- Fall Mollath


"Ein Rosenhan-Experiment am unfreiwilligen Objekt."(Garcia) 

Mollath-Urteil trägt "Stempel der Rechtsbeugung"(Prantl)


Im Kontext dieser Page - Psychiatrisierung im Justizverfahren - liegt  der Fokus im nachfolgenden Fall Mollath auf der interaktiven Problematik von Justiz und Psychiatrie, deren Funktion und Rolle im Konnex mit staatlichen Entscheidungsträgern in der öffentlichen Diskussion deutlich zu kurz kam. Die Justiz, aber vor allem die Psychiatrie, kam mit einem blauen Auge davon. Ihr unseliges Zusammenspiel versandete im seichten Wasser der Kommentarflut und dürfte bald dem Vergessen anheim fallen. 

Die Summe von "Freiheit" richterlicher Beweiswürdigung und Narrenfreiheit psychiatrischer Wirrnis wird neue Blüten treiben. Die Karawane zieht weiter ... hin zum nächsten Einzelfall. Die einzigen, die etwas bewegen könnten, wären fachlich und charakterlich kompetente Psychiater-Kollegen. Schlimm genug, daß sich einer der Verantwortungsträger in der Mollath-Affaire, nämlich Prof. Kröber, auch in einer zweiten Konfrontation mit dem "Hochstapler unter Hochstaplern" Gert Postel in einer Fernsehshow wiederum nicht vermochte, sich dem Laiernpsychiater Postel als überlegen zu präsentieren.

Der große Prof. Nedopil hatte nichts wichtigeres zu tun, als seine Kollegen Psychiater rein zu waschen - ob er seiner Zunft damit einen Dienst erwies, dürfte füglich bezeifelt werden, denn: Es war ein Bärendienst: Mollath blieb - mündliche Urteilsgründe - stignatisiert, siehe dazu Garcia: Zum Freispruch verurteilt.

Das Wegsperren ("nachträgliche Therapieunterbringung") wurde an Mollath, dem lächerlich geringe Straftaten vorzuwerfen waren, mithilfe forensischer Seelenärzte exekutiert. Mithin handelte es sich um ein doppeltes Versagen, nämlich der Justiz und ihrer Psychiater-Gehilfen. 

Entgegen der lobtriefenden medialen Berichterstattung über die Großartigkeit des Wiederaufnahmeverfahrens (allen voran: Lakotta vom SPIEGEL), versagten, im Bemühen, ihre jeweilige Zunft zu retten, beide Komponenten - Justiz und Psychiatrie - erneut. Wieder einmal trug die Hauptverantwortung ein Psychiater (Nedopil), den Mollaths ansonsten herausragender Verteidiger Strate nicht wirklich zu parieren (ver-)mochte .... oder dies womöglich gar nicht wollte? Für letzteres spricht die Tatsache, daß Strate das massiv für seinen Mandanten sprechende Weinberger-Gutachten "von vornherein ausblendete" (GEP-Rundbrief 1/16, S.3). Mit fachlich-stringenter Logik zeigte denn auch die Psychologin Eva Schwenk die Mängel der Nedopil-Expertise auf: http://politplag.de/images/e/e8/Schwenk_%C3%BCber_Nedopil_Stellungnahme.pdf

Zählt Strate hiernach nicht vielleicht doch eher zu denjenigen Verteidigern (wie weiland Rolf Bossi), den es in erster Linie um die eigene Imagepflege geht?

Der Skandal-Fall Mollath stützt die Kritik Psychiatrieerfahrener. Im Gegensatz zu unserer Problematik willkürlicher Exklusion einzelner Rechtsuchender geht es nicht nur um ein weitaus breiteres Feld Betroffener, sondern um die weitaus gewichtigere, nämlich volkswirtschaftliche Relevanz: Exklusion aus dem Rechtsprechungsbetrieb spart Allgemeinkosten, Inklusion, in Gestalt von Zwangsbehandlung im Gewande von Fürsorge, schafft Arbeitsplätze. Die Interessenausrichtung beider Systeme ist zwar grundverschieden; gemeinsam ist ihnen jedoch die Opferung der Menschenwürde einzelner Rechtsgutträger.




I. Zur Medienresonnanz.
Der aktuelle Fall Gustl Mollath führte zu ungewöhnlicher Medienresonanz, die nach Einschätzung von Tagesspiegel, Spiegel-OnlineZeit und Freitag:  eine Art "öffentliche Hysterie" (Mackenthun) auslöste. Beeindruckend ist in der Tat die Energie, mit der sich unzählige Persönlichkeiten mit den Vorgängen befaßten, siehe insbesondere Nürnberg Wiki, http://www.gustl-for-help.de, Telepolis und schließlich den Wikipedia-Eintrag.

Alle Leitmedien waren mit dem Justiz/Psychiatrieskandal Mollath befaßt, so die SZ, FAZ, Welt, der SPIEGEL - abgesehen von der üblichen Profilierungsneurose der Redakteure, alle jedoch mit zu einseitigem Fokus auf die Justiz, dazu noch gefärbt durch die parteipolitische Brille. 

Exkurs I : Beate Lakotta
Besonders entlarvend für schlechten Journalismus: Lakotta-3 am 1.Juli im SPIEGEL:  "Ich trete aus dem Rechtsstaat aus"

 
Lakotta, Emma-Preisträgerin, stellt sich zu Lasten Mollaths neben die Ehefrau, und argumentiert mit den von dieser einseitig erhaltenen Informationen. 

- Sie sah das - kümmerliche - Ergebnis richtig voraus: Bestätigung des alten Urteils
- Und sie stilisierte Mollath zum "Michael Kohlhaas der Moderne" (SPIEGEL Nr. 33/2014, S. 40-43 (Titel: "Mollaths Welt"), indem sie sich an einem Psychogramm Mollaths versuchte, anstatt den tatsächlichen Justiz-Psychiatrie-Skandal zu beleuchten.

Als Nachfolgerin Gisela Friedrichsens dürfte sich Lakotta nach dieser Vorstellung eher nicht empfehlen - Augsteins allgemein gehaltener Essay über den § 63 StGB vermag die verquast feministische Parteilichkeit der SPIEGEL-Redakteurinnen Lakotta und Jüttner in Gestalt der Auftischung einer "Einquellengeschichte" (Strate) nicht wettzumachen. Das im Mollath-Fall aufscheinende Problem struktureller Benachteiligung von Männern v. a. in Trennungs- und Scheidungssachen - Kachelmann läßt grüßen - klammerte Augstein geflissentlich aus. Bei Mann-Frau-Auseinandersetzungen erscheinen Frauen - selbst wenn sie als Geistheilerinnen auftraten -  deutschen Richtern flächendeckend als glaubwürdiger - ein Bewertungszustand, der im Falle Mollath entscheidend für dessen Schuldfeststellung war, dies selbst noch für den OStA Meindl im Wiederaufnahmeverfahren. 

RA Strate war sich nicht zu schade, in einem Leserbrief an den Spiegel (Nr. 34/19.8.13 Seite 8) Lakotta als "Tagesbiografin" der Frau Petra Mollath zu beschreiben. Allerdings: recht hat er, und zwar auch damit, daß er Lakotta als "letzte Verteidigerin" der Psychiatrisierung und Verurteilung Mollaths in der BR-Extra-Sendung  bezeichnete. Die Sendung darf insgesamt als gelungen bezeichnet werden, weil die wichtigsten Vertreter (Prantl und Strate einerseits, Merk und Lakotta zugeschaltet auf der anderen Seite) zusammengebracht werden konnten. Es wurden sogar wunderbarerweise - gelegentlich - Dialoge zugelassen! 

Neben der vielleicht bislang besten Darstellung des "Bayern-Sumpfes" im eingespielten Trailer, also des unheilvollen Zusammenspiels von Justiz einschließlich eines weiteren Organs der Rechtspflege, des Zwangsverteidigers Thomas Dolmany und der geballten psychiatrischen Front, ging die eine Seite, Lakotta, von der Richtigkeit der Straffälligkeit Mollaths aus, die andere, Prantl und Strate, von der zweifelsfrei skandalösen justiziellen Behandlung des Falles. Lakotta befand sich auf einer anderen Diskussionsebene, nämlich die von Mann und Frau: Möglicherweise habe sich Mollath selbst in diese Lage hereingebracht. Vor allem: Opfer sei Mollaths Frau

Manch ein geschiedener Mann mußte bereits am Ende seines Scheidungsverfahrens schmerzhaft erkennen: Der Justiz geht es häufig, vor Recht und Gesetz, um Opferschutz. Und Opfer ist im Zweifel immer die Frau. Dies gilt umso mehr bei sog. Beziehungstaten. Opfersein wurde zur modernen Waffe der Frau. 

Männern geht es demgegenüber eher um Gesetz und Recht: RA Strate etwa moniert die Wiederaufnahmepraxis (§ 359 StPO) deutscher Gerichte, Prantl den leichtfertigen Umgang mit § 63 StGB. Und der Moderator war, wie leider so oft, der vermeintlichen Fachdiskussion mitnichten gewachsen. Wäre er dies gewesen, hätte er die Fronten erkennen und folgendes thematisieren können: Frau Lakotta ging es in ihren sämtlichen SPIEGEL-Berichten nicht um Recht und Gesetz, sondern um Empathie: Nicht für das Psychiatrie-Opfer Mollath, sondern für das Opfer Frau. Immerhin hofft Frau Lakotta, "daß er (Mollath) sich in Freiheit bewährt." Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Opfers Frau kamen Frau Lakottatrotz ihrer angeblich professionellen Recherche, nie. Zur Glaubwürdigkeit der Frau siehe BRalpha-life. Repräsentiert "Opfer-Anwältin" Lakotta den neuen Stil der SPIEGEL-Justizberichterstattung nach der Ära Maunz/Friedrichsen ... ?  Immerhin haben sich auch andere Kritiker, so Sascha Pommrenke, mit Frau Lakotta auseinandergesetzt.  
   
Verdienstvollerweise hatte RA Strate Dokumente ins Netz gestellt, die die Perfidie der Ex-Ehefrau in Sachen Zwangsversteigerung des Mollath-Hauses belegen und gegen die, wohl auch zu Recht, strafrechtlich vorgegangen wird. An dieser Stelle gebührt RA Strate ganz besonderes Lob, daß er sich trotz zu erwartender Schwierigkeiten  entschloß, die den Fall Mollath erhellenden Dokumente/Fakten öffentlich zugänglich zu machen. 

Lakotta suchte sich und das System im SPIEGElblog zu rechtfertigen, u.a., indem sie die besondere Qualifikation der Gutachter, festgemacht an deren Position, hervorhob. Im Mollath-Film tritt Lakotta eher als problematische Figur auf, in der konservativen Welt wiederum ist Mollath kein Held ...

und, zu guter letzt: Mit Journalismus hat das nichts zu tun  (Pommrenke)




Zur sonstigen öffentlichen Diskussion: 
Veranstaltungen und Mahnwache für Mollath in Berlin. Impressionen von Solidaritätsveranstaltungen: ABCD,
Allgemeines: Nedopil, wieder Strate, sowie dessen  Strafanzeige  und Wiederaufnahmeantrag-1 und -2. Interview  des Gefangenen. Prantl: Im Zweifel gegen den Angeklagten Chronologie des Falles, dabei besonders aufschlußreich der vertrauliche Sonder-Revisionsbericht der Hypo-Vereinsbank. Volkes Stimme fordert zu Recht, aber wohl wieder einmal vergeblich: Bestrafung der Schuldigen, hier Richter und Gutachter, siehe dazu Gabriele Wolff sowie die Wolff-Korrektur des Experten Dr. Weinberger, zuvor bereits Prof. Dieckhöfer und wieder Weinberger. Zusammenfassung:  ARD-Doku  vom 3.6.2013, als alleiniger Auslöser der Ehekrise werden darin die Schwarzgeldverschiebungen dargestelt. Dazu das Interview und zur Ergänzung BR-alpha, die Sendung  Deutschlandradio vom 4.5.2013, Report Mainz  und SWR.      

