Vergleich einzelner Wörter in drei Duden-Auflagen

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Wie die Regeln der "Schreibreform" zu interpretieren sind, darüber sind nicht nur die Wörterbuchverlage uneins: Auch die Wörterbuch-Auflagen weichen seit Verkündung der "Reform" teilweise stark voneinander ab. Besonders augenfällig ist dies im Duden, dessen Redaktion offenbar alle paar Jahre einen Erkenntnisschub erlebt. Am besten kann dies wohl an Zusammensetzungen mit wieder gezeigt werden:

Die Grundbedeutung dieses Wörtchens ist zwar 'erneut, noch einmal', in Zusammensetzungen aber bedeutet es die 'Wiederherstellung' eines ehemaligen Zustandes. Um bei diesem Beispiel zu bleiben: Wer einen Zustand "wiederherstellt", kehrt zu ihm zurück; wer ihn aber "wieder herstellt", der stellt ihn noch einmal her, was im Regelfall Unsinn ist. Unterstrichen wird solch unterschiedliche Bedeutung noch durch die unterschiedliche Betonung einiger Verben: wiedererkennen, wiedereröffnen, wiedersehen, wiederwählen etc. werden auf der ersten Silbe betont; auseinandergeschrieben aber werden sie zusätzlich auf der dritten bzw. vierten Silbe betont und gewinnen schon dadurch eine andere Bedeutung.

Das ist jedem gebildeten Menschen klar, nicht aber der Duden-Redaktion, die das zuerst (1996) überhaupt nicht und mittlerweile immer noch nicht richtig verstanden hat, wie die Beispiele in der folgenden Tabelle zeigen: Wenn in der 2000er Auflage zwei Schreibvarianten (eine Haupt- und eine Nebenvariante) angegeben werden, so sollen diese offenbar nur die beiden unterschiedlichen Betonungen wiedergeben – daß ihnen zugleich jeweils zwei unterschiedliche Bedeutungen zugrunde liegen, davon will man offenbar nichts wissen. Dabei sind verschiedene Bedeutungen ebenso bei vielen anderen zusammengesetzten Wörtern möglich:

Wer behauptet, die "neue Rechtschreibung" zu praktizieren, müßte also nicht nur das Wörterbuch angeben, nach dem er sich richtet, sondern auch die jeweilige Auflage. Nicht untypisch für typische Mitläufer ist allerdings erfahrungsgemäß, daß sie

• entweder die Korrekturen vor allem des Dudens überhaupt nicht mitbekommen, also die Fehler der 21. Auflage munter weiterverbreiten bzw. weiter verbreiten,
• oder sich um so fortschrittlicher wähnen, je mehr eine neue von der herkömmlichen Schreibweise abweicht, und deshalb von zwei mittlerweile "erlaubten" Varianten auch dann gerne die neue nehmen, wenn diese eigentlich falsch ist (Beispiele: wieder sehen, wieder wählen).

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1996–2006