Im Oktober 2020 fand das Bild seinen Weg in unser Archiv
zurück.
Herr R. M. hat es uns gegen einen Freundschaftspreis überlassen – und seine
Sendung mit einem Geleitwort versehen:
„Nun kehre ich nach einem großen,
jahrzehntelangen Bogen an einen Ursprungsort zurück…“
Dieses Portrait gehört in eine Reihe sehr verschiedener – in den meisten Fällen leider anonymer – Portraitzeichnungen Violanthes. Unverkennbar ihre Hand und hier in besonders expressiver Art. Immer wieder überraschend, wie mutig (= wie notwendig in der Kunst!) sie zu akzentuieren verstand: hier z. B. durch diesen scheinbar (!) ohne innere Struktur aufgetragenen schwarzen Haarschopf. – Ich bin mir in der Frage, ob es sich um ein Selbstportrait handeln könnte, unsicher: Auf allen Photos, die wir von Frau Rappl aus dieser Zeit besitzen, trägt sie blondes, aufgestecktes Haar. Andererseits könnte es auch eine ‚unbekannte Seite‘ der Künstlerin zeigen, so, wie wir uns selbst manchmal gar nicht wiedererkennen, in Zeiten oder Situationen, in denen wir uns neu zu entdecken haben… – Wertvoll auch, weil es für die meisten aller ihrer Bilder nicht gilt: es ist signiert und datiert – und das allerseltenste: in Schreibschrift! Später hat Violanthe, wenn überhaupt, nur noch ein großbuchstabiges ‚RAPPL‘ unter ihre Bilder gesetzt. – Alles paßt genau in unsere Retrospektive: 1969, nach mehreren Ausstellungen, auf denen sie zu dieser Zeit bereits vertreten war, weiß sie sich soweit anerkannt und zu ihrem ureigenen Ausdrucke berechtigt, daß so kraftvolle Bildnisse entstehen können. Auf gewisse Korrespondenzen zwischen Violanthe und Sr. Baselia Gürth und ihrer beider Zusammentreffen in Salzburg wurde schon in ihrer Biographie hingewiesen… Ihre Ausführungen, lieber Herr M., waren unbedingt wesentlich und bereichern das gesamte Mosaik um wertvolle Steinchen. - Vielen Dank!
„Sehr geehrter Herr Just,
Sie waren über den hohen Preis erstaunt, den das Bild auf
dem Antikmarkt erzielt hat? - Die Preisvorstellung hatte der Verkäufer ja nicht
von Frau Rappl übernommen, ich denke, er hat sie nach freiem Gutdünken
entwickelt, vielleicht um zu testen, was man bereit ist, dafür zu bezahlen.
Immerhin ist er dann ja auch deutlich von seiner Vorstellung abgerückt. Sicher
hatte er auch erkannt, daß das Bild ausdrucksstark und gut gemalt ist, also
nicht ‚billig‘ sein kann. Wurden dort von den Händlern doch alle handgemalten
Unikate nicht unter 250 DM - heute ziemlich das gleiche in Euro - angeboten.
Es wundert mich nicht, daß Aquarelle da preislich günstiger
bewertet werden. Für viele Laien bzw. das Gros der Bürger haben Aquarelle etwas
von Kunstunterricht in der Schule und Amateurmalerei, während Ölbilder immer
als ‚echte Kunst‘ angesehen werden. Das gilt ja auch für Bilder auf Hartpappe
oder Ähnliches. Für den Normalbürger gelten nur Bilder auf Leinwand als ‚echte
Gemälde‘. Ich habe kürzlich hier auf einen Flohmarkt ein impressionistisches
(sehr gutes) Ölgemälde eines bekannten lokalen Künstlers (Horst Sebulke) für
3,- Euro erstanden. Gemalt auf Hartpappe und mit Passepartout versehen. Auch da
wurde der Haushalt aufgelöst. Skulpturen von ihm wurden zu 5,- Euro angeboten.
Holzschnitte wurden für 1,- Euro feilgeboten. Ich hatte mich sehr gewundert,
daß der örtliche Kunstverein, der ihn jahrelang hofiert hatte, den Bestand
nicht übernommen hatte, denn offenbar gab es keine Erben.
Ich denke, dieses Denken hatte zur Preisgestaltung des Verkäufers beigetragen. Zumal es noch einen anderen Aspekt gibt: Diese ‚Messehändler‘ neigen dazu, ihre Preise sporadisch festzusetzen. Einerseits spielt ihr chronischer Geldmangel und das Bewußtsein, verkaufen zu müssen (um mit dem Geld vielleicht sogar überhaupt erst in der Lage zu sein, den Messestand zu bezahlen) eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Bereitschaft, Zugeständnis zu machen. Andererseits erkennen sie durch ihre Erfahrung, ob ein potenzieller Kunde echtes Interesse hat. Ein Händler hatte mir einmal gesagt, ‚ich muß die Augen des Interessenten sehen. Dann weiß ich, was das Objekt seines Interesses wert ist.‘
Diese Händler haben zwar Verkaufsdruck, können aber auch nichts verschenken. Sehen sie ‚Gier‘ in den Augen des Käufers, nennen sie einen hohen Preis, in der Bereitschaft, diesen sukzessive zurückzunehmen. Ist der Interessent ein eher wenig interessierter, der nur auf einen Kauf aus ist, bei dem er selbst noch etwas verdienen kann, so nennen sie gleich einen Preis, der unter Umständen nahe dem liegt, was sie selbst bezahlt hatten. Zwischen beidem liegen oft Welten: So ging ich mal mit einem Bekannten zu einem solchen Antikmarkt und wir trennten uns dabei. Ich kam mit einem Verkäufer antiquarischer Bücher ins Gerede und fragte ihn schließlich nach dem Preis einiger alten religiösen Bücher aus der Endzeit des 17. Jahrhunderts, die er anbot. Darunter hatte ich eines gesehen, in dem teilweise über den 30-jährigen Krieg in meiner Region geschrieben war. Sicher hatte er zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel verkauft und benötigte noch Geld, um die Standmiete zusammenzutragen. Er bot mir jedes dieser Bücher zu einem Spottpreis von 15 Euro an. Ich traf mich dann wieder mit meinem Bekannten und zeigte ihm das Buch, worauf er sofort entschied, sich wenigstens auch eines der Bücher zu kaufen. Ich ging mit ihm zu dem Händler, das war kaum zehn Minuten nach meinem Kauf. Obwohl ich dabei war und mich der Händler ja erkannte, kostete auf einmal jedes der Bücher 60,- Euro.
Es ist schon merkwürdig: Wenn ich mit meiner Frau in eine
Bilderausstellung bekannter Künstler gehe, begeistert sie sich für ‚die alten
Meister‘, aber wenn ich Vergleichbares zu Hause habe, gefällt es ihr nicht. Das
Phänomen betrifft nicht nur alte Bilder. Da ich ja teilweise auch mit Museen zusammenarbeite,
besuche ich auch gerne geschichtliche Ausstellungen. Meine Frau kann dann lange
Zeit vor manchen Objekten stehen und begeistert davon erzählen, in welchem
Zusammenhang ein vergleichbares oder identisches Teil zu ihrer Familie steht. Häufig
habe ich selbst ein identisches Stück von ihr völlig unbeachtet in meiner
Sammlung und würde ich es - wie im Museum - in einer Vitrine im Wohnbereich präsentieren,
so müßte ich mir so lange Vorwürfe ‚wegen des alten Plunders, der nur Arbeit
mache und abgestaubt werden müsse‘, anhören, bis ich es wieder wegstelle.“
Schade, daß den meisten Menschen ein ureigenes Sensorium für den authentischen künstlerischen Ausdruck fehlt; sie können nur ‚anerkennen‘, was ihnen die öffentliche Meinung als ‚groß‘ vorgestellt hat.
An Violanthe Rappl
zarte farben
sanft bewegt
decken narben
furcht sich legt
bilder hängen
an den wänden
schlägt um längen
edle spenden
zeit des übels
neigt zu end’ sich
wurm des grübels
speiet aus dich
zarte farben
hauchen wind
stehen garben
zärtlich lind…
0. Lindere Leiden in Deinem Raum der Liebe, so wird er
alsbald sich ausdehnen.
1. Handlungen sind grundsätzlich Ausdruck
höchstmöglicher Umsicht und Rücksicht.
2. Bist Du selbst ein Leidender, so frage Dich
zuvorderst, inwiefern Dein Verhalten dem Geiste widersprochen hat.
3. Fehlst Du im Affekt gegen 1. so suche Deine Mißhandlung
sobald als möglich selber zu korrigieren.
4. Das ist der Unterschied betreffs ‚selbst‘ und ‚selber‘.
5. Fußballspieler sind finanzstarke Menschen, zweifellos
- Wer, aber, hat das Geld gemacht?
6. Wie sinnvoll ist es, sich die gravierende
Unterscheidung von Geld und Guthaben klar zu machen?
7. Können diese materiellen Guthaben auch eine Aussage
sein, über jeweilige Guthaben ‚im Himmel‘?
8. Was ist Fleiß? Wozu ist er im geringsten Nutze,
wenn er permanent gegen den Geist sich wendet?
9. Ist es nicht so, daß es nur einen Geist gibt, den
wir deshalb auch den ‚Heiligen‘ nennen?