Zur Rolle der Justizministerin 
 - faszinierend immerhin ihr Catwalk -
wieder Strate. Schließlich Strate im Presseclub, zusammen mit Olaf Przybilla und Uwe Ritzer (SZ und Autoren des Buches "Die Affaire Mollath. Der Mann, der zuviel wusste". Strate berichtet über die dubiosen Quellen der Spiegel-Redakteurinnen, die offenbar rechtswidrig, da ohne Einverständnis Mollaths, Kenntnis der belastenden Gutachten hatten. SPIEGEL-Lakotta  argumentiert, wohl in Kenntnis der Gutachten: die Gefährlichkeit Mollaths wurde insbesondere von dessen (mutmaßlicher) exzessiver Reifenstecherei abgeleitet. Es hinge also vieles vom Wahrheitsgehalt dieses Vorwurfs - siehe Chronologie, hier Stichwort "Reifen" - ab, die in der Diskussion in der Tat weitgehend untergehen. Rechtlich hätte für Mollath in jedem Falle der in-dubio-pro-reo-Grundsatz gelten müssen, denn der Minderheitenbericht - siehe dazu FAZ-Bericht vom Auftritt Mollaths vor dem Untersuchungsausschuss - rügt zu Recht, daß aus dem bloßen Motiv nicht sicher auf die Täterschaft hätte geschlossen werden dürfen - ebenso wenig, wie die Psychiater nicht aus der Verurteilung auf den absolute Richtigkeit der Tatvorwürfe hätten schließen dürfen, wie es die Psychiater Leipziger und Kröber fälschlich taten. Den Abschlußbericht des Untersuchungsausschusses des Bayrischen Landtages zum Fall Mollath kommentierte Judith Hauer in der NJ 11/2013, Seiten 456-460, sowie in der ZRP 2013, 209-213, s. Auszug.

Letztlich war es der vorstehend beschriebene Doppelfehler der Systeme Justiz und Psychiatrie, also deren Kollaboration, der in der Causa Mollath zum Desaster seiner psychiatrischen Gefangenschaft führten. Die Tatsache, daß der Präsident des LG Bayreuth der Presse mitteilte, daß auch der Sachverständige "weiterhin davon auszugehen" hat, "dass der Untergebrachte die Taten, wegen derer das Landgericht Nürnberg-Fürth am 08.08.2006 rechtskräftig die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet hat, begangen hat"  u n d  dieses alle Sachverständigen auch so kritiklos übernahmen, ist nachgerade grotesk - und um dieses zu erkenne, muß man nicht Staatsanwältin wie Gabriele Wolff gewesen sein, die - natürlich - diese Groteske mühelos erkannte.

Symptomatisch für den Schulterschluß in unserem Justizsystems: Richter Otto Brixner verweist auf seinen Präsidenten. 

Die zunehmend peinliche Lage der beteiligten Psychiater -siehe Bericht sowie Ergänzung - führte zu einer Stellungnahme eines Fachanwalts vom 2.7.2013. Es handelt sich nurmehr um einen untauglichen Versuch, mittels bruchstückhafter Allgemeinplätze wissenschaftliche Korrektheit der verantwortlichen Sachverständigen vorzutäuschen. Peinlich für die Universität Bayreuth, einen derartigen Roßtäuscher (Karsten Schieseck) als Lehrbeauftragten zu beschäftigen, und dies dies auch noch im Anschluß an die Causa Guttenberg-Häberle.     

Literatur-Zwischenbericht siehe WikipediaGerhard Strate zählt zwar zu den engagiertesten Strafrechtsexperten, siehe nur sein Hrr-Projekt und seine Site - sein Wiederaufnahmeantrag wurde (wie zu erwarten und entgegen der wohl zutreffenden Kritik Prof. Müllers) zurückgewiesen, vielleicht auch deshalb, weil Strate den Fokus zu wenig auf die eigentliche - und in unserem Zusammenhang vorrangig interessierende - Frage richtete: Die Rolle der Psychiatrie, hier also der Begutachtungen, allen voran die des Bayreuther Chefarztes Dr. Klaus Leipziger, dessen Erst- und Zweitbegutachtungen vielfältige Angriffspunkte liefern könnten. Selbst einem Laien kann schwerlich die Substanzlosigkeit der Leipziger-Elaborate entgehen, dies auch ohne Kenntnis der gründlichen Textanalyse Sponsels, der eine Fülle von Fehldeutungen im Ausgangsgutachten Leipzigers aufdeckte (Mollath hatte eine Fülle schriftlicher Entäußerungen - Rohmaterial für psychiatrische Deutungen - produziert, die ihm zum Nachteil gereichten). Mollaths bei NürnbergWiki veröffentlichen Briefe spiegeln für Menschen mit Lebenserfahrung demgegenüber eindrucksvoll Lage und Geisteszustand eines hilfesuchenden "Normal"menschen. Die Interaktionen eines im Umgang mit Justizbehörden "normal" Ungeübten, und deren diagnostischen Resonanz bei den psychiatrischen "Richtergehilfen", dürften durchaus repräsentativ für den normalen Bundesbürger in der gesellschaftlichen Position und Lage eines Mollaths sein. Siehe hierzu die ausführliche Analyse der Mollath-Briefe von Sascha Pommrenke.   



II. Die Zunft der Psychiater
Das eigentlich Erschreckende ist jedoch, wie die Zunft der psychiatrischen Gutachter ihre Substanzlosigkeit durch Solidarität zu überspielen suchte: siehe nur die durch Pfäfflin bestätigte Gefährlichkeitsprognose im Falle Mollaths, auf die sich wiederum der Eingangsgutachter Leipziger beruft. Demgegenüber erfrischend die knappe, aber stringente Laienkritik des Zahnarztes Braun. Der Rätsels Lösung könnte ein Karikaturist gefunden haben: Mollath leidet an einem Gerechtigskeitswahn. Probe dieses "Wahns" lieferte Mollath zuvor in einer Kirche. Das politische System produzierte nun Reformvorschläge  bzgl. des § 63 StGB, die sich naturgemäß auf den organisatorischen Rahmen beschränken und die fachlich-psychiatrischen Momente völlig außen vor lassen: So soll eine Unterbringung nur noch nach schweren Straftaten erfolgen und sie soll befristet werden. Die Erstbegutachtung soll bereits nach vier Monaten erfolgen und die Gutachtenfristen sollen auf zwei Jahre verkürzt werden. Bei Aufenthalten, die sechs Jahre überschreiten, soll es Doppelbegutachtungen geben. Daß bereits Besserungen eingetreten sind bestätigte unlängst Müller.

Inwieweit die psychiatrische Fachwelt allerdings die Thematik der Fehlbegutachtungen aufgreifen wird, bleibt abzuwarten. Die Entäußerungen Nedopils ließen jedenfalls nichts Gutes erhoffen. (Mehr dazu unter Exkurs (B): Norbert Nedopil )



III. Zur Situation vor der Wiederaufnahme
Trotz nicht ausgeräumter Zweifel aufgrund der Tatsache, daß die Auswahl der Veröffentlichungen  der Unterstützer Mollaths selektiv erfolgte (zunächst keine Veröffentlichung des Leipziger-Gutachtens, Mangel an Diskussion und konkreter Informationen über ein Bestreiten der Tatvorwürfe), erscheint insbesondere die Begutachtung interessengeleitet und daher skandalös. Im Falle einer Wiederaufnahme hätten renommierte Sachverständige, v. a. Leipziger, Kröber und Pfäfflin, in die Bredouillie kommen können, siehe FAZ vom 9.12.12 und Prof. Müller-1 und - 2. Kröber schob die Verantwortung für die von ihm letztlich unterstützte Fehleinweisung vollkommen der Justiz zu, siehe das Interview in TELEPOLIS. Gute Analyse des Kröber-Interview: Prof. Müller. Siehe auch auch die das 1. Kapitel des (juristischen) Mollath-Falles abschließende FAZ-BeurteilungZuvor gute Systemkritik: Prantl in Quer.
Demgegenüber lieferte Daniel Müller eine eher peinlich-einseitige Laudatio auf Kröber in der Zeit ab: "Unter Anklage".


In Hinblick auf eine Wiederaufnahme - gem. § 359 Nr. 5 StPO - hätte wohl am ehesten der Nachweis einer evidenten Fehlbegutachtung greifen können. Dieser Nachweis hätte gelingen können mittels Benennung falscher oder unzureichender Anknüpfungstatsachen kombiniert mit den "überlegenen Forschungsmitteln" eines weiteren Sachverständigen. Günstigenfalls hätte sich auf diesem Wege das fatale Zusammenwirken von Richtern und psychiatrischen Sachverständigen aufdecken lassen, nämlich die Kollaboration 

a) der Sachverständigen, die sich zunächst den mutmaßlichen Erwartungen der Richter anpaßten und hernach mit einer fatalen Perseveranz an den Eingangsbefunden festhielten 
und 
b) der Richter, die sich mittels der Sachverständigen eigener Pflichten und Verantwortung entledigten.

Diese Einschätzung konnte sich auf folgendes stützen: 
In den Interviews der beiden Gutachter Leipziger und Kröber offenbarten diese eine bedenkliche Fehlhaltung: beide schoben die Verantwortung in einer Art Zirkelschluß dem Gericht zu. Zum einen behaupten beide, sie müßten von der Wahrheit der gerichtlichen Feststellungen ausgehen (dies wider besseres Wissen - daß nämlich nicht selten die gerichtlichen Feststellungen und Deutungen falsch sind 1), zum anderen behaupteten sie, nur über evtl. Krankheiten befinden zu müssen, da die rechtliche Wertung laußerhalb ihrer Verantwortung läge (dies war unzutreffend, weil nur halb richtig, denn der Psychiater schätzt den juristisch relevanten Schweregrad des Gefahrenpotentials ein, auf den sich dann das Gericht stützt). Aber auch wenn man von dem oben beschriebenen Zirkelschluß absieht, sind forensische Psychiater faktische "Richter in Weiß", siehe dazu nur die jüngste Darstellung Gisela Friedrichsens über die Interaktion der Justiz mit dem wieder einmal versagenden Prof. Kröber: Der Psychiater als Richter. 

Der logische Zirkel schließt sich im Falle Mollath dann, wenn  Realitäten als Beweis für Wahn herangezogen wurden. Wenn Kröber in seinem Interview die Meinung vertrat, Mollath sei schon deswegen nicht mehr gefährlich, weil er zwischenzeitlich eine öffentliche Person geworden sei, ein Rang, den, die er nicht leichtfertig aufs Spiel setzen werde, so muß sich Kröber fragen lassen, wieso er sich kurz zuvor noch der Gefährlichkeitsprognose seiner Vorgutachter anschloss. Kröber lieferte also ein Paradebeispiel für Stimmungsabhängigkeit seiner Voten bei logischer Inkonsistenz. Nach Nedopil konnte Kröber gar kein "Gutachten" vorlegen, siehe Nedopils allgemeine Ausführungen in einer Frontal-Sendung.

Inwieweit fachlich "überlegene" Gegenmeinungen durchdringen, oder sich die "Krähen-Theorie" durch eine "passende" Bestimmung des nächsten Sachverständigen - etwa Henning Saß, ein "externer" Sachverständiger, jedoch als Kurt-Schneider-Adept wohl eher der falsche, siehe sein dem Spiegel gewährtes Interview in Sachen Mollath. Die gleiche Systemtreue zeigte sich, nur ungeschminkter, bei Mackenthun). Auch hilft es wenig, wenn Prantl am 18.07.2013 im Deutschlandradio mitteilt, daß "bis zu 50%" der psychiatrischen Eingangsgutachten falsch seien und Prantl die "Systemschwäche" des Prozesses der psychiatrischen Einweisung beklagt, die "unterkomplex" geregelt sei. 

