Prof. Dr. RAINER MAUSFELD,

 *1949, emeritierter Professor für Allgemeine Psychologie an der Universität Kiel.




Als Wahrnehmungs- und Kognitionsforscher hat sich Professor Dr. Rainer Mausfeld mit den Strukturen und Konstellationen beschäftigt, auf deren Grundlage der menschliche Geist Perspektiven und Narrative erzeugt und den menschlichen Handlungen und Standpunkten Bedeutungen und Urteile zumißt. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit war die kritische Auseinandersetzung mit den Methoden der ‚weißen Folter‘ (vgl. hier). In den letzten Jahren trat er hauptsächlich als Referent zu den Manipulationstechniken unserer „Elitendemokratie“ hervor. In seinem Buch „Warum schweigen die Lämmer? – Wie Elitendemokratie und Neoliberalismus unsere Gesellschaft und unsere Lebensgrundlagen zerstören“ (2018, Westend Verlag, Frankfurt), belegt Prof. Mausfeld, wie die ursprünglichen Begriffe von ‚Demokratie‘ und ‚Freiheit‘ in einer an George Orwell (vgl. „1984“) erinnernden Weise durch mediale Indoktrination verfälscht und korrumpiert werden. Die sogenannte repräsentative Demokratie ist nichts anderes als ein groteskes aber grandioses Theaterstück, das die Eliten, gedeckt und gesichert durch mafiöses politisches, juristisches und mediales Arrangement und finanzielle Bestechung, zu ihrer eigenen ‚Belustigung‘ dem Volk vorgaukeln. Sie ist lediglich eine „Wahloligarchie“, gründend auf eine Wahlfarce, und die ‚Freiheit‘ in ihr „lediglich die Macht des ökonomisch Mächtigen“. Die Machtsicherung der Herrschenden, wie auch die ihrer Diener und Schmarotzer, wird durch Transformation der Macht und der Manipulation des Bewußstseins aufrechterhalten: Die Macht, die hauptsächlich die Macht des Kapitals ist, wird „unsichtbar“ – durch Vorspielung und Vorspiegelung von Beteiligung, sowohl an der Macht als auch durch ‚demokratische Mitwirkung‘.

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Wir postulieren selbstbewußt: Wahrscheinlich schon jetzt der wesentlichste Vortrag dieses Jahres:

In seinem jüngsten Vortrag vor dem ÖDP Stadtverband München, gehalten am 13. März 2024 in der Muffat-Halle in München, analysiert Prof. Dr. Rainer Mausfeld die systematische Zerstörung unserer Gesellschaftsstrukturen durch eine jeder demokratischen Rechenschafts- und Entschädigungspflicht entgrenzten Machtelite:

„Demokratie am Abgrund?“
Hier zu sehen, zu hören, herunterzuladen:
https://www.youtube.com/watch?v=8YYycaOx51s.

Aus dem Inhalt:

Die Risiken und Gefahren der militärischen und ökologischen Zerstörung sind heute so groß, daß sie die menschliche Zivilisation schlechthin bedrohen. Die Herausforderung eine gute, lebenswerte und wohlgeordnete Weltgemeinschaft herzustellen, stellt sich heute drängender denn je. Das einzige Mittel jedoch, auf das sich eine Hoffnung gründen ließe, steht uns heute de facto nicht mehr zur Verfügung: die Demokratie. Der Kognitionspsychologe Prof. Dr. Rainer Mausfeld argumentiert, daß Demokratie zu einer leeren Worthülse geworden ist: War die Demokratie einst ein Instrument zur Einhegung der Verkommenheit von Eliten, so ist ihre Leitidee heute von falschen Eliten enteignet, verfälscht und in ihr Gegenteil verkehrt worden: in die Herrschaft falscher Eliten. In einem großen Bogen zeigt Prof. Mausfeld auf, wie es zu dieser Entwicklung kam und was wir tun müssen, um dem zivilisatorischen Abgrund zu entkommen. Dabei reicht seine Analyse bis in die Antike zurück: Wir müssen Recht und Scham wiederbeleben, zwei Affekte, die essentiell mit der wahren Idee von Demokratie verbunden sind...

Ein Zentralaspekt Prof. Mausfelds ist dabei die Freiheit und Unbeholfenheit, auf die jede zukunftsträchtige, menschliche Entwicklung gegründet ist, die sie erst möglich machen – im Gegensatz zu allen vorgegebenen, reglementierten, dekretierten Verhaltens- und Denkmustern. Um diesen Aspekt auszuleuchten, greift er auf ein längst berühmt gewordenes Zitat Rosa Luxemburgs zurück und stellt es quasi in den Mittelpunkt seiner grandiosen Analyse. In seinem Vortrag zitiert Prof. Mausfeld lediglich den hier unterstrichenen letzten Teil – wir vervollständigen das von ihm verwendete Zitat um seinen größeren Kontext:

Rosa Luxemburg (1871-1919), bedeutende Vertreterin der europäischen Arbeiterbewegung, des Marxismus, Antimilitarismus und des Proletarischen Internationalismus, in: Zur Russischen Revolution, 1918 verfaßt, in: Gesammelte Werke, Bd. 4, 6., überarbeitete Auflage, Karl Dietz Verlag Berlin, 2000, S. 332–362; bzw. hier: „…Die stillschweigende Voraussetzung der Diktaturtheorie im Lenin-Trotzkischen Sinn ist, daß die sozialistische Umwälzung eine Sache sei, für die ein fertiges Rezept in der Tasche der Revolutionspartei liege, dies dann nur mit Energie verwirklicht zu werden brauche. [4*] Dem ist leider – oder je nachdem: zum Glück – nicht so. Weit entfernt, eine Summe fertiger Vorschriften zu sein, die man nur anzuwenden hätte, ist die praktische Verwirklichung des Sozialismus als eines wirtschaftlichen, sozialen und rechtlichen Systems eine Sache, die völlig im Nebel der Zukunft liegt. Was wir in unserem Programm besitzen, sind nur wenige große Wegweiser, die die Richtung anzeigen, in der die Maßnahmen gesucht werden müssen, dazu vorwiegend negativen Charakters. Wir wissen so ungefähr, was wir zu allererst zu beseitigen haben, um der sozialistischen Wirtschaft die Bahn frei zu machen, welcher Art hingegen die tausend konkreten praktischen großen und kleinen Maßnahmen sind, um die sozialistischen Grundzüge in die Wirtschaft, in das Recht, in alle gesellschaftlichen Beziehungen einzuführen, darüber gibt kein sozialistisches Parteiprogramm und kein sozialistisches Lehrbuch Aufschluß. Das ist kein Mangel, sondern gerade der Vorzug des wissenschaftlichen Sozialismus vor dem utopischen. Das sozialistische Gesellschaftssystem soll und kann nur ein geschichtliches Produkt sein, geboren aus der eigenen Schule der Erfahrung, in der Stunde der Erfüllung, aus dem Werden der lebendigen Geschichte, die genau wie die organische Natur, deren Teil sie letzten Endes ist, die schöne Gepflogenheit hat, zusammen mit einem wirklichen gesellschaftlichen Bedürfnis stets auch die Mittel zu seiner Befriedigung, mit der Aufgabe zugleich die Lösung hervorzubringen. Ist dem aber so, dann ist es klar, daß der Sozialismus sich seiner Natur nach nicht oktroyieren läßt, durch Ukase [Ukas: russ. Erlaß, Verordnung, Weisung (des Zaren)] einführen. Er hat zur Voraussetzung eine Reihe Gewaltmaßnahmen – gegen Eigentum usw. Das Negative, den Abbau kann man dekretieren, den Aufbau, das Positive nicht. Neuland. Tausend Probleme. Nur Erfahrung ist imstande, zu korrigieren und neue Wege zu eröffnen. Nur ungehemmt schäumendes Leben verfällt auf tausend neue Formen, Improvisationen, erhält schöpferische Kraft, korrigiert selbst alle Fehlgriffe. Das öffentliche Leben der Staaten mit beschränkter Freiheit ist eben deshalb so dürftig, so armselig, so schematisch, so unfruchtbar, weil es sich durch Ausschließung der Demokratie die lebendigen Quellen allen geistigen Reichtums und Fortschritts absperrt. (Beweis: die Jahre 1905 und die [Monate] Februar bis Oktober 1917.) Wie dort politisch, so auch ökonomisch und sozial. Die ganze Volksmasse muß daran teilnehmen. Sonst wird der Sozialismus vom grünen Tisch eines Dutzends Intellektueller dekretiert, oktroyiert. …“

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Hier der Vortrag „Warum schweigen die Lämmer?“, gehalten am 22. Juni 2015 an der Christian Albrechts Universität in Kiel, als Audiodatei:

 

  
Download

Hier das dazugehörige Video: https://www.youtube.com/watch?v=Rx5SZrOsb6M.

Hier zur Playlist der Videovorträge Prof. Mausfelds auf YouTube: https://www.youtube.com/results?search_query=mausfeld.

Rainer Mausfeld: Warum schweigen die Lämmer?
„Wie sich schwerste Kriegsverbrechen und Verletzungen moralischer Normen für die Bevölkerung unsichtbar machen lassen.“ Leseprobe des Westend Verlags, Frankfurt a. M., 2018.

Rainer Mausfeld: Warum schweigen die Lämmer?
Demokratie, Psychologie und Techniken des Empörungsmanagements: Vortrag an der Christian-Abrechts-Universität zu Kiel, 22.06.2015.

Rainer Mausfeld: Die Angst der Machteliten vor dem Volk.
Audiotranskript von Jette Linmerg-Diers; Vortrag für den IPPNW Hamburg, 02.11.2016.

rubikon.news; Kritisches Netzwerk: Die Scheindemokratie.
Rainer Mausfeld: „Warum schweigen die Lämmer?“ – „Die Bürger werden entmündigt und als politisch apathische Konsumenten dressiert.“ 06.10.2018.

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