsichtig das lange schwarze Tuch von dem Käfig, und auch die Augen sind dahinein gerichtet. Sie wagt es zurückzuschauen, um entschlüsseln zu können. Das kann zu einem sehr schmerzhaften inneren Zustand führen, der jedoch ein Weg zur Heilung ist. Nicht nur das, jede solcher Heilung führt auch zu einer erweiterten Sicht. Vor allem dann, wenn man nach den Motivationen der Verursacher sucht, sie zu begreifen lernt und gleichzeitig verzeihen kann. Verzeihen mit dem Wissen, dass ein jeder Mensch Lasten trägt, die er an die nächste Generation weitergibt, wenn er sie nicht verarbeiten kann.

 












16. Wie tief verwundet bin ich, zu glauben, dass Menschen mit jedem Blick verletzen wollen.

Die Gefahr steht blockierend im Raum, solange Ängste treibend bleiben, dass sich die Gedanken so stark fixieren, bis sie, wie abgespaltet vom übrigen Leben, eine Art Scheinleben führen und den gesamten Alltag bestimmen. Das heißt, er kann gar nicht mehr zu sich selbst und all seinen Möglichkeiten finden.

Das Mädchen auf dem Bild ist eine solche Gefangene. Sie greift mit der Hand auf ihr Herz, als wollte sie es schützen, während die andere Hand das Blut aus den schmerzenden Wunden auffängt und die auf sie gerichteten Augen sammelt. Dieses Mädchen konnte von Beginn ihres Lebens an nicht genügen. Nicht die Liebe fing es auf, sondern Abwehr und Tadel waren ihre Nahrung. - »Ja, schämst du dich gar nicht, so wie du aussiehst, wie dumm und garstig du bist! Du machst deinen Eltern nur Schande. Undankbar bist du. Du bist ein Nichts und wirst auch nichts.«

Sie glauben, das gibt es nicht? So grausam können Eltern nicht sein? Das gibt es. Eltern können so sein, aus welchen Gründen auch immer. Die Frage ist nur die, wie sind sie selber aufgewachsen. Das kann nur in einer ebenso kalten und herzlosen Weise geschehen sein. In Abstufungen, die keine so schmerzlichen Auswirkungen haben, findet man eine solche Einstellung oft. Wenn das nicht so ausschlaggebend ist und auch liebevollere Zuwendungen vorhanden sind, wirkt es sich dementsprechend nicht so verheerend aus. Aber hemmend kann es trotzdem in Teilbereichen werden.

Doch kann es dann auch zu einer Antriebskraft führen, die beweisen will, dass gerade das Gegenteil der Anschuldigung sich verwirklichen lässt.

Das Mädchen auf dem Bild ist total einsam. Es kann sich selber nicht annehmen und wertet die Blicke der Menschen nur als negative Attacken. Sie bemerkt nicht, dass sie gar nicht angeschaut wird. Die Blicke der Fremden sind nicht auf sie gerichtet. Ihr Sinnen und Trachten kann sich nicht mehr an der Realität ausrichten. Es führt ein gespenstisches Eigendasein. Kaum vorstellbar, dass es für sie noch eine Möglichkeit gibt, aus diesem Gefangensein herauszugeraten. Das bedürfte schon massiver Hilfen. Viel eher vorstellbar ist, dass mit zunehmendem Alter Hass aufkommt, mit der Unmöglichkeit, sozialen Kontakt aufzunehmen. Auch werden die Anschuldigungen gegenüber anderen irrational sein.

Es ist grausam, wie Menschen verformt werden können. Wir alle haben das Potenzial zu ganz anderen Möglichkeiten. Ja, ich glaube, dass unsere Möglichkeiten unbegrenzt sind. In aufbauender positiver wie in negativ tötender Weise. Der Mensch schafft sich selber, das ist nicht zu übersehen. Es beinhaltet Hoffnung. Aber auch Hoffnungslosigkeit, wenn sich das Rad immerzu ins Negative weiterdreht.



