Presseschau vom 22.06.14
Plan A : Waffenstillstand für alle, die sich vom Separatismus lossagen - Plan B : vollständige Vernichtung
Quellen: Itar-Tass, Interfax, Ria Novosti, russland.ru, hinzu kommen Informationen aus den städtischen Onlinezeitungen von Slawjansk Slavgorod und Slawjansk Delowoj. Hinzu kommen das Portal „Novorossia“ sowie „dnr-news“ und „lugansk-online“. Wir beziehen teilweise auch ukrainische Medien BigMir, Vesti, Ukrinform, Segodnja, KorrespondenT und die Online-Zeitung Timer aus Odessa ein.
Zur besseren Unterscheidung der Herkunft der Meldungen sind Nachrichtenquellen aus den neuen ostukrainischen Volksrepubliken in Rot (Slavgorod, Slawjansk Delowoj, Portal Novorossia, dnr-news, lugansk-online) und andere ukrainische Quellen
in Blau (BigMir, Vesti, Ukrinform, Segognja, KorrenspondenT und Timer) gekennzeichnet. Die Übersetzung russischer Medien erfolgt in schwarzer Farbe.
Vormittags:
Interfax: Der ukrainische Präsident Poroschenko ruft die Menschen im Osten des Landes auf, seinen Friedensplan zu unterstützen und die Fragen auf dem Verhandlungsweg zu lösen. Er rief zum Dialog auf, betonte jedoch gleichzeitig, dass er Gespräche nur mit denen führen wird, die es als einen Fehler ansehen, auf der Seite der Separatisten gewesen zu sein, ausgenommen mit denen, die an terroristischen Aktionen und Mord teilgenommen haben.
(Kommentar des Übersetzers: Damit sind fast alle Menschen und vor allem die Volksmilizen des Donbass von dem Dialog ausgeschlossen.)
RIA: Russlands Präsident Wladimir Putin hat die vom ukrainischen Staatschef Pjotr Poroschenko verordnete Waffenruhe im Südosten der Ukraine unterstützt und Kiew zu Verhandlungen mit den Regimegegnern aufgerufen. Auch rief der Kreml-Chef beide Konfliktparteien in der Ukraine auf, alle Kampfhandlungen zu stoppen.
„Wladimir Putin unterstützt die Entscheidung des ukrainischen Präsidenten Pjotr Poroschenko über die Waffenruhe im Südosten der Ukraine sowie die von ihm angekündigten Schritte für eine friedliche Lösung“, so das Presseamt des Kreml. „Der von Pjotr Poroschenko angekündigte Friedensplan darf jedoch kein Ultimatum an die Milizen sein.“ Die Waffenruhe sollte als Gelegenheit für konstruktive Verhandlungen und politische Kompromisse wahrgenommen werden. Der Friedensplan sei nur dann lebensfähig, wenn er mit praktischen Schritten und Verhandlungen untermauert werde. „Der Präsident Russlands ruft die Konfliktparteien auf, sämtliche Kampfhandlungen einzustellen und sich an den Verhandlungstisch zu setzen“, so der Kreml.
Dnr-news: Beim nächtlichen Beschuss von Kramatorsk wurde ein Kindergarten beschossen. Der Mitarbeiter des Wachpersonals blieb wie durch ein Wunder unverletzt.
Interfax: Das Wasser für die Millionenstadt Donezk reicht etwa noch für 2 Tage. Dann könnte die Stadt wie schon Slawjansk und Kramatorsk ohne Trinkwasser sein.
RIA: Präsident Wladimir Putin hat vor weiteren Einschlägen verirrter Geschosse aus der Ukraine auf russischem Territorium gewarnt.
„Wladimir Putin hält es für unzulässig, dass weitere Geschosse aus der Ukraine schon nach der verordneten Waffenruhe auf dem Territorium Russlands einschlagen und das Leben unserer Bürger gefährden“, teilte das Presseamt des Kreml mit. Das russische Territorium war schon mehrfach von verirrten Geschossen aus der Ukraine getroffen worden. Am Freitag wurde bei einem ukrainischen Granatbeschuss des russischen Grenzüberganges Nowoschachtinsk ein russischer Zollbeamter verletzt. Mehrere Bauten und Anlagen wurden beschädigt.
Novorossia.su: Ukrainische Scharfschützen verhinderten heute den Transport von humanitären Hilfsgütern aus den Rostower Gebiet. Sie beschossen die Fahrzeuge, die daraufhin die Grenze nicht überqueren konnten.
Nachmittags:
RIA: Der ukrainische Präsident Pjotr Poroschenko hat nach eigener Aussage einen „Plan B“ – für den Fall, dass sein am Freitag angekündigter Friedensplan für die Ost-Ukraine nicht aufgehen sollte.
„Das Friedensszenario ist unser Plan A“, sagte Poroschenko am Freitagabend in Kiew. „Diejenigen, die die Friedensgespräche lediglich dazu ausnutzen wollen, Zeit zu gewinnen und Kräfte umzugruppieren, die müssen wissen, dass wir einen detaillierten Plan B haben.“ Der Präsident nannte keine Details. „Ich will jetzt nicht darauf eingehen, denn ich glaube, dass unser Friedensplan funktioniert.“
RIA: Russland gedenkt am heutigen Sonntag der Opfer des Großen Vaterländischen Krieges, der vor genau 73 Jahren mit dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion begonnen hat. Präsident Wladimir Putin legte am Ewigen Feuer am Grabmal des unbekannten Soldaten in Moskau einen Kranz nieder.
novorossia.su: In Donezk fand eine Kundgebung gegen den Krieg anlässlich des 73. Jahrestages des Beginns des Großen Vaterländischen Krieges statt, an der einige tausend Menschen teilnahmen. Sie riefen „Der Faschismus kommt nicht durch!“ „Krieg - nein, Frieden - ja!“ und „Schande über die UNO“
RIA: Der russische Außenminister Sergej Lawrow hat sich in einem Telefongespräch mit seinen US-Kollegen John Kerry für eine vollständige Beendigung der Kamphandlungen in der Ukraine und direkte Verhandlungen zwischen Kiew und den Regierungsgegnern im Südosten des Landes ausgesprochen.
Nicht eine zeitweilige Feuerpause, sondern eine endgültige Beendigung der Kamphandlungen sei für eine Deeskalation notwendig, sagte Lawrow nach Angaben des russischen Außenamtes. Es sei wichtig, dass die ukrainische Regierung „direkte Verhandlungen mit denjenigen aufnimmt, die die Situation in den südöstlichen Regionen kontrolliert.“ Kiew sollte „auf ultimative Forderungen verzichten und mit Vertretern von Donezk und Lugansk in einen gleichberechtigten Dialog treten“, so der russische Spitzendiplomat.
Interfax: Einige hundert Menschen, unter ihnen viele Mitglieder des Rechten Sektors, belagern den Eingang des Kiewer Höhlenkloster, um die Aktion „Kiew gegen den Krieg“ und den Kreuzgang des Klosters zu verhindern. Die Polizei versucht, beide Seiten voneinander getrennt zu halten.
RIA: Baisa Vak-Voya, Vertreter des UN-Flüchtlingskommissars (UNHCR), hat die Hilfe für die ukrainischen Flüchtlinge in Russland als hervorragend bezeichnet.
Eine UNHCR-Delegation besuchte am Sonntag ein Zeltlager im südrussischen Gebiet Rostow an der Grenze zur Ukraine. „Das ist hervorragend“, sagte Vak-Voya. In seiner 22-jährigen Erfahrung bei den Vereinten Nationen erlebe er es zum ersten Mal, dass ein Staat so gut die Unterbringung der Flüchtlinge im Grenzgebiet organisiert habe. Die russische Regierung habe die Flüchtlinge sogar mit Internetanschluss und SIM-Karten ausgestattet und das ohne Hilfe internationaler Organisationen, lobte Vak-Voya.
Seit der Eskalation der Ukraine-Krise in diesem Jahr sind mehr als 400.000 Ukrainer nach Angaben der russischen Migrationsbehörde FMS in Russland für einen Daueraufenthalt eingetroffen. Nach Angaben des Zivilschutzes halten sich rund 19.000 behördlich erfasste Flüchtlinge aus der Ukraine in Russland auf. In Süd- und Zentralrussland sind rund 220 Herbergen für die ukrainischen Flüchtlinge eingerichtet worden.
Interfax: In Charkow fand heute eine Demonstration anlässlich des Tags des Gedenkens statt, auf der mehrere tausend Menschen gegen Faschismus und Krieg demonstrierten. Sie riefen: „Charkow, steh auf und jage die Faschisten weg!“
Hier ein Video:
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Anhänger einer einheitlichen Ukraine versuchten die Veranstaltung zu attackieren, es kam zu Auseuinandersetzungen, bei denen zwei Menschen verletzt und 30 verhaftet wurden.
RIA: 15 der 80 ukrainischen Grenzsoldaten, die in der Nacht zum Samstag vor den Gefechten in der Ost-Ukraine auf russisches Territorium geflüchtet sind, haben Russland um Asyl ersucht, wie RIA Novosti aus den Sicherheitskreisen im Gebiet Rostow erfuhr.
„15 ukrainische Grenzsoldaten weigern sich, in die Ukraine zurückzukehren, um bitten um Asyl in Russland“, teilte ein Sprecher mit. Nach seinen Worten fürchten die Soldaten Rache des nationalistischen Rechten Sektors.
Am Samstag hatte der russische Grenzschutz mitgeteilt, dass mehr als 80 ukrainische Grenzsoldaten durch den Grenzübergang Iswarino auf russisches Gebiet gelangt seien und dort Zuflucht vor den ostukrainischen Milizen gesucht hätten. Mehrere der ukrainischen Grenzer seien mit Verletzungen eingetroffen und mussten medizinisch behandelt werden, teilte Grenzschutzsprecher Wassili Malajew mit. Der ukrainische Grenzschutz bestätigte am Samstagabend, dass Russland sechs verletzte Grenzsoldaten übergeben habe. „Die Verletzten wurden uns übergeben“, teilte Sergej Astachow, Sprecher des ukrainischen Grenzschutzes mit.
Abends:
RIA: Trotz der verordneten Feuerpause hat die ukrainische Armee am Sonntag eine Ortschaft unweit von Lugansk nach Angaben der dortigen Volksmilizen unter Einsatz von Mörsern angegriffen. Das ukrainische Militär berichtet seinerseits von einem Überfall auf seine Fahrzeugkolonne.
„Das ukrainische Militär beschießt aus fünf Mörsern die Siedlung Ananjewka zwischen Swerdlowsk und dem Grenzübergang Krasny Partisan“, teilte Wladimir Inogorodski, Pressesprecher der nicht anerkannten „Lugansker Volksrepublik“, am Sonntag RIA Novosti mit. Ob es Opfer gibt, ist noch unklar.
Der ukrainische Grenzschutz teilte seinerseits mit, dass eine Militärkolonne am Sonntag nahe Gorodischtsche im Gebiet Lugansk aus Panzerfäusten und Scharfschützengewehren angegriffen und dass ein Grenzsoldat dabei verletzt worden sei. Die ukrainische Regierung berichtete am Sonntag auf ihrer Webseite von einem Gefecht zwischen Grenzsoldaten und Milizen im Raum Nosdrewka unweit von Gorodischtsche.
Interfax: Mehrere Dutzend Menschen belagern die Konsularabteilung der Russischen Botschaft in Kiew. Die Polizei schützt das Gebäude, doch die Demonstranten versuchen die Polizeisperre zu durchbrechen, werfen Steine gegen das Gebäude und brüllen anti-russische Losungen. Im Moment werden Autoreifen zum Konsulat gebracht.
RIA: Die Volksmilizen der LVR haben eine Panzerkolonne zerschlagen. Zwei Panzer brannten aus, etliche Fahrzeuge wurden erobert.
RIA: Der Zugverkehr nach Donezk wurde aufgrund zweier Bombenexplosionen an den Gleisen eingestellt.
RIA: Der ehemalige Leiter des Innenministeriums der Ukraine erläuterte „Plan B“ des Präsidenten Poroschenko. Sollte Plan A der Friedensverhandlungen nicht funktionieren, dann werde jeder vernichtet, der die Einheit der Ukraine zerstören will.
RIA: Der Leiter des russischen Duma-Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten Alexei Puschkov erklärte, dass Poroschenkos Plan eines Waffenstillstands sich deutlich unterscheide von der Realität, in der weiterhin mit schwerer Artillerie und Granaten geschossen wird und in der Scharfschützen Busse mit Kindern attackieren.
ITAR-TASS: Das russische Fernsehen zeigt Aufnahmen, die beweisen, dass die ukrainische Nationalgarde heute Nacht mit schwerer Artillerie Siedlungen im Lugansker Gebiet in der Nähe der russischen Grenze beschossen hat.