Das entscheidende Leipziger-Gutachten ist - warum eigentlich nur dieses nicht? - von Seiten der Mollath-Unterstützer nicht sogleich veröffentlicht worden. Möglicherweise deshalb nicht, weil dieses, auch aus wohlmeinender Perspektive, Mollath belastendes Tatsachenmaterial - etwa dubiosere Briefe als den an den Papst,auf die dann auch Kröber in seinem Aktengutachten Bezug nimmt - hinsichtlich seiner Zurechnungsfähigkeit enthält? 

Das juristische Ende jedenfalls zeichnete sich ab: es entäußerte sich der Generalbundesanwalt


IV. Die Psychiatrie/Psychiatrisierung bleibt unhinterfragt.
Der interessanteste Satz in der Pressemitteilung des OLG Nürnberg vom 6.8.2013  lautet: "Wegen der Bedeutung des Attests für die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung sei eine Auswirkung dieses Umstands auf die Ausgangsentscheidung nicht auszuschließen." Diesem Satz liegt eine kritische - freilich unsubstantiierte - Würdigung des Versagens des Eingangsgerichts zugrunde. Vermutlich hat das OLG zwei Dinge erkannt und gewürdigt: Zum einen die höchst dubiosen Umstände der Hintergründe des Zustandekommens des die Psychiatrisierung Mollaths überhaupt auslösenden Privatattestes (eine Freundin der Exfrau arbeitete dort als Sprechstundenhilfe; nicht die Ärztin, sondern deren Sohn sprang - erst ohne, dann mit i. V.  - in die Bresche ein und die Exfrau (Bankerin, jetzt Bio-Energetikerin) als Zeugin schwieg dazu in der Verhandlung). Zuvor hatte das Landgericht hinsichtlich der gebotenen kritischen Würdigung eines solchen Privatattestes völlig versagt. 

Auch bei nur durchschnittlicher Lebenserfahrung der Richter hätten vor dem Hintergrund eines hoch strittigen Scheidungsverfahrens alle Warnlampen aufleuchten müssen - gleichwohl: Entscheidend war das katastrophale Versagen der psychiatrischen Gutachter, denen die Richter unhinterfragt die Verantwortung überließen - ein Paradebeispiel für die unheilige Allianz der beiden Entscheidungsträger Justiz und Psychiatrie.

Ohne gründliche Aufarbeitung jeden einzelnen Falles - gerade auch des Falles Mollath - insbesondere durch Sichtbarmachung der o. g. Interdependenzen  der beiden Protagonisten Richter und Sachverständige - in Verbindung mit einem Aufzeigen der Regelungsschwächen im jeweiligen Rechtssystem - bleibt die Psychiatrisierungs-Problematik an der Oberfläche. Martin Eitel etwa lieferte ein exemplarisches Beispiel  einer unfundiert-oberflächlichen journalistischen Darstellung der Thematik. 

Eine Kernproblematik ist nicht nur die behauptete(!) Autonomie der Sachverständigen, sondern die Steuerung des Gutachten-Ergebnisses durch den Richter mittels richterseitiger Auswahl des Sachverständigen, Auswahl der Informationen und die Festlegung der Fragen. Hinzu tritt der richterliche Unwille oder auch dessen Unvermögen, das Auftragsgutachten kritisch zu hinterfragen, obwohl der Richter den Sachverständigen zu leiten und zu kontrollieren hat.

Die latente Gefahr dieser geteilten Verantwortung liegt darin, daß beide, sowohl Richter als auch Sachverständiger, entscheidungsorientiert vorgehen. Damit einher geht die Gefahr, daß sie weniger von ergebnisoffener Erkenntnis der Wahrheit als vom Bestätigungsstreben ihrer vorurteilsbehafteten Verurteilungwünsche geleitet sind. Welcherlei Hintergrundmotive vorliegen, ob öffentlicher oder, wie im Falle Mollath, interner  Erwartungsdruck, Karrierestreben oder sonstiges, ist für den Betroffenen letztlich unerheblich. 
Insbesondere hinsichtlich der Gefährlichkeitsprognose liegt es auf der Hand, daß beide Entscheidungsträger Verantwortung scheuen, was bedeutet: Im Zweifel wird der Delinquent in der geschlossenen Psychiatrie verbleiben. Der verfassungsrechtlich gebotene Grundsatz der Verhältnismäßigkeit droht auf der Strecke zu bleiben. Vielleicht kein Zufall ist es, daß das BVerfG jüngst bereits mit der diesbezüglich problematischen Rechtsprechung des Gerichtssprengels Bamberg befaßt war. Nach der Kritik des Generalbundesanwalts trauen sich nun auch Rechtsanwälte aus ihren Refugien, so bei der Demo in Regensburg. Sie forderten mehr "Transparenz". 

Der erste öffentliche Auftritt Mollaths bei "Beckmann" (am 15.8.13 ARD) förderte weder Transparenz noch Dialektik, denn außer sybillinische Andeutungen, wen Beckmann denn nun vergeblich zugeladen hatte (etwa Beate Lakotta, das unverzagte Sprachrohr der Ex, oder den Fern-Gutachter Kröber) lieferte Beckmann einen einstimmigen Chorgesang - alle nahmen Partei für Mollath - , für den Mollath am wenigsten konnte und was weder ihm noch der Allgemeinheit nützte. Die FAZ-Lobeshymne auf Beckmann dürfte somit verfehlt sein, wenn auch die - Insidern längst bekannten, jedoch leider nur allgemein gehaltenen - Offenbarungen der Psychiaterin und Lehranalytikerin Hanna Ziegert ("die u. a. dafür plädierte, Delinquenz als Störung zu begreifen, an der auch die Gesellschaft  Mitschuld trägt") über Rolle, Funktion und Selbstverständnis der psychiatrischen Gutachter bei Gericht einen besonderne Lichtblick darstellten. Natürlich kann sich kein angeklagter mutmaßlicher Straftäter einer psychiatrischen Begutachtung entziehen, wenn das Gericht diese für erforderlich hält, bei Verweigerung ist auch eine - freilich zeitlich begrenzte - Beobachtung durch den Gutachter in der Hauptverhandlung zulässig, siehe ZEIT-online- Interview Strates. Gleichwohl gilt (so auch Frau Ziegert), daß pure Beobachtung nicht die gleiche Qualität haben kann wie eine Exploration. 

Die Kommentierung des SPIEGEL verharrt auf dem Niveau der Lakotta: Mollath wird mittels Beschreibung des äußeren Habitus als armes Würstchen charakterisiert - übrigens ganz so, wie es in psychiatrischen Gutachten Usus ist. Die von Frau Ziegert angeprangerte Tendenz von Gutachtern, sich den Erwartungen der Richter anzupassen, hat sich bereits bewiesen: Ziegert wurde zunächst von der Staatsanwaltschaft München "kaltgestellt", ein Umstand, der allerdings wohl durch die vierte Gewalt (Medien) relativiert wurde. Man durfte gespannt sein, ob nun wenigstens die bayerische Justizministerin Merk/ YT tätig würde. Tatsächlich kam es dann - auf öffentlichen Druck hin - zu einer einzigartigen (!) Anordnung (Merk: "mit Druck") an die Adresse der Staatsanwaltschaft, einen Wiederaufnahmeantrag zu stellen! Im Rückblick fast amüsant: Frau Merk und Frau Reporterin.

Hinsichtlich der Rigidität und Unbeweglichkeit unseres Rechtssystems ist der abschließenden Darstellung und Würdigung der Geschehen durch Garcia  wenig hinzuzufügen. Nachdem RA Strate insbesondere auch sämtliche psychiatrischen "Gutachten" ins Netz gestellt hatte (ein begrüßenswertes, couragiertes Novum!), lieferte Garcia eine sehr verdienstvolle, grobe Analyse der Gutachten, hier insbesondere die der Psychiater Leipziger und Kröber (der sich damit als Wissenschaftler - hoffentlich dauerhaft - disqualifizierte), die ein wahrhaft erschreckendes Licht auf die Allianz von Psychiatrie und Justiz wirft. Garcias Analyse ist nurmehr die eines logisch und objektiv denkenden Dritten, die von jedem Richter abzuverlangen gewesen wäre, gerade auch im dubiosen Fall Mollath. Die aufgedeckte Realität bei Gericht, die uns alle bedroht, kann nur erschüttern! Etwas später lieferte auch Strate eine glänzende und dazu noch witzig-ironische Analyse der inkriminierten Gutachten. Aber auch das Gutachten Pfäfflin3, dem sich Mollath leichtfertig anvertraute, läßt die gebotene Distanz zu den Vorgutachtern vermissen und endet kollegialiter im Gleichklang mit diesen; lesenswert dazu der Verriß der gerichtsexternen Psychiater Dieckhöfer und Weinberger: wie das BVerfG bestätigte: zu Recht. Es streift allerdings nur den verderblichen "Beitrag" der Gutachter, hier insbesonderen den des Prof. Pfäfflin. Die Letztverantwortung hatten schließlich die Richter.   

Im Zeit-Interview sahen wir zwei Protagonisten: zunächst RA Strate, geradezu ein Modell eines guten Verteidigers (Modell insbesondere auch für Kollegen, siehe nur seine herausragende Öffentlichkeitsarbeit zum heiklen Thema Wiederaufnahme), sodann die Journalisten Rückert und Wefing, die, weit besser als Beckmann, journalistisch korrekt und dialektisch den Gegenpart spielten. Wenn sich Mollath - siehe die Erklärung Strate - nicht einmal dem Spitzen-Psychiater Nedopil zwecks Exploration stellen will, so mag man darüber rätseln, ob dafür emotionale oder sachlich-taktische Gründe den Ausschlag gaben. Umso gespannter durfte man auf die Entscheidung im Wiederaufnahmeverfahren, das am 7.Juli 2014 begann, warten. Ob Mollaths Erwartungen erfüllt werden würden, war nach dem Verlauf der Verhandlungen höchst zweifelhaft. Seine Ex-Frau fungierte als Nebenklägerin. Manches roch nach einem Aufguß des Kachelmann-Prozesses, mithin nach Freispruch 2. Klasse für Mollath.



V. Zum Wiederaufnahmeverfahren:
Vorausgeschickt sei: Am 24. Juli 2013 lehnte das LG Regensburg die Wiederaufnahmeanträge zunächst als unzulässig ab. Am 6. August 2013 dann erfolgte - auf Beschwerde der Staatsanwaltschaft (Weisung der Justizministerin) und der Verteidigung hin - die Anordnung des OLG Nürnberg zur Wiederaufnahme sowie zu Mollaths sofortiger Freilassung, was Rückschlüsse auf die in der Justiz vorherrschenden pathologisch-reaktionäre Persistenz erlaubt. Nachfolgend nun das Wiederaufnahmeverfahren.

1. Berichte über das Gerichtsgeschehen, s.a.: 



2. Eigener Kommentar:
Das Zeit-Interview machte deutlich, daß Mollath im Wiederaufnahmeverfahren wohl nur einen Freispruch 2. Klasse (Aussage steht gegen Aussage, in dubio pro reo) zu erwarten gehabt hat. Aufgrund des Verschlechterungsverbots (§ 373 Abs. 2 StPO) geht es in Regensburg letztlich allein um die Frage der Rechtmäßigkeit der Unterbringung, für die allerdings auch die Schuldfrage erneut zu klären war. 