 


17. Wer frisst an mir, dass meine Seele zerstört wird? Der Kampf um die eigene Seele.

Dieses Bild zeigt auf die Möglichkeit hin, zu erkennen, dass tiefe Quellen im Menschen vorhanden sind, die helfend über Erkenntnis die Fähigkeit besitzen, den Kampf gegen Zerstörung aufzunehmen. Verletzungen, die einen Menschen krankmachen, lösen zusätzlich aggressive innere Kräfte aus, die sich entweder nach außen entladen oder gegen sich selbst gerichtet werden. Das erschwert den Kampf, um die eigene innere Ganzheit wiederzuerlangen. Die Überlegung, wer verletzt mich und warum. Warum müssen Menschen andere zerstören, statt ihnen helfend oder auch liebevoll zu begegnen? Solche Fragen führen erst einmal aus der Isolation des Leidens. Sie können auch fündig werden, wenn man in Menschen hineinschaut. Kommt ein »Verstehen« dazu, dann öffnet sich auch ein Verstehen für sich selbst. Einmal werden die eigenen Aggressionen erkannt und auch das Wissen um die Spannung von Gut und Böse, die alle Menschen in sich tragen. Daraus lässt sich Wille formen seinen eigenen Weg zu suchen und sich nicht mehr von der Aggression anderer Menschen abhängig zu machen. Werden die eigenen positiven Kräfte gewählt im Bewusstsein, dass liebevolle Zuwendung zu sich selbst und zu anderen ein sinnvollerer Schritt ist als bloße Zerstörung, werden aufbauende Kräfte der Seele befreit.

Das Bild zeigt ein Entsetzen über die innere Zerrissenheit, die einer Auflösung gleicht. Auch die schwere Last, die darüber drückt. Gleichzeitig wird es licht im Inneren. Es beginnt ein Weg des Erkennens. Diese ersten Schritte sind so wichtig, um zur eigenen Substanz zu gelangen. Es gibt in jeder Seele die Quelle, die fähig ist, einen Menschen neu und kraftvoll aufzubauen.

 









18. Wie viel Anstrengung kostet es, das innere Verletztsein nach außen zu kompensieren.

Diesem Mann geht es ähnlich wie dem Mädchen auf dem Bild 16 (Wie tief verwundet bin ich, zu glauben, dass Menschen mit jedem Blick verletzen wollen.), das sich ständig von der Verletzung anderer verfolgt fühlt. Er besitzt aber formende Kräfte, die er zur Abwehr nach außen richtet. »Wenn ich Muskeln zeige, bin ich in Abwehrhaltung und dann wagt es so leicht keiner mehr, mir zu nahe zu treten.« Eine solche Haltung geht nicht nur über Muskelkraft, sondern kann sich auch in anderen Abwehrmechanismen äußern. Diese Art der Frontkämpfe lässt leicht vergessen, dass die innere Verarbeitung der bessere Weg wäre. Der Kampf nach außen lässt so nie nach. Die Frau mit dem ausgerissenen Herzen, die hinterrücks vertrieben wird, stellt das Vergessen der Seelenanteile dar, die auch die weiblichen Teile im Manne beinhalten. Zerteilt lässt sich nicht mehr wirklich leben. Es fehlen die Füße, die fest auf dem Boden stehen, und die Hände, welche die Arbeit leisten können, die zur Ganzheit führen. Es bleibt ein Krüppel.

 












19. Die elterlichen Nachtmahre.

Dieses Bild wird zwangsläufig auf Eltern schockierend wirken als eine Art Horrorvorstellung. Es zeigt ein schmächtiges Kind in völliger Angst vor der Machtmasse Eltern, die, auf ihm sitzend, mit qualvollen Angriffen gegen das Kind agieren. Es ist meine volle Absicht, es so darzustellen, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie so manche Aktivitäten und Einstellungen ein Kind bis ins Innerste verletzen können. So stark, dass ein lebenslänglicher Kampf benötigt wird, um Ängste und Schutzhaltungen abzubauen. Auch um Vertrauen ins eigene Leben und wenigstens annähernd zu Menschen zu finden. Der Kern im Menschen, sein eigentliches Sein muss wachsen können, um mit beiden Beinen im Leben stehen und positiv agieren zu können. Der Lebenswille ist da, drum sucht so ein Menschlein Schutzhüllen. Diese Schutzhüllen schützen aber nicht das Leben, das sich entfalten will. Sie sind eine Scheinmauer die Ängste bannen sollen. Sie würgen das eigentliche Sein und Werden ab. Das zu erkennen ist schwer und führt über viele Stolpersteine und schmerzende Irrwege.

Je nachdem, wie stark sich die Lebenskräfte eines Kindes zeigen, können sich auch eigene, positive Lösungen ergeben. Da eine solche Weise einem Kind den Boden der Geborgenheit entzieht und dieses eine absolute Ohnmacht und Hilflosigkeit zur Folge hat, werden die Auswirkungen auf jeden Fall problematisch sein:

1. Passives Verhalten: Das Kind wird stumm. Es fühlt sich so nichtig und unliebenswert, dass es sich entschließt, sozusagen nicht mehr da zu sein. Es beginnt, ein Schattenleben zu realisieren. Es macht sich klein und still, damit man es so gut wie möglich nicht mehr sieht. Darum, um trotzdem noch Geborgenheit zu erhalten, denn ohne das ist Leben nicht möglich.

2. Aktives Verhalten mit Verdrängung: Das Kind beginnt alles, was schön und harmonisch ist, zu hassen. Hass bedeutet Zerstörung. Es zerstört das Lebendige, um sich selbst in seiner Schutzhülle zu erhalten. Es zerstört Harmonie, um im Chaos andere zu bestrafen und genauso hilflos dastehen zu lassen, wie es selbst sein Dasein fristen muss. Oder es beginnt, sich selber zu zerstören.

3. Lösungen: Das Kind sucht auf anderen Wegen Geborgenheit, die es trägt.

A. Das Kind bemerkt, um seiner Verlorenheit ein Fundament zu geben - die Eltern haben auch Mängel. Äußerlich wie innerlich. Äußerlich, weil sie dem Kind nur mitgeben können, was sie selber besitzen. Innerlich, was sie selber sind. Das Kind untersucht die Wurzel des Verhaltens.

B. Es findet oder beginnt zu empfinden, dass es außerhalb der Welt der Eltern ganz andere Möglichkeiten des Verhaltens gibt. Es lernt in seiner Umgebung Familien kennen, die ein liebevolleres Miteinander leben.

C. Das Kind findet eine eigene Geborgenheit. Eine übergeordnete Wirklichkeit, die stärkend auf es einwirken kann. Zum Beispiel über das Miterleben der Natur. Mit Pflanzen und Tieren. Wenn es die Erde fühlen lernt, Wind und Regen, Licht und Wärme der Sonne in den Körper fluten lässt. Den Duft der Erde zu bestimmten Jahreszeiten wahrnimmt. Das Entzücken über all die lebendigen Formen. Wenn es die Wildheit und die Ruhe spürt, beginnt die Ahnung einer ganz anderen Weltwirklichkeit, die zu einem Leib wird, in dem Geborgenheit beginnen kann. Alle diese Möglichkeiten können auch gleichzeitig wechseln mit unterschiedlicher Stärke.

Ich will nicht in gezielter Absicht Eltern verurteilen. Sie waren auch einmal Kinder, die verwundet wurden. Die Frage stellt sich nach einem positiven Umgang mit einem nicht zu übersehenden Missklang, der mit der Geburt aufgebürdet ist.

Für mich ist sehr wohl denkbar, dass ein vorübergehendes Leiden aufgeladen werden kann, um das Leid zu erkennen und zu empfinden, sich dessen voll bewusst zu werden. Wenn man bedenkt, wie kurz ein Menschenleben ist und dass der Mensch mit dem Tod auch vom Leid befreit ist, könnte man schon sagen, dass so ein Mensch im Annehmen des Leidens in sich eine Facette geschliffen hat, in der sich das Licht Gottes widerspiegeln kann. Es gibt auch die Möglichkeit im Leben, selber aus dieser Not heraus zu sterben. Indem Leiden im größeren Zusammenhang gesehen wird und so die Gewichte sich verlagern. Es ist eine harte Sicht.

In mir klingt jedoch immer wieder eine ganz andere Möglichkeit an. Die Heilungen in der Bibel haben eine andere Dimension. Sicher hat Christus die Seelen geheilt und damit auch die Körperhaftigkeit. Doch hat er immer wieder betont: »Dein Glaube hat dir geholfen.« Christus war kein Psychotherapeut: nach unserem Verständnis. Er konnte im Menschen die Disharmonie, den Bruch aus der Harmonie Gottes erkennen. Er war der Vermittler zwischen dem Menschen und Gott. Das heißt, er hatte in sich das Bewusstsein von Gottes Liebe, seinen nicht vorstellbaren Kräften und seinem gewaltigen Geist. Er brauchte gar nicht erst daran zu glauben, er hatte sie in sich. Sicher wohl auch nur in dem Maße, das auf unserer Erde lebbar sein konnte. Wenn ich mir vorstelle, dass Gott alles, was wir wahrnehmen können, geschaffen hat, und ich denke, wir können überhaupt nur einen ganz winzig kleinen Teil davon wahrnehmen, dann weiß man doch, dass der göttlichen Kraft alles möglich ist, aber auch alles. Und wir sollten nicht glauben können, die wir aus dieser Kraft des Geistes geschaffen sind, mit allen Möglichkeiten, uns durch uns selber zu heilen? Wir sind doch zweifellos ein Teil Gottes, sonst wären wir gar nicht in der Schöpfung vorhanden. Ich finde es einfach seltsam, das nicht glauben zu können. Wir alle sind Gottes Kinder. Denn er hat uns erschaffen mit allem, was wir darstellen. Mit jeder Zelle unseres Körpers. Mit jedem Gefühl, das zu Gott zurückführen kann. Mit jedem Gedanken, der uns treibt. Es gibt keine Pore unseres Leibes, die nicht von Gott wäre. Es kann doch nur daran liegen, dass wir an unsere eigenen Götter glauben wollen und uns auch die Kraft der Vorstellung fehlt. Um an eine erweiterte Sicht zu gelangen, müssen wir allerdings von unserem hohen Ross absteigen. Wir sind keine Götter. Wir sind Teile und Inhalte einer gewaltigen Schöpfung, deren Sinn wir nicht erfassen können. Aber der wir uns sehr wohl anvertrauen können. Denn die Liebe ist in Gott. Wir müssen sie in uns einwirken lassen, um Geborgenheit zu finden und sie auch vermitteln zu können. Wenn wirkliche Geborgenheit gefunden wird, richtet sich in einem selbst alles Zerstreute, Verstoßene und Zerstörte wieder in tragfähige Harmonie auf. Zu überlegen wäre schon, ob es nicht Möglichkeiten gäbe über sinnvolle Reize und tragfähige Hinführung zur Bewusstwerdung, die das Leid erkennen und auch fühlen lassen, Lebenswege zu finden, die nicht über so viel Grausamkeit laufen müssen, aber im Endeffekt zum gleichen Ziel führen könnten. Darüber sollten wir wohl nachdenken.


 



20. Ich will nicht im Räderwerk des Alltags zermalmt werden.

Ist es überhaupt noch möglich, sich dagegen zu wehren? Kommen wir auf die Welt, ist ja eigentlich schon fast alles vorprogrammiert. Vom Lebensraum des Kleinkindes, der von den Vorstellungen der Eltern geprägt ist, über das Schulsystem, das entscheidende Richtlinien setzt, wie Jugendliche ins Erwachsenenleben hineingeschleust werden. Dann findet der Mensch das vor, was die Menschheit als Ganzes bisher als lebenswerte Substanz geschaffen hat. Ich möchte an dieser Stelle nicht noch mal wiederholen, wie überwertig die Negativfolgen unserer Weltwirklichkeit sind. Ich habe sie hinreichend beschrieben. Wenn man das Bild dazu anschaut, kann man sich unschwer seine eigenen Gedanken machen.

 














21. Abhängigkeit macht so klein.

Aber wo sind wir denn nicht abhängig? Eigentlich ist man doch von allem abhängig. Schon im Mutterbauch sind wir abhängig von der Nahrung, die uns wachsen lässt. Und davon, wie sich die Eizelle entwickelt. Vom Willen der Mutter, wie sie die Schwangerschaft gestaltet, ob sie darauf achtet, was dem Wachstum des Kindes zugutekommt, oder ob ihr das egal ist, sie Alkohol trinkt, raucht oder andere Drogen vorzieht. Ob Zuwendung vorhanden ist oder eher Ablehnung. Pflichtgefühl statt Zärtlichkeit ist auch eher Ablehnung. Mit der Geburt geht es weiter. Wir brauchen als Erstes die Luft zum Atmen. Und alles andere, was wir so brauchen, weiß jeder. Auch wie stark prägend es ist. Die einzige Möglichkeit, dass diese fortgesetzten Abhängigkeiten uns nicht zum Krüppel schlagen, ist das »innere« Erwachsenwerden. Frühzeitig selbstständig werden lassen wäre ein sehr wichtiges Erziehungsprogramm. Dazu gehört jedoch die Vorstellung, dass uns kein Mensch gehört. Auch die Kinder den Eltern nicht. Sondern dass Eltern die Sorge dafür tragen, dass ihr Kind einigermaßen heil ins Erwachsenensein findet. Jedes Kind trägt alle Möglichkeiten in sich, sich entfalten zu können. Im Grunde genommen sind es schon fertige Wesen, wenn sie zur Welt kommen. Sie brauchen nur viel Zeit und tragfähigen Lebensraum, um sich entfalten zu können.

Entscheidend sind dabei die Enge oder Weite des Denkens und die soziale Entwicklung der Beziehungspersonen. Überhaupt auch ein Wissen darüber, was alles Gewichtigkeiten sinnvoller Erziehung sind. Das ist aber in unserer Gesellschaft nicht vorgesehen zu lernen, bevor man Kinder in die Welt setzt. Für jeden Beruf braucht man eine Lehre oder ein Studium mit entsprechenden Abschlüssen. Aber für die verantwortungsvolle und so schwerwiegende Fähigkeit zur Erziehung ist ein Können anscheinend nicht nötig!

Wir alle brauchen Kontakt zu Menschen und anderen Lebewesen, auch zum Unsichtbaren das in uns und außerhalb von uns west. Alles Leben, das für uns sichtbar oder unsichtbar ist, hat gemeinsame Wurzeln und ist verbunden miteinander. Es ist wie ein Netzwerk, das eine Zusammengehörigkeit bildet. Doch schon die kleinste Zelle in diesem Verbund hat ein Wissen von ihrer Aufgabe, die sie eigenständig erfüllt. Gewiss, diese Aufgabe ist ihr eingegeben und wird gesteuert. Aber was wissen wir denn schon über uns? Haben wir nicht auch eine verantwortungsvolle Aufgabe, die wir in gewisser Weise über unseren Seelenauftrag erhalten? Und gibt es nicht unsichtbare Kräfte, die uns auch steuern? Was ist denn zum Beispiel mit unserer Triebkraft, das sind starke bewegende Kräfte. Diese können wir wohl wahrnehmen. Es gibt auch Kräfte in uns, die wir erst entwickeln müssen. Entwickeln heißt Aufrollen von Möglichkeiten. Erwachsenwerden bedeutet den Aufbau der eigenen Substanz, um dadurch die Selbstständigkeit zu erlangen, nicht mehr an der Substanz des anderen in Symbiose saugen zu müssen. Das eigene Licht leuchten lassen, das auch anderen zugutekommt, anstatt durch ständige Liebesdienste am anderen Abhängigkeiten zu nähren, die doch nur zu Missverständnissen oder auch zum unfruchtbaren Aneinanderkleben führen. Und wovon macht man sich denn letztendlich abhängig? Doch vermutlich von Menschen, die ihren Standpunkt im Leben noch nicht voll erfasst haben. Die selber suchen, unsicher sind. Denn ein wirklich erwachsener Mensch wird Sorge tragen, dass ein Kind oder ein unselbstständiger Mensch durch Abhängigkeit von ihm nicht unterstützt wird, sondern Hilfe leisten zu deren eigener Entwicklung. Auch Abhängigkeit von äußeren Dingen, die ständig das mangelnde Selbstwertgefühl aufbessern sollen, verschlimmern nur den hilflosen Zustand. Wenn man sich klein macht, verliert man sich selber. Seine eigenen Möglichkeiten, seine eigene Existenz. Fruchtbar, so stelle ich mir vor, kann die Begegnung werden, wenn die eigene Substanz erarbeitet wird. Solche Begegnungen können dann frei sein von Übertragungen und zu einer kreativen Form des Austauschens werden.


 



22. Die Angst vor den Gefühlen.

Das Bild zeigt einen alten Mann in einem engen Vogelkäfig, auf dem Wasser schwimmend. Der Käfig wird gehalten von der »erziehenden« Hand, die vermutlich dafür gesorgt hat, dass Gefühle nicht geäußert werden dürfen. Erstens, weil sie nicht männlich sind und außerdem meist Ungutes anrichten. Das waren die Generationen vor uns, die so dachten, heute dürfen auch Männer ganz selbstverständlich Gefühle zeigen. Trotzdem läuft davon noch so manches auf der alten Schiene ab.

Das Wasser, auf dem der Käfig schwimmt, stellt das Seelenhafte dar. Der Mann würde es gar nicht wagen, aus dem Käfig heraus ins Wasser zu springen, um in die Tiefe oder auch in den Abgrund seiner Seele zu tauchen. Nach seinen dort versunkenen Gefühlen zu angeln bedeutet für ihn eine zu große Gefahr. Es könnten ihm Haie begegnen, die ihn mit Haut und Haaren verschlingen. Das kann bei verdrängten Gefühlen tatsächlich passieren. Denn sie hatten keinerlei Chance, wahrgenommen zu werden, geschweige denn sie tragfähig werden zu lassen. Weigert man sich, sie anzuschauen und anzunehmen, lassen sie sich auch nicht bändigen, um in positiver Formung das Leben zu bereichern. Verdrängte Gefühle sind auch oft hässlich, sie können hassen und neiden oder auch qualvoll traurig sein und viele Ängste auslösen. Doch ist es gut, sie anzuschauen, sie leben zu lassen. Erst dann kann ich sie befragen und analysieren, um sie in einer gewissen Ordnung zur Entwicklung zu platzieren. Alle haben sie zwei Gesichter, ein dunkles und ein helles. Gefühle sind etwas Wunderbares, haben sie sich erst einmal so geformt, dass Empfindung möglich wird. Erst dann beginnt bei allem, was uns entgegenkommt, ein »Sehen«. Die Vielfältigkeit des plastischen Sehens eröffnet das Wesenhafte in großer Reichhaltigkeit. Wirkliche Empfindung lässt den Hass sterben und macht auch empfänglich für das Glück und die Freude anderer Wesen. Gefühle haben noch viel größere Fähigkeiten, als nur den sozialen Aspekt im Irdischen zu reformieren. Sie stehen weit über der rein rationalen Sichtweise der Dinge, deshalb, weil sie mit Fühlern tief ins Kosmische tauchen können. Und damit Dinge wahrnehmen, die ohne sie nicht zu erreichen sind. Das Kosmische mit seiner unendlich starken Wirkung hat anscheinend eine Dimension, die nicht mit dem reinen Verstand zu erreichen ist. Dazu müssen andere Wahrnehmungskanäle aufgebaut werden. Auf diese Weise erhält auch der Mensch »Flügel«. Es besteht schon die Gefahr, dass ansonsten der Mensch in seiner Enge auf der Strecke bleibt. Ich glaube, dass kosmische Weite sich im Menschen implantieren will. Nicht im oberflächlich Machbaren, wie es heute geschieht, sondern als Revolution des menschlichen Geistes in die Seelentiefe der Menschheit hinein. Was die Verhaltensweisen allem Lebendigen gegenüber einschließt.





23. Kälte und Härte können auch die Seele nicht ganz abtöten.

Das Bild zeigt eine Frau, die fest eingeklemmt in einem Felsen aus dicken unverrückbaren Steinbrocken sitzt. Kaltes Blau verbindet sie mit der Felsentiefe, in der sie sich scheinbar geborgen fühlt. Scheinbar, denn sie nuckelt an Zigaretten und Alkohol, mit deren Wirkung sie sich wohl etwas Wärme in ihre harte Umklammerung holen will.

Sie hört nicht das Lied des Vogels, der ihr erzählen will vom weichen Licht des Mondes, der hinter den Felsen am Himmel leuchtet. Sieht nicht den Baum, der mit seinen Wurzeln aus der Erde Nahrung und Kraft saugt, um seine Äste zum Himmel wachsen zu lassen. Auch nimmt sie die drei Frauen nicht wahr, die still den Mond betrachten. Es sind ihre Seelenanteile, die fruchtbarere Möglichkeiten darstellen - sie hat diese anscheinend zum Tode verurteilt. Jedoch sie stehen da in nächtlicher Stille. Sie sind nicht verloren. Sie warten. Sie warten darauf, dass Härte und Kälte schmelzen. Darauf, dass Empfänglichkeit das Licht des Mondes auffängt. Ein Lied der Sinnlichkeit, die die Schönheit und Wärme des Lebendigen wieder zum Leben erweckt. Die die Seele Wurzeln schlagen lässt in der nährenden Erde.

 






24. Die erträumte Lebensmelodie wird zur Qual, weil die Basis fehlt, sie zu verwirklichen.

Es ist schon seltsam. Manchen Menschen wird Glück in die Wiege gelegt. Sie haben liebevolle Eltern, ein fruchtbares Umfeld und jegliche Hilfe. Ein Wunder ist es nicht, dass solche ein Mensch in ein erfolgreiches Leben hineinwachsen kann. Und dann gibt es die Erfolglosen, denen, kaum zur Welt gekommen, schon der Boden unter den Füßen fortgerissen wird. Vielleicht liegt auch manchmal darin eine Chance, über die dunklen Tiefen der Trauer hinaus, sich der Welt in größerer Weite öffnen zu können. Aber auch das kann schief gehen. Nämlich dann, wenn Flucht gesucht wird, die in Scheinwelten führt.

Der Mann auf dem Bild träumt seine Lebensmelodie. Als Kind wurde er mit Steinen beworfen, wenn er auf die Straße ging, weil er nur mit einem Arm zur Welt kam. Die dörflichen Bewohner sahen es als eine Strafe Gottes an und rechtfertigten ein solches Tun damit. Die Eltern schauen weg. Eine solch verpestete geistlose Luft reicht nicht zum Atmen. Sie erstickt Gefühle und lässt Lebenskraft erlahmen. Sicher, der Traum von Geborgenheit bleibt, von der schützenden Mutterhand und auch vom Mutterleib. Dieser Mann hätte auch geistige Kräfte gehabt, die ihn kämpfen lassen könnten. Er träumt schon davon, aber letztendlich flüchtet er wahllos in lieblose sexuelle Lustgefühle, die einen Augenblick lang darüber hinwegtäuschen, dass wirkliche Kommunikationsmöglichkeiten vorhanden sind. Er ist nicht in der Lage, Menschen wahrzunehmen, er benutzt sie nur. Auch bringt dieses Tun keinen Lebenssinn oder auch nur den Ansatz einer Erfüllung. Letztendlich weiß er, dass er seinen Weg nicht gefunden hat. Er flieht in die Sucht »Vergessen«, nicht mehr sehen wollen ist das Zauberwort.


 



25. Auf vergiftetem Boden ist kein Leben möglich.

Dieses Bild zeigt in noch stärkerer Form, wo wirkliches Lebenkönnen nicht mehr möglich ist. Ein solch versumpfter Boden lässt alles sterben. Das Leben spielt sich in weiter Ferne ab. Es ist nicht mehr zu erreichen. Es ist die Hölle, zu der Menschen fähig sind, sie zu erschaffen. Die Augen sollten nicht davor verschlossen werden. Und das Mitgefühl auch nicht. Es ist sehr einfach und kalt zu sagen: Nun ja, das ist eben Schicksal. Die haben doch selber schuld. Schuld ist die gesamte Menschheit, wenn solche Lebensbedingungen Realität werden. Verdammen ist leicht von denen, die es geschafft haben, im gutbürgerlichen Leben Fuß zu fassen. Aber auch das lässt sich hinterfragen. Ist das wirklich wahres Leben oder nur eine Schablone? Hat es Wurzeln im Sein oder nur Luftwurzeln, die keine Seelennahrung bieten?

 








26. Frau mit Spinnennetz.

Voll Entsetzen erblickt die Frau einen schönen lichten Falter im Spinnennetz. Es ist zu spät. Er kann sich nicht mehr daraus lösen, und auch die Spinne setzt schon an, ihn einzuwickeln und auszusaugen. Sie nimmt ihren eigenen so entsetzlichen Zustand wahr. Und es gibt kein Entfliehen mehr. Die dunklen Stämme und Äste der Bäume geben keinen Weg mehr frei. Auch das Wasser gibt kein Licht. Es ist getrübt vom Alkohol. Der Körper der Frau ist weiß und blutleer. Das Leben schwindet dahin, und das einzig Lichte, ihre Seele, ist gefangen im Netz. Wenn ein Leben so endet, muss es wohl unendlich traurig gewesen sein.

 















27. Die versteinerte Welt zerdrückt mich.

Ein Mann versucht, in nackter Verzweiflung Geist und Leben zu retten. Was ihm an Kraft noch bleibt, verbraucht er, um sich gegen eine Welt zu stemmen, in der er nicht mehr Fuß fassen kann. Eine versteinerte Welt voller Unrast und Kälte. Es gibt so viele Gründe, warum letztlich ein Mensch überrollt wird. Ist eine solche gebrochene Existenz wirklich weniger wert als ein erfolgreicher und glücklicher Mensch?

 
















28. Der Mensch in der Müllhalde.

Anders zeigt sich der Mensch in der Müllhalde. Müll, so könnte man sagen, ist das Überflüssigste, was wir produzieren. Wir schaffen es aber, davon ständig mehr zu produzieren, und die Vernichtung dieser Massen gestaltet sich zunehmend schwieriger. Es ist ja nicht nur der sichtbar nach außen gerichtete überflüssige Unrat, viel schlimmer ist der innere Müll, der sich in den Köpfen der Menschen anhäuft. Erst das wirkt sich vergiftend auf Geist und Seele aus. Was Wunder, wenn das nur noch auszuhalten ist mit einer Betäubungsspritze in den Kopf hinein oder einer Injektion ausschweifender Illusionen von der schönen, von Menschen selbst geschaffenen Welt. Der geistige Müll, der täglich vergiftend produziert wird und auf jeden induziert werden kann, solange er nicht selber denkt, sondern sich denken lässt, ist ständig sichtbar und konsumierbar.

Solche Müllberge im Menschen spiegeln sich im Außen des immerfort wachsenden Mülls, dessen Vernichtung Unsummen von Geld kostet. Wir müssen uns schon hüten davor, dass er letztendlich das Hinsiechen unserer Welt kostet.

»Unke«? - Nein.

Ich liebe die von Gott geschaffene Welt und versuche sie zu verteidigen!