VI. Die Verhandlungen

Tag 1:
Von Anbeginn sollte der vom Gericht bestellte Psychiater (Nedopil) anwesend sein, ein Umstand, mit dem das Gericht die Weichen stellte!
Nachdem nun aber bislang kein Rechtssatz existiert, der besagt, daß grundsätzlich bei bestimmten Delikt-Typen ein Sachverständiger mit einer Begutachtung der Schuldfähigkeit zu beauftragen ist, sucht man in
der Mitschrift des ersten Verhandlungstages eine Begründung seitens des Gerichts für die Notwendigkeit der Anwesenheit des Gutachters Nedopil und seine Aufgabe vergebens. Zu hören war lediglich der Staatsanwalt: dies schriebe die StPO vor. 
Voraussetzung für die Beiziehung des psychiatrischen Gutachters war indes, daß das Gericht weiterhin Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit Mollaths hatte. Weder Gericht noch Staatsanwalt bekundeten irgend etwas Konkretes, das Gericht erklärte lediglich: bei fraglicher Schuldfähigkeit und erforderlicher Unterbringung könne das Gericht auf ein Gutachten nicht verzichten. Also bestanden implizit weiterhin Zweifel. 

Wenn nun am ersten Verhandlungstag  Mollath und Verteidiger Strate die Entfernung des Psychiaters aus dem Gerichtssaal begehrten und diesen - zu diesem frühen Zeitpunkt erfolglos wegen Befangenheit ablehnten, so wurde die Kernfrage (wozu denn überhaupt einen Psychiater?) soweit ersichtlich nicht gestellt: Erst am 11. Verhandlungstag kam diese zur Sprache, als Strate einen Schuldinterlokut vorschlug, damit wohl der Anregung von Fritz Loos (aaO., S. 976) folgend, der einen 'Tatinterlokut' diskutierte, zwecks Schonung des Angeklagten vor Beobachtung durch den Psychiater während der Verhandlung in der Tatfrage. Nedopil lieferte später einen massiven Befangenheitsgrund (siehe unter: Exkurs (B): Norbert Nedopil, 13.Tag) - eine Chance, die Strate unerklärlicherweise nicht nutzten mochte. 

Beate Lakotta, so parteilich wie visionär, meldet sich ad personam: "Doch schon am ersten Verhandlungstag zeigt sich, dass Mollath als Mandant nicht leicht zu führen sein wird." Es folgen herabsetzende Eindrücke Mollaths bis zu dessen "kleiner Verbeugung" vor der Richterin. Dann zitiert Lakotta das Gericht: "Wir werden erst sehen, ob wir die Taten die Ihnen vorgeworfen werden, nachweisen können. Wenn das nicht der Fall ist, stellt sich die Frage nach einem Gutachten nicht." Auf die Frage 'Warum dann eigentlich von Anbeginn die Beiziehung des Psychiaters (ggf. statt eines Aussagepsychologen)?' kommt Lakotta freilich nicht. Eine Fehleinschätzung des Geisteszustands Mollaths - das eigentliche Kernproblem - wird verständlicher, wenn man die Lagebeschreibung der FAZ in Rechnung stellt. Protokoll der 1. Verhandlung.



Auch am 2.Verhandlungstag bliebt Nebenklägerin Petra M. abwesend, dies unter Berufung auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht als Ex-Ehefrau - ein blanker Hohn, nachdem sie selber es war, die Anzeige erstattet hatte. Was aussteht, ist Klarheit über das Versagen der Justiz und der von ihr bemühten psychiatrischen Gehilfen - genau hierauf liegt der Fokus des öffentlichen Interesses, jedenfalls das der kritischen Öffentlichkeit! Beate Lakotta beobachtet wichtiges:"Mollath zieht ungläubig die Brauen zusammen, zuckt ein paar Mal verächtlich mit den Mundwinkeln."




Zu den Widersprüchen in der Aussage einer Hauptzeugin, siehe den Kommentar des Verteidigers Strate am 3.Verhandlungstag, die Zweitversion, sowie den ausführlichen Bericht der WELT. Gleichwohl wird Frau Lakotta die Exfrau Mollaths wohl weiterhin unbeirrbar als Opfer sehen (müssen), gleichsam als lebendes Pendant zu Alice Schwarzer im Kachelmann-Prozeß. Das Gericht mühte sich redlich, eine neue "Überzeugung" dadurch zu gewinnen, indem es nun erstmals auch Entlastungszeugen hörte, wie etwa den Zahnarzt Edward Braun - Lakotta dazu in SPIEGELONLINE (1) und (2 = Darstellung des Pflichtverteidigers, die grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen ist, auch wenn Lakotta ihn als "engagiert" bewertete.



Am  4. Verhandlungstag wurde der Zeuge Braun beeidigt vernommen. 



Zum 5. Verhandlungstag siehe den Bericht der WELT. "Tagesbiografin" Lakotta gibt sich unbeirrbar als seriöse Rechercherin.



Am 6. Verhandlungstag erfolgt ein zahnloser Versuch der Nebenklägerseite, Mollath in die Krankenrolle zu rücken. Und Lakotta, in ihrem frustrierenden Frausein gefangen, fabuliert über Frauen, die sich gerne verprügeln lassen. (Protokoll)



7. Verhandlungstag: Pluspunkte für Mollath. 



Am 8.Verhandlungstag zunächst und kaum überraschend: Belastung Mollaths hinsichtlich des Vorwurfs der Reifenstecherei, Lakotta berichtet; interessant dabei lediglich der Brief Mollaths, der allerdings, entgegen Lakottas (unausgesprochener) Mutmaßung, kein Beweis für Mollaths Täterschaft sein kann. Zum - wohl kaum widerlegbaren - Vorwurf der Reifenstecherei: es gibt auch positive Eindrücke. Erstmals zur Psychiatriesierung: Der erste Sachverständige gab keinen Fehler zu.



Am 9. Verhandlungstag: Vernehmung des Richters Brixner als Zeuge. Zusammenfassung des BR (bisher erwecke es den Anschein, daß das neue Verfahren "Gustl Mollath als unschuldiges Justizopfer vom Sockel holen wird"). Wie gut, daß Mollath ein akribischer Wühler zur Seite stand.



Am 10. Verhandlungstag: Pluspunkt für Mollath: Der Rechtsmediziner konnte zu keiner sicheren Beurteilung gelangen; wie zu erwarten, werden die Beweise gegen Mollath nicht (mehr) ausreichen. Siehe Protokoll-Veröffentlichung.



Die Niederlegung des Mandats durch die Verteidiger im Verlaufe des 11. Verhandlungstages ist schwer zu interpretieren. Der BR mutmaßte als Hintergrund die Unterstützer. In der Tat könnte die Unterstützerszenerie Mollath in eine Euphorie befördert haben, die SZ sieht ihn in einer Art Ankläger-Haltung, was seiner Sache nicht dienen konnte und der Strategie der Verteidiger zumindest partiell entgegenstand. Man erinnert sich Mollaths eingänglicher Ankündigung zu schweigen, die er mitnichten einhielt. Ob die Mandatsniederlegung eine Abgrenzung vom Angeklagten  und der weiteren Unterstützer-Szenerie bezweckte, bleibt allerdings ebenso Spekulation, wie auch die Motive, die Strate zur Übernahme des Mandats bewegten. 

Daß Mollath bereits zuvor z.T. unangepaßtes und unangemessenes Verhalten gezeigt hatte und beim neuen Helden diese Persönlichkeitszüge in anderer Form weiterwirken würden war wohl auch von Strate von Beginn an befürchtet worden. Mollath tat sich keinen Gefallen, indem seine 'expansiven Züge' in Gestalt zahlreicher, für die Anklagepunkte nicht relevante Beweisanträge, wieder Raum gewannen und er damit der Verteidigung unabgesprochen dazwischenredete, dies vor dem Hintergrund der auffälligen Tatsache, daß sich Mollath zu den Vorwürfen, hier insbesondere die der Körperverletzung, nicht äußern mochte -Verteidiger Strate monierte dies zu Recht

Allerdings gilt auch hier: derartige Pathologien sind weit verbreitet und bei Mollath kommt die höchst ungewöhnliche Lage - erst weggesperrt, dann Medienstar - hinzu, die sein Einmischen in einem bedeutend milderen Licht erscheinen lassen mußte - was Nedopil als erfahrener Seelenarzt gleichwohl nicht berücksichtigen mochte (s. u. 13. HV-Tag).




Am 12. Verhandlungstag nun die Vernehmung des Psychiaters Leipziger,
Dr. Klaus Leipziger, Cherazt der Forensik am Bezirksklinikum in Bayreuth

der sich um seinen Ruf sorgte. Wie kaum anders zu erwarten, machte er keine gute Figur. Kollege Simmerl hielt dagegen: nicht krank, aber querulantisch.

Kommentar: Man konnte Mollath nur wünschen, daß er es schaffe, seine Weltverbesserer-Haltung aufzugeben und auf die Mahnungen richtiger Freunde, wie z. B. Schlötterers, zu hören. Denn völliges Unschuldslamm war er - nach der "Lebenserfahrung" bei Partnerschaftskrisen - wohl auch nicht. Allerdings hätten alle Seiten, und dies gilt vermehrt für das Gericht, auch seine verständliche psychische Verfassung nach dem erlittenen Unrecht und seine Konfusion, die die allzu bunte Unterstützergemeinde - insbesondere die Trittbrettfahrerszene - verursachte, berücksichtigen müssen. 





VII. Exkurs II : Norbert Nedopil - 13. Verhandlungstag

Hinweis: Das Nedopil-Gutachten finden Sie nach Seite 34 ff, d. h. im Anschluß an die Mitschrift des 13. Tages der Hauptverhandlung.


Nedopil live: 
Ehrungen: 

Theoretisch gibt sich Nedopil progressiv, so trat er für die Videografie des Begutachtungsvorganges ein. Auch sorgt er sich intensiv um Fortbildung in Sachen psychiatrische Begutachtung - auch im Sozial- und Zivilrecht (!), indem er zahlreiche Fortbildungskurse insb. im Bildungswerk Irsee leitet. Dorten mag er ja theoretische Weisheiten produzieren; als Persönlichkeit kann Nedopil nach dem Mollath-Debakel seinen Kollegen wohl kaum noch als Vorbild dienen, denn auch für ihn gilt: erst in der Praxis beweist sich der Mensch!


Nedopils Debakel nimmt seinen Lauf: 
Auf die Neubewertung durch den Psychiater Nedopil am 13. Verhandlungstag - s. Bericht in der Welt .- durfte man besonders  gespannt sein, denn es hätte um weit mehr als nur um Mollath als Person gehen können: um die Analyse der Kollaboration von Psychiatrie und Justiz/Staat und damit um ein Stück Rechtspolitik. Wie doch hatte Nedopil im Vorfeld verlauten lassen? "Daß die forensische Psychiatrie benutzt wird, um auch mißliebige Leute sozusagen einzusperren, das ist durchaus eine Denkmöglichkeit und das kommt auch vor . . . 

Nedopil indes enttäuschte auf der ganzen Linie. 
Die Reaktion Strates und Mollaths trifft denn auch ins Schwarze: schlechter konnte Mollath nicht wegkommen. Hauptanliegen Nedopils war es, seine Zunft, also die vorbefaßten Psychiater-Kollegen, zu schützen. Seine Selbstdarstellung ( "... daß ich jemand bin, der kritisch mit der Zunft umgeht ..."/ daß ich nicht nachvollziehen kann, "dass Sie sich jemanden widersetzen, der eine kritische Sicht auf die eigene Zunft hat." (Quelle: Mitschrift des 13. HV-Tages, dort S. 29) strafte Nedopil in seiner Anwendungspraxis Lügen. Es mag zwar noch vertretbar sein, daß Nedopil sich mit "Befunderhebungen durch Dritte" bzw. "Fremdanamnesen von Personen, die den Betreffenden kennen" auseinandersetzt. Generell jedoch ist immer und wäre ganz besonders im Falle Mollath eine kritische Distanz geboten gewesen (Strate sprach von Methodenkritik), dies nicht nur gegenüber der Exfrau Mollaths, die unübersehbar interessengeleitet war, sondern vor allem gegenüber seinen Vorgutachtern, hier insbesondere gegenüber dem Weichensteller Leipziger. Genau dies versagte sich Nedopil als anerkannter Experte für "Mindesanforderungen für Schuldfähigkeitsgutachten" (NStZ 2/2005, S. 57-62) und entlarvte sich als Interessenvertreter beider Systemkomponenten, der Justiz und der forensisch-psychiatrischen Gutachter-Kollegen-Front. Auch wenn es dem Gericht gestattet ist, im Rahmen des Freibeweisverfahrens auch sog. Fremdanamnesen von Sachverständigen zu berücksichtigen, so ist doch fraglich, inwieweit dies auch für den Sachverständigen Nedopil galt, als dieser entsprechende, höchst fragwürdige Befunde des Kollegen Leipziger als Anknüpfungstatsachen be- und verwertete. 

Und wenn Nedopil über die unterschiedliche Behandlung von Zweifeln4 in Strafrecht und Psychiatrie dozierte (S. 3 der o. a. Mitschrift), so lag dies im vorliegenden Falle neben der Sache, wenn doch massive Zweifel bestanden, ob die Eingangszweifel nicht bereits methodisch grob fehlerhaft erhoben worden waren.

Mollath sprach treffend von "Spagat", Müller, zugespitzter, von "spekulieren".  

Nedopil rechtfertigte die vorangegangene Expertisen, in peinlicher Weise verklausuliert, hier insbesondere das Gutachten Leipzigers. Zutreffend heißt es denn auch in der WELT:"Gleichzeitig versuchte der Psychiater, sowohl seine Kollegen in früheren Verfahren als auch seine Zunft zu verteidigen."


Strates abschließender Kommentar: 

Das ist ein Gutachten eines anerkannten Psychiaters. Aber es ist nicht dazu geeignet, Licht ins Dunkel zu bringen. Dieses Gutachten war überflüssig. Wir wären hier ohne Psychiater ausgekommen. Sie waren das Unheil in Mollaths Fall.“

Exemplarisch sei Nedopils Behandlung des Gefälligkeitsattests der Fachärztin für Psychiatrie Dr. Gabriele Krach-Olschwesky vom 18.9.2001 dargestellt, deren "Diagnose" allein auf den Angaben der Frau Petra Mollath fußteDieses Attest stand am Beginn der Psychiatrisierung Mollaths. Die Mittelbayerische berichtete über den 4. Hauptverhandlungstag. Auf S. 3 und 8 seiner Vorbemerkungen, sowie auf den Seiten 86, 94 und 95 seines Gutachtens setzte sich Nedopil mit Frau Dr. med. Krach auseinander. Nedopils Wertung: "Aus klinischer Sicht nachzuvollziehen". Die Anknüpfungstatsachen basierten auf einseitigen Informationen. Nedopil war aus der Vernehmung der Frau Krach (Mitschrift S. 42-63) bekannt, daß Frau Dr. Krach - teils privat gewonnene - einseitige Hintergrundinformationen (über Trennung, Eheschwierigkeiten, v.a. über den Vorwurf an dubiosen Bankgeschäften beteiligt zu sein) verfügte, also von einem erheblichen Belastungseifer der Informandin ausgehen mußte und daher die Angaben Frau Mollaths besonders kritisch zu bewerten gehabt hätte. Nedopil verlor hierzu kein wirklich kritisches Wort - sein vielbeschworenes ärztliches "ethisches Grundverständnis" (Mitschrift S. 27) versagte. Selbst nach Auskunft der Erlanger Klinik hatte Kollegin Krach eindeutig gegen ethische, und wohl auch standesrechtliche Grundsätze verstoßen (siehe: Ritzer / Pszybilla, Die Affäre Mollath, 2013, S. 164f). Wenn Frau Krach dennoch von der Assistenzärztin zur Oberärztin aufstieg paßt dies zu Nedopils einzig denkbarem Motiv: Entlastung der Zunft!
Für Nedopil ging es um einen konkreten Fall, in dem eine Kollegin wissentlich und standeswidrig eine Waffe (Anfangsverdacht) zu Händen der Frau Mollath produzierte, in Gestalt einer für den "begutachteten" Mollath hochgefährlichen und fachlich unverantwortlich leichtfertigen Fern-Verdachts-Diagnose als "Ärztlichen Stellungnahme". Seriös konnte - und v. a. durfte - sich vor diesem Hintergrund für Nedopil nicht mehr die Frage der "Nachvollziehbarkeit" stellen! Zu vermuten ist also, daß sich Nedopil mit dem verwerflichen Krach-Elaborat deshalb auseinandersetzte, um seinen Kollegen Leipziger zu stützen, der gleich zu Beginn seines Gutachtens auf die höchst fragwürdige Stellungnahme der Frau Krach wohlwollend Bezug genommen hatte ...


Nedopils Charakterisierung des Angeklagten als "kompromisslos, penetrant, rigide und misstrauisch" hätte auch ein Laie liefern können. Nedopil gab sich einen wissenschaftlichen Anstrich, indem er zum einen auf "klassische" (Urteil auf S. 70) Literatur Bezug nahm - so auf Hoff (S. 89, 92), Spitzer (S. 90), Kretschmer (S. 91), Leferenz (S. 111) - , zum anderen seine besondere Fachkompetenz immer wieder betonte ("spezielle Technik oder Methode eines psychiatrischen Sachverständigen" (S. 84). 
Nedopils Verschmiertechnik wurde hervorragend von dem Psychologen Sponsel beschrieben: Tatsächlich stellte Nedopil seine Disziplin als Medizin dar, indem er permanent Vokabeln wie "klinischer Erfahrung" bzw."klinischer Sicht", "Krankheit" bzw. "Pathologie", "Arzt" usw. einfließen ließ. Wenn insbesondere Wahn-Erscheinungen an Verhaltensäußerungen ("übernachhaltig' - eine Wortschöpfung Leonhardts (?), die Gresch nicht verstehen kann) festmachen, hat dies am wenigsten mit Naturwissenschaft zu tun, denn die Psychiatrie wird gemeinhin zwischen Geistes- und Naturwissenschaft angesiedelt. 
Zudem zeigte Eva Schwenk regelrechte logische Widersprüche im Nedopil-Elaborat auf!

Wahnerscheinungen treten nurmehr in der Interaktion zutage, weshalb gerade hier - zumindest auch - Nachbardisziplinen wie Psychologie und Soziologie berührt werden. Die Einengung auf die medizinische Sicht konnte Nedopil nur mit der Verschmiertechnik gelingen. Hinzu kommt: Nedopil steht unübersehbar in der Tradition deutschen Charakterkunde (auf S. 4 der Mitschrift spricht er von Charakterzug; auf S. 101 des angeschlossenen Gutachtens von Grundhaltung und Grundpersönlichkeit, womit er nur Charakter meinen konnte, siehe dazu: Kurt Schneider). Wenn sich Nedopil auf Ernst Kretschmer bezog, outete er sich als Vertreter der deutschen Charakterologie, denn im Protokoll des 13. Verhandlungstages findet sich folgende Passage: Aus Sicht des Unterzeichners – aus meiner Sicht - ist es nachvollziehbar, dass die Diagnose einer wahnhaften Störungdeshalb ernsthaft erwogen werden muss, weil die Persönlichkeit des Herrn Mollath, soweit sie sich dem lediglich beobachtenden und nicht explorierenden Fachmann erschließt, jene Persönlichkeitszüge enthält, die nach Kretschmer solche Persönlichkeiten kennzeichnen, die in besonderen Belastungssituationen wahnhafte Störungen entwickeln. Das ist, wie wenn der Schüssel in das passende Schloss hineinfällt: also in bestimmter Situation kommt es dann bei diesen Persönlichkeitsstörungen zu wahnhaften Überzeugungen.
Anm. d. Vf.: Das Bild vom Schlüssel und Schloß stammt von Kretschmer. Witter spricht vom 'Schlüsselerlebnis', das "wie ein Schlüssel in das komplizierte Schloß des Charakters paßt." (Hb.d. for. Psychiatrie, 1972. 505
Nedopil schwamm/schwimmt also im Theorie-Fahrwasser urdeutscher Psychiatie-Schulen und deren Postulat angeborener Charakter=Persönlichkeits'struktur', die letztlich alles prädestiniert - und erklärt!


Mollath - ein Querulant?
Kennern der Nedopil'schen Literatur, insbesondere  seines Querulanten-Aufsatzes (s.u.) - mußte auffallen, daß er sich im Kontext mit der Charakterisierung der Persönlichkeit Mollaths auf S. 89 über den Querulantenwahn verbreitete, s. a. FR - dies indes ohne den Konnex zu Mollath aufzuzeigen. Derselbe Nedopil hatte sich zuvor als herausragender Kritiker einer leichtfertigen diesbezüglichen Etikettierung hervorgetan, siehe: N. Nedopil, Schuld- und Prozeßfähigkeit von Querulanten, FORENSIA 5: 185-195 (1985).  Zudem profilierte sich Nedopil mit der Aussage, lange Unterbringungszeiten seien z. T. "politisch gewollt". 

Vor diesem Hintergrund mußte Nedopils Vorwurf, Mollath hätte mitarbeiten müssen, wenn er sich ein anderes Ergebnis erhofft habe, umso unverständlicher erscheinen. Bekanntlich hatte sich Mollath aus guten Gründen verweigert. Auch Mollath hatte zunächst, wie viele mit dem System unerfahrene Laien, Vertrauen in die staatlichen Institutionen Justiz und Forensik gehabt. Nach den verheerenden Erfahrungen Mollaths war sein Vertrauensverlust geradezu "normal" - anders gewendet: Nedopils Vorhalt ("Sie wären aus meiner Sicht ganz subjektiv gut beraten gewesen, wenn Sie sich der Untersuchung gestellt hätten." - Mitschrift S. 29) zeigt eine andere Normalität deutscher (nur forensischer?) Psychiater, nämlich den erschreckenden Mangel an Empathie, immerhin ein Hauptkriterium des Psychopathen im angelsächsischen Raum: Nedopil ein Psychopath? 

Auch wenn Nedopils Beschreibung der "mangelnden Flexibilität" Mollaths zutreffen mag: dies erklärt jedoch mitnichten den Skandal, denn: statistisch dürfte es viele Mollaths geben, die, so naiv wie rigide, kein Fall für eine Einweisung in die 'Geschlossene' sind. 

Zusammengefaßt äußerte sich Nedopil über seine vorbefaßten Kollegen wie folgt: Die Begutachtungsergebnisse der Vordergutachter seien 'nachvollziehbar' bzw. 'nicht abwegig' - im Klartext: vertretbar -   gewesen, da den damaligen Gutachtern Informationen fehlten. Nedopil mochte aber auch retrospektiv einen Wahn zum Zeitpunkt der Verurteilung "nicht mit Sicherheit ausschließen", so Lakotta, die es sich versagte, zu fragen: Warum suchte Nedopil die Diagnose "Wahn" seiner Kollegen Vordergutachter zu rechtfertigen, eine Diagnose, die bereits nach der damaligen Faktenlage hochproblematisch war? Hätte es Nedopil nicht mit einem sthenischen Affekt sein Bewenden haben lassen können? Die Psychologin Eva Schwenk, Autorin, verfaßte eine "fachliche Stellungnahme" zum Nedopil-Gutachten und stellte darin den juristisch und fachlich zentralen Punkt, nämlich die unbedenklich-unkritische Verwertung von Feststellungen der Vorgutachter als gravierenden Mangel heraus. Auch die kritiklose Übernahme der auf Betreiben der Ehefrau in die Welt gesetzte 'Verdachtsdiagnose' durch Nedopil erkannte Schwenk als systematischen Fehler. Warum versäumte es dann aber der berühmte Verteidiger Strate, diese kaum wegzudiskutierende Ablehnungsgründe geltend zu machen?   

Nedopil lieferte einen Ablehnungsgrund:
Es stellt sich die Frage: Hatte das Gericht von Nedopil eine Stellungnahme zu den Vorgutachtern erbeten? Nedopil selbst gibt seinen Auftrag wie folgt wieder: 

"Gemäß Auftrag des Landgerichts Regensburg vom 24.02.2014 soll die Stellungnahme der Vorbereitung eines mündlichen Gutachtens zu der Frage dienen, ob bei Herrn Mollath die Voraussetzungen für aufgehobene oder verminderte Schuldfähigkeit gemäß der §§20 und 21 StGB bezüglich der in der Anklageschrift vom 23.05.2003 Herrn Mollath zur Last gelegten Taten besteht und ob die Voraussetzung für die Unterbringung nach § 63 StGB vorliegen." (Psychiatrische Stellungnahme vom 23.Juni 2014, Seite 2)

In der Hauptverhandlung beschreib Nedopil den Beweisbeschluß mit folgenden Worten: 
"Ich sollte Herrn Mollath begutachten oder ein Gutachten erstatten zu Voraussetzungen für eine aufgehobene oder verminderte Schuldfähigkeit gem. §§ 20/21 StGB und ggf. zu den Voraussetzungen einer Unterbringung gem. § 63 StGB."  (Mitschrift Strate

In beiden Darstellungen findet sich kein Wort, das an eine Oberbegutachtung im Sinne eines Werturteils über die Vorgutachten auch nur denken läßt. Nedopil könnte also seinen Auftrag und damit seinen Beurteilungsrahmen überschritten haben. So bereitete er die Entlastung seiner Vorgutachter durch folgende Sequenz vor:
"Eine zweite Vormerkung möchte ich anschließen. Diese zweite muss drauf abzielen, dass der jeweilige Diagnostiker von den Informationen ausgehen muss, die er im Augenblick vorliegen hat. Wenn später neue Informationen dazukommen, können sie die frühere Diagnose in Frage stellen oder bestätigen. Es nicht jedoch nicht gerechtfertigt, dem Arzt eine Fehldiagnose vorzuwerfen, wenn er über Informationen, die erst später offenkundig wurden, nicht verfügt hat und nicht verfügen konnte, und die früheren Informationen seine Diagnose rechtfertigten."

Sodann führte Nedopil aufgrund seines Aktenstudiums Einzelheiten, verbunden mit wertenden Deutungen, aus der Zeit um 2001/2002 an, die auf Mollaths "wahnhafte Störungen" in diesem Zeitraum schließen ließen und faßte schließlich zusammen:
"1. Bei Herrn Mollath werden von allen Gutachtern, die im Auftrag von von 
Staatsanwaltschaften
und Gerichten mit ihm befasst waren, 
 auffällige 
Persönlichkeitszüge attestiert, namentlich Rigidität, Übernachhaltigkeit,
Kompromisslosigkeit,
Rechthaberei, übermäßiger Gerechtigkeitssinn in
subjektiv verstandener Weise und Selbstüberschätzung – Phänomene, 
die auch in der Hauptverhandlung beobachtet werden können." 

Somit zog Nedopil Wertungen seiner Vorgutachter in toto als Beweismittel heran, obwohl er wußte: Fremdwertungen, ja nicht einmal Fremdanamnesen, sind keine Befundtatsachen und hätten vorliegend nur mit größten Bedenken als "Erkenntnisquellen" (Mitschrift S. 2, Gutachten S. 84) herangezogen werden dürfen. Nedopil tat dies dennoch und gelangte denn auch zu mehrfachen Fehlbewertungen, wie dies aus den Vorhalten Strates und Mollaths in der mündlichen Verhandlung deutlich wurde. Nedopil klagte nicht von ungefähr über die "Salamitaktik" und entblödete sich damit.  

Nedopil hätte sich bezüglich der Vorgutachter nicht entäußern dürfen, auch nicht in verklausulierter Form. Er verstieß damit gegen Grundregeln seiner Wissenschaft, was erstaunen kann, denn: Immerhin galt Nedopil als Experte für Qualitätsanforderungen an psychiatrische Gutachten (ZStrR, 2005, 127-143). Helene Bubrowski zitiert in der FAZ vom 1.8.2014 Nedopil, der sich zuvor in Polen über den Fall Mollath geäußert hatte. Dazu wäre es nicht gekommen, „wenn sich die Autoren der Gutachten und die Gerichte daran gehalten hätten, was in den Mindestanforderungen steht".  Sollte dies im Gerichtssaal nun nicht mehr gelten? RA Strate erwähnte diese Widersprüchlichkeit zwischen Theorie und Praxis in seinem Plädoyer, die er "bedauerlich" fand. Prozessual war die (geringe) Chance, den Sachverständigen Nedopil zu eliminieren, vertan; nachträgliches Bedauern vermochte nichts mehr zu ändern.

Fazit: 
Indem Nedopil implizit die Vorgutachter stützte, lieferte er einen tragfähigen Grund, Befangenheits zu besorgen. Aber damit nicht genug, denn nachfolgend heißt es bei Nedopil: 
"Die in diesem Zusammenhang mit den vorbeschriebenen Persönlichkeitsauffälligkeiten und dem egozentrischen, skurril anmutenden und die Bedürfnisse der Mitpatienten ignorierenden Verhaltensweisen in den psychiatrischen Kliniken lassen die Hypothese einer psychischen Störung durchaus plausibel erscheinen. Deshalb ist die Diagnose einer wahnhaften Störung bei prospektiver Betrachtung, ausgehend vom Jahr 2004/2005, nachvollziehbar, ..." 

Auch dies ist aus zwei Gründen bedenklich: Zum einen, weil zum einen die Beobachtungen durch Dritte (Mitschrift S. 14) auf wohl verfassungswidrige  Weise (Rundum-Beobachtung als Faktenbasis in der Geschlossenen) erfolgten, zum zweiten, weil Wertungen aus dritter und überdies inkompetenter Hand (Pfleger) keine verwertbare Tatsachenbasis darstellen konnten. Schließlich mogelte sich Nedopil um die Frage der Verantwortung (f. d. Fehleinweisung) herum: "Wer für die Konsequenzen verantwortlich ist, wenn die Überprüfung einer Krankheitshypothese nicht möglich ist, ist von mir nicht zu beurteilen." 

Hier hakte Strate ( S. 26 unten, S.27) ein. Nedopil vermochte darauf nicht sachlich zu reagieren; stattdessen flüchtete er in Vokabeln wie "mein ethisches Grundverständnis" bzw. "meine ethische Grundlage" (Quelle: Mitschrift Strates).

Nedopils Mängelliste ist noch länger: So setzte er voraus, daß die "die Übergriffe auf die Ehefrau" tatsächlich stattgefunden haben, dies, obwohl noch gar keine gerichtliche Feststellung im Wiederaufnahmeverfahren erfolgt war. Er zog diagnostische Schlüsse aus (unklar-pauschalen oder gar unzutreffenden) Tatsachen, die man vernünftiger Weise daraus nicht ziehen konnte (s. Strate, S. 30, 31). Auf den Seiten 32 bis 34 dann das Ende: Nedopil liefert ein äußerst schwaches Bild bei seiner Reaktion auf Vorhalt Strates ("Das ist eine Grauzone, was der Wahn sein soll, das verschwimmt ja in alle Richtungen"und Mollaths. Er faselt von "Mosaiksteinen" und verwahrt sich gegen die "Salamitaktik" (Mitschrift S. 31) der Verteidigung. Das Gericht bricht ab. Die Presse berichtet nur herausgerissene Satzfetzen.


Die in der FR wiedergegebenen Details der Nedopil'schen Bewertung der historischen Situation zum Zeitpunkt der Erstbegutachtungen - Manche seiner Wahrnehmungen damals seinen „nicht realitätskonform“ gewesen, und viele Anzeichen sprächen dafür, dass eine wahnhafte Persönlichkeitsstörung vorgelegen habe.- konnten folglich nur dem Zweck dienen, die vorbefaßten Kollegen zu dekulpieren, sofern, was wohl zutrifft, eine Bewertung dieses Zeitfensters seitens des Gerichts nicht gefragt worden war. Geradezu lächerlich muß die Unterscheidung Nedopils zwischen "Akten-Gutachten" und "Stellungnahme" erscheinen, wenn doch eine Objektivierung mittels Exploration nicht möglich war. Im Schriftlichen Urteil ist denn auch nur die Rede von einem "mündlich erstatteten Gutachten" (S. 69). 

Niemand hatte Norbert Nedopil dazu gezwungen, seine Kollegen zu dekulpieren, indem er Indizien glaubte ausmachen zu müssen, die die Wahndiagnose zum Zeitpunkt der Erstbegutachtung stützten. Nedopil tat dies aus eigenen Stücken - und beschädigte damit nicht nur seinen eigenen guten Ruf als Psychiatrie-Papst sondern darüber hinaus auch noch den seiner Zunft. Nedopil wirkte insgesamt erbärmlich, indem er sich einer Verschmiertechnik (Sponsel) bediente. Dieser Gesamteindruck wird auch durch seine Selbstempfehlung gestützt, daß Mollath nämlich "gut beraten gewesen wäre", wenn er sich der Untersuchung durch ihn gestellt hätte. Auf eine "methodenkritische Stellungnahme" (Beispiel), wie sie Petra Kutschke bezüglich des Leipziger Mollath-Gutachten ins Netz stellte - siehe deren "Methodenkritische Untersuchung" - wird man hinsichtlich des Mollath-Gutachtens des großen Nedopils wohl vergeblich warten müssen.

Nachdem die Verteidigung einige Indiziztatsachen entkräften konnte, brach das Gericht die Befragung Nedopils abStrate und Mollath reagierten enttäuscht - zu Recht, siehe Bericht der SZStrates Plädoyer sowie Ein Buch lesen! 

Lakotta, Protagonistin der Anti-Mollath-Fronde, durfte triumphieren: Die frühere Diagnose sei in Teilen nachvollziehbar, für einen Wahn hätten mehrere Indizien gesprochen, so "die heruntergelassenen Rollos, hinter denen sich Mollath auch tagsüber verschanzt haben soll5; das Verstecken vor der Polizei in einem Zwischenboden." 
Lakotta beginnt mit dem für sie Wichtigsten: Mollath sei "nicht mehr (!) gefährlich für die Allgemeinheit". Im Klartext heißt dies: Die Gutachten der Leipziger und Pfäfflin waren laut Nedopil richtig. 

Lakotta berichtete: "Seinen Vorgängern, meinte Nedopil, sei keine Fehldiagnose vorzuwerfen, wenn ihnen Informationen nicht vorlagen - wie der Revisionsbericht der Bank.Die Realität sprach gerade in diesem Punkte dagegen: 2006 kam es zum ersten CD-Ankauf. Kurz zuvor war das Leipziger-Gutachten  erstattet worden, also zu einem Zeitpunkt, als die Diskussion über Schwarzgelder-Verschiebungen bereits in vollem Gange war. Kein Psychiater durfte also  - immerhin tat dies das Gericht im Falle Mollath nicht - ohne weiteres von einem Wahngespinst ausgehen. Lakotta führte sodann den Brief Mollaths, der im Überstreß-Zustand geschrieben worden war, zum Beleg seiner Erkrankung an. Aber ein Verdienst bleibt Lakotta doch: Es gelang ihr, Nedopils verklausuliertes Herumeiern in Klartext zu übersetzen!


Zu den Folgen:
Damit minimiert sich die Hoffnung auf mehr: nämlich auf eine systemkritische Fall-Analyse des Zusammenspiels der Entscheidungsträger aus Justiz und Psychiatrie. Nedopil hätte besser getan, sich einer Bewertung der Vorgutachter als vertretbar ("nachvollziebar" oder gar "gerechtfertigt") zu enthalten. Wenn auch die Beschreibung des Verhaltens (und der Persönlichkeitsstruktur) seines Exploranden Mollath zutreffen mag, so konnte dies doch keine Rechtfertigung darstellen, einen solchen Menschen aufgrund eines bereits für gebildete Laien erkennbaren Falschgutachtens in die geschlossene Psychiatrie wegzusperren. Nedopil macht es sich leicht: Er verlagert die Verantwortung für die Fehleinweisung implizit von der Psychiatrie auf die Justiz. Eine Erklärung könnte sein: Gelegentlich saßen (auf Tagungen) Nedopil und Kollege Leipziger einträchtig nebeneinander:
Datei:Leipziger Nedophil Stahl.jpg

was wohl erklärt, daß Nedopil Leipzigers Fehlgutachten ohne Not als fachlich 'nachvollziebar' bewertete, und damit ein Armutszeugnis für die Zunft (so auch Strate) und einen neuerlichen Beleg der Krähentheorie lieferte. Zutreffend wies Müller auf einen fachlichen Mangel Nedopils hin, daß nämlich "auch mangelnde Information nicht von der Pflicht befreit hätte (insbesondere betr. Leipziger), den Zusammenhang zwischen diagnostizierter Störung bzw. Krankheit und den konkreten Taten darzustellen..."  Dieses Sich-Ausschweigen wider besseres Wissen ist eines von mehreren Indizien für die Befangenheit Nedopils. Siehe auch die kritische Kommentierung der Psychiaterin Petra Kutschke. Ursula Prem brachte es auf den Punkt: "Er pathologisiert Mollath genau in dem Maße, welches notwendig ist, um seine Kollegen zu exkulpieren."

Strate geht auf Nedopil in seinem Plädoyer lediglich am Ende (S. 37) kurz und vor allem nur pauschal bewertend ein. Insbesondere überging Strate die Tatsache, daß Nedopil die Vorgutachter ungefragt (!) entschuldigt und deren Gutachten als nachvollziehbar bewertet hatte, Mollath möglicherweise als partiell und zeitweise in einem Wahn verhaftet sah, und dafür zweifelhafte Indizien angeführt hatte. Stattdessen richtete Strate seinen Fokus auf die Schuldfrage. Die Fehlbegutachtung und die höchst leichtfertige Nutzung dieser Gutachten durch den Richter Brixner war ihm Nebensache.  

Wollte Strate das System schonen? Doch wohl kaum. Gleichwohl dürfte Garcias überaus positive Einschätzung der Lage am Ende jedenfalls bezüglich Strates Verteidigungsführung in Sachen Psychiatrisierung zu hinterfragen sein. Auch RA Strate, Organ der Rechtspflege und 'Star-Anwalt' bzw. 'Top-Jurist', gehört zum System, auch - und gerade - wenn er inzwischen ähnliche Popularität genießt wie weiland Rolf Bossi. Ein bleibendes und besonderes Verdienst Strates war seine Öffentlichkeitsarbeit; inwieweit er diese allerdings tatsächlich weitgehend unbezahlt  leistete, wird man wohl kaum erfahren. 
Strates weitgehend allgemein gehaltene Justiz-Kritik "Die Mehrzahl in der Justiz besteht aus Zynikern wie Brixner" trieft vor Eitelkeit, was nicht heißen soll, daß Strate sich in Sachen Mollath um dessen Freispruch nicht bemüht hat. Sein Schwachpunkt war jedoch der Umgang mit der Psychiatrie, hier speziell mit dem Star-Kontrahenten Nedopil und dessen Deckmanövern. Wenn sich Strate mit dem Urteil zufrieden zeigte, er gleichzeitig vorgibt, seinen Mandanten zu "verstehen", so geht dies nur unter Ausblendung einer Kernfrage, der unrechtmäßigen Psychiatrisierung. Strate verabsäumte es, einen Beweisantrag zu stellen, d. h. auf die Einholung einer Expertise zwecks Klärung der Frage der Vertretbarkeit der für Mollaths Einweisung entscheidenden Vorgutachten zu dringen, um so Nedopil in seiner Bewertung ("nachvollziebar", folglich vertretbar) zu widerlegen. Die Wertungen (!) Nedopils hatten offenbart, daß ihn das Gericht aus einem einzigen Grunde hinzugezogen hatte: zur Schonung der Vordergutachter und des Kollegen Brixner. Die Chance, den großen Nedopil als Parteigänger zu entlarven, der nicht aufhört, sich als Forscher und Wissenschaftler ("Der Gutachter ist Mittler zwischen wissenschaftlicher Forschung und Gericht", R&P 3/1999, 125) zu gerieren, wurde vertan. 

Daß die Straftaten Mollaths nicht mehr mit hinreichender Sicherheit nachzuweisen waren, war im übrigen keine Überraschung. Man fragt sich somit: Welchem Zweck sollte die Hinzuziehung des Gutachters Nedopil dienen, bevor nicht die Schuldfrage geklärt worden war? Laut Berliner Zeitung wollte das Gericht wissen: wie gefährlich ist Gustl Mollath? Zu Recht hatte Strate einen Schuldinterlokut angeregt, wenn auch leider zu spät. Nedopil konnte also die Erwartung des Gerichts erfüllen: Er entlastete seine Kollegen. Dies, und nichts anderes, war der Zweck seiner Hinzuziehung. Nedopils eigene Darstellung des Rollenverständnisses des forensischen Psychiaters bestätigte er durch sein Handeln im Mollathverfahren: Allerdings in ethisch bedenklicher Weise! Denn der Psychiater Nedopil erwies sich  - dem aktuellen Erkenntnisstand zuwider - standfest als wahrhafter "Feind des Strafrechts" (Nedopil in: FS für Günter Tondorf, 2004, 53), und diente der Justiz kollegialiter als Erfüllungsgehilfe: Im Wissen darum, daß Mollath weit besser mit einer schlichten Verurteilung ohne psychiatrische Begutachtung gefahren wäre. Es ist schon einigermaßen grotesk, wenn der Protagonist der 'Qualitätssicherung' mittels elaborierter 'Mindestanforderungen' bzw. 'Standards' zwecks "besserer Kontrolle der Gutachten durch die Gerichte" (Nedopil in: FS für Rainer Hamm, 2008, 518 ), nämlich Norbert Nedopil, ein derartiges Armutszeugnis in der forensischen Praxis ablieferte.

Weitere kritische Analysen der Nedopil'schen Vorstellung: 



Der 14. Verhandlungstag schließlich brachte das vorläufige Ende der Zeugenvernehmungen, verbunden mit erneutem Dissens zwischen Mollath und Verteidiger, mit Zeichen externer Einflußnahme seitens der Unterstützer. Über Mollaths Verhalten im Verhältnis zu Verteidiger Strate siehe Ursula Premleider mit wenig Verständnis für die Befindlichkeit eines 7 Jahre lang zu Unrecht Psychiatrisierten, der auf der Suche nach Selbstwert-Rüchgewinnung gewesen sein könnte.  

Die Tatsache, daß sich Mollath nicht konkret zu den Tatvorwürfen äußerte ("Damit will ich Sie jetzt gar nicht  groß belasten") und stattdessen umso breiter auf die Aufklärung der Geldverschiebungen insistierte verhinderte letztlich - insoweit verständlich - seinen Freispruch von Schuld und war nur vielleicht ursächlich für den Dissens mit seinem Verteidiger Strate, der diesbezüglich folgendes äußerte: 
„Man kann nicht, wie Herr Mollath, alle möglichen Vorwürfe zur Steuerehrlichkeit thematisieren und gleichzeitig zu dem konkreten Vorwurf der Körperverletzung vage bleiben, wie er das getan hat.“

Unklar bleibt der wahre Grund für den Dissens, denn Mollaths Sich-Ausschweigen zu den Tatvorwürfen hätte dadurch gerechtfertigt sein können, daß die Hauptbelastungszeugin einer Zeugenvernehmung ausgewichen war. Und, nachdem die Beweislage in der Frage der Mißhandlung der Frau durch den angeklagten Mollath keineswegs so eindeutig war, wie das Gericht glauben machen wollte, das Schweigen Mollaths konnte eine durchaus vernünftige Strategie sein.

Nachdem niemand weiß, was tatsächlich zwischen Mandant und Verteidiger vereinbart worden war, könnte es hiernach falsch sein, Strates Kritik als gerechtfertigt anzusehen.



Der 15. Verhandlungstag brachte Mollaths Stellungnahme (nunmehr in Abwesenheit des Psychiaters Nedopil) sowie das Plädoyer des Staatsanwalts Meindl, der Mollath weiterhin für schuldig hält, dies aber wohl aus strategisch-rechtstechnischem Grunde: Mollaths war zuvor möglicherweise rechtsfehlerhaft als nicht schuldig verurteilt worde, siehe Rechtsgutachten. Strate benannte entgegenstehende Tatsachen. Weitere Details nennt die Mittelbayerische.

Müller konstatierte (ähnlich wie Strate) völlig richtig einen Schwachpunkt: Mollath zog sich hinsichtlich der Tatvorwürfe auf ein pauschales Bestreiten  zurück, was den Eindruck verstärkte, eben doch nicht unschuldig zu sein. Möglicherweise verhielt sich Mollath gegenüber seinem Verteidigern beratungsresistent? Ob die "verständnisvolle" Richterin dem Antrag der Staatsanwaltschaft folgt - für beide Optionen gäbe es Gründe - , war eine rechtspolitische Entscheidung. Die größere Wahrscheinlichkeit sprach von Anbeginn für einen Schuldspruch, nicht zuletzt zwecks Rettung der psychiatrischen Gehilfenarmada, die wesentlicher Teil des Systems ist und daher staatlichen Schutz genießt. Mollath lag mit seiner Einschätzung im n-tv-Interview nicht falsch: "es wird so weitergehen wie bisher" - der große Nedopil lieferte ein Paradestück an unbegrenzter Auslegung, und dies wird er auch dann noch tun können, wenn der Gesetzgeber die Kontrolldichte verbessert haben sollte.  





VIII. Zum Judiz
Die Selbstreinigungskraft des Systems versagte auch im Wiederaufnahme -Verfahren: es blieb beim Unvermeidbaren. 
Wenn Richterin Escher die Verteidigung mit dem Worten lobte: "die haben wahnsinnig viel für Sie erreicht" und damit Mollaths berechtigten Antrag auf Einbeziehung der Gegengutachten - nun v.a. gegen Nedopils "Stellungnahme" - abbügelte, so bestätigt dies nur den oben angeführten Erfahrungssatz. Möglicherweise standen informelle Absprachen zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft/Gericht im Sinne der Schonung der Protagonisten der Psychiatrie im Hintergrund, hier insbesondere Leipzigers. 

Ziel war wohl auch, weitergehende Schadensersatzanspüche zu konterkarieren:
Für Mollaths Schadensersatzansprüche hatte die "Psychiatrie-Kiste" eine Schlüsselfunktion (s.u. V.). Ein objektives Bild läßt sich aus dem Protokoll  nicht gewinnen, es weckt allerdings zum einen den Eindruck geringer psychologischer Einfühlungskraft seitens des Verteidigers (Strate), der, zum zweiten, offenbar wenig um die Tatsachenbasis für Schadensersatzansprüche Mollaths gegenüber der Psychiatrie bemüht scheint (was die überschwänglichen Lobeshymnen auf die Verteidigung seitens Staatsanwaltschaft und Gericht erklären könnte). 
Wenn Strate im letzten Moment noch, Mollaths Wunsch entsprechend, ein Bündel Beweisanträge bezüglich Geldverschiebungen stellte, so konnte dies nur der Optik gedient haben, denn deren Zurückweisung war sicher. Hinsichtlich der entscheidenden Fragen bzgl. der psychiatrischen Begutachtungen und deren gerichtlichen Bewertung erfolgte hingegen nichts - obschon Strate zutreffend konstatierte: «Die Psychiater sind das Unheil im Schicksal von Herrn Mollath. Sie haben ihn zugrunde gerichtet»

Am neuerlichen Skandal änderte auch nichts, daß Mollath nunmehr der Justitia ...
.
...  in Gestalt einer leibhaftigen Frau begegnete ...
Vorsitzende Richterin am LG Regensburg: Elke Escher

... deren Schwert in der Scheide weiblicher Freundlichkeit - Mollath sei "hervorragend verteidigt" - steckte und deren allgerühmte Geduld dazu dienen sollte, den Ausgangsskandal in rosigerem Lichte erscheinen zu lassen. Mollath stand einer weiblichen Phalanx gegenüber: unter den 3 Richtern samt 2 Schöffinnen  war lediglich 1 Mann ... Verdächtig auch das exorbitante Lob des Staatsanwalts (Meindl) auf die Verteidigung - siehe Protokoll -, was zeigt, daß Mollath kein Mehr zu erwarten hatte. Die staatliche Inszenierung nahm ihren Lauf: 





Schuldig, somit auch nicht von vornherein verrückt. Gerichtseitige Zweifel blieben jedoch, nicht in der Schuldfrage, wohl aber hinsichtlich der Zurechnungsfähigkeit Mollaths zum Zeitpunkt der Tat (das Gericht könne nicht ausschließen ...). Der Freispruch Mollaths trug somit den Makel der Schuldunfähigkeit wegen einer "nicht auszuschließenden" wahnhaften Störung, dies "vor allem aber mangels Mitwirkung des Angeklagten an einer Exploration"- in Strates Diktion ein 'Kunstgriff'.

Das System hat erneut versagt, indem sowohl die Justiz (partiell wurde der Schuldspruch bestätigt) als auch die Psychiatrie - Nedopil sei "Dank" - vom Vorwurf der Willkür entlastet wurden. Prof. Müllers optimistischen Erwartungen ("Ich bin kein Prophet. Ich hoffe aber, dass die Gutachten auf den Prüfstand gestellt werden und dass dabei auch die Fehler der psychiatrischen Bewertung aufgedeckt werden") erfüllten sich mitnichten.

- Die Schriftliche Begründung der Entscheidung offenbart dann auch, beginnend auf Seite 69, wie entscheidend die unheilige Allianz Nedopils mit dem Gericht war: Das Gericht stützte sich auf Nedopils "Stellungnahme", um das von vornherein angestrebte Ergebnis zu erzielen. Man darf aber erhebliche Zweifel haben, daß das Urteil "...insgesamt sehr ordentlich begründet" wurde, wie Verteidiger Strate vermeinte. Auffällig sind insbesondere die permanenten Wiederholungen, mithin die quantitative Breite der Begründungen und die Tatsache, daß so gut wie  keine Mühe darauf verschwendet wurde, Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugen aus dem Kollegen-Lager, den psychiatrischen Richtergehilfen und dem Lager des Tatopfers konkret nachzugehen. 

- Nahezu kabarettreif ist die Tatsache, daß das Gericht es schaffte, bei dem zweiten Vorfall vom 31.05.2002 (S. 90-100) genau das zu liefern, was auch im ersten Teil der Anklage zu wünschen gewesen wäre: auch hier schlug und würgte (S. 91, 97) bzw. würgte und schlug (S. 97,98) der Angeklagte die Nebenklägerin. Die Angaben seien vage und den beiden Zeuginnen nicht genau erinnerlich. Diese Gedächtnisschwäche steht  in Widerspruch zum vorausgegangenen Vorfall, in dem es insbesondere auch um ein 'Würgen' ging, das sogar zum Bewußtseinsverlust geführt haben soll. Die gleiche Person einmal also glaubwürdig, im anderen Falle nicht? Mehr noch: in der Gesamtschau spricht manches für eine vorsätzliche Falschbeschuldigung! Weitschweifige Breite sollte auch hier Korrektheit vorspiegeln.

- Das Argument, daß sich beide Akteure ("ein Geschehen zwischen zwei Personen", S. 93, 2. Abs.) nicht in der mündlichen Verhandlung zu den beiden Vorfällen konkret ("keine genauen Angaben") äußerten - die Nebenklägerin =Opfer glänzte gar durch völlige Abwesenheit - wurde im ersteren Falle (Zeugnisverweigerungsrecht, S. 13) zum Nachteil Mollaths, im zweiten Anklagepunkt hingegen zugunsten Mollaths (S. 100) gewertet - juristische Logik?

Nachfolgend seien nur einige der qualitativen Schwachpunkte in Bezug auf die Psychiatrisierung Mollaths durch die Zuarbeit Nedopils genannt:

1. Nach Nedopil ist Mollath eine "sensitiv prädestinierte" Persönlichkeit. Nach Einschätzung der Journalisten Ritzer und Przybilla zählt Mollath "wohl eher zu den links-alternativen Fundis", an anderer Stelle wird Mollath als "der pedantische Fundi, dem es ums Grundsätzliche geht" charakterisiert (Die Affäre Mollath, 2013, 27, 32), nicht so das Gericht: Auf Seite 70 des Urteils heißt es: "es ist ... naheliegend, daß am 12.8.2001 ... eine solche Störung ... bestand." Die grammatikalische Formulierung ("bestand") basiert darauf, daß der sensitive Mollath - "nach Überzeugung der Kammer" - unzurechnungsfähig war, nicht hätte sein können. 

Die Steilvorlage hatte Nedopil zuvor geliefert, indem er die Wertungen seiner Vordergutachter als nachvollziehbar bzw. vertretbar befunden hatte. 'Sensitive' Persönlichkeiten implizieren einen Blackout, sie würgen ggf., beißen und treten ohne zu wissen, was sie tun. Tatsächlich hatte Nedopil einen Wahn zum Tatzeitpunkt lediglich nicht ausgeschlossen. Das Gericht schaffte es, aus einem "nicht ausgeschlossen" eine überwiegende Wahrscheinlichkeit zu konstruieren, siehe S. 86 ist von "naheliegend" die Rede, daß zum Tatzeitpunkt eine wahnhafte Störung bestand. Auf S. 88 gilt dem Gericht dann gar beides zugleich: "naheliegend und (!) nicht auszuschließen". Literaturübersicht zum Begriff 'sensitiv' siehe Faust. Auf Seite 70 des Urteils spricht das Gericht von "klassischer Literatur", die Nedopil benannt hatte, hier insbes. Kretschmer (sensitiver Beziehungswahn, heute umstritten). 

Ernst Kretschmer zählt zu den Klassikern der spezifisch deutschen Psychiatrie, s. n. sein Hauptwerk "Körperbau und Charakter". Kretschmer war in der NS-Zeit aktiv... 

War Mollath also ein Opfer der "klassischen" deutschen Psychiatrie? Eher wohl war er Opfer des aktuell führenden Vertreters dieser "Klassik" in Gestalt Norbert Nedopils, der sich auf einen Begriff - hier: 'sensitiv' - kaprizierte, der übrigens auch, wie viel überkommene Tyologien der deutschen Psychiatrie, Aufnahme in das ICD-10 Manual fand, und so seine wissenschaftliche Weihe erfuhr. Kritisch zum ICD: Weinberger

Der 'sensitive' Querulant wurde im BGH-Urteil vom 7.6.1966 definiert: kennzeichend sei das verletzte Selbstwertgefühl bei neurotische Überempfindlichkeit gegenüber Beeinträchtigungen. 

2. Des weiteren fällt auf, daß das Gericht sämtliche Zeugen aus dem Lager der Nebenklägerin, die sich in Richtung Wahn geäußert hatten, Glauben schenkte, ohne jegliches Nachfragen, woher denn die Fähigkeit stamme, einen solchen richtig zu diagnostizieren. Hier nur ein Beispiel von Seite 83: "insoweit glaubhaft" sei die Angabe der Nebenklägerin, daß sich der Angeklagte "in seinem Wahn hineinsteigert". Das Pikante: Die Nebenklägerin war vor dem LG Regensburg gar nicht erschienen, somit handelte es sich um eine Protokollnotiz aus dem hochproblematischen Vorderverfahren. Das Gutachten Weinberger, das gegen eine Wahnerkrankung sprach, wurde hingegen nicht berücksichtigt. Auch die Tatsache, daß die entscheidende Zeugin, nämlich die Nebenklägerin, nunmehr als 'Geistheilerin' arbeitet, bot dem Gericht "keinerlei Anhaltspunkt"( S. 65). Prof. Dr. Nedopil hätte in Sachen Geistheilung sicherlich eine 'Stellungnahme' abgegeben, wenn ihn das Gericht nur gefragt hätte - schließlich mußte sich die Nähe von Geistheilung zur wahnartigen Störung doch regelrecht aufdrängen.

3. Schließlich nimmt das Gericht auf S. 86ff  zum Rechtsbegriff "schwere andere seelische Abartigkeit" Stellung. Dies darunter fallende psychische Disposition sei ein Dauerzustand. Ob Art und Grad der psychischen wahnhaften Störung zum Tatzeitpunkt tatsächlich vorlag, sei nicht hinreichend sicher nachweisbar (S. 89), somit kein Grund zur Unterbringung. Der Knaller ist im konkreten Falle die Anwendung des "in dubio pro reo"-Grundatzes "zugunsten" Mollaths. Die Frage nach einer erhebliche verminderten Schuldfähigkeit zum Zeitpunkt der Tatbegehung war nämlich eine Rechtsfrage und damit der Anwendung des in-dubio-Satzes verschlossen! Wäre Mollath seinerzeit tatsächlich zu Haft ohne Bewährung verurteilt worden, hätte er diese i. ü. längst abgesessen. Nun geht er als schwerer Psychopath durchs Land. Selbst wenn man von einer Zulässigkeit der Anwendung des in-dubio-Satzes auf psychiatrische Zustände ausgeht, so war selbst die Tatfrage zweifelhaft, wie es Garcia ("Zum Freispruch verurteilt") wohl zutreffend beschrieb. Garcia weckte zudem Hoffnung auf eine erfolgreiche Revision Mollaths, das ernüchtende Ergebnis kommentierte er dann wie folgt: http://blog.delegibus.com/4330

Der Einschätzung Weinbergers (Das Urteil entläßt Mollath als jetzt und weiterhin gesunden Mann) ist nicht in Gänze zuzustimmen. Hintergründig umfassender ist die methodenkritische Analyse der Nedopilschen Stellungnahme durch Sponsel.


Das Urteil zeitigt für Mollath und unsere Rechtsordnung negative Folgen: Mollath wird (außer der unvermeidlichen Haftentschädigung) wohl keine Genugtuung erhalten, weder von der Psychiatrie wegen grob fahrlässiger/ vorsätzlicher Falschbegutachtung, noch vom Land Bayern wegen des "Stempels der Rechtsbeugung" (Prantl). Triff zu, was Prof. Henning E. Müller konstatierte ("der Verdacht einer „wahnhaften Störung“, wenn man dieser Diagnose folgt, trat erst Jahre später auf und lässt sich nicht einfach „zurückrechnen“ auf den August 2001"), dann würde dies belegen, daß es Nedopil um die Entlastung seiner Kollegen ging.

Dreh- und Angelpunkt des Systemversagens jedoch ist und bleibt die Psychiatrie in Gestalt gewisser Forensiker, allen voran Leipziger und am Ende Nedopil.

Was Mollaths Straftaten angeht, so schilderte Hans Holzhaider die Verdachtsgründe nachvollziebar und keineswegs abwegig. Gleichwohl hätte bezüglich der Straftat gegen die Ehefrau ein Urteil (also Freispruch) gemäß des Grundsatzes in dubio pro reo ergehen können. Dies wollte die Justiz freilich unter allen Umständen vermeiden, um nicht die Katastrophe komplett zu machen. Der Schuldspruch war Voraussetzung für einen Freispruch wegen nicht auszuschließender Schuldunfähigkeit. Mollath sollte also weiterhin als Psychopath gelten, die Psychiatrie entlastet werden, und dies  - als blanker Hohn - "zugunsten" des Angeklagten. Lakotta textete "Gustl Mollath ist freigesprochen. Trotzdem steht er als Mann da, der seine Frau prügelte - und dies womöglich aufgrund eines Wahns. Schlimmer hätte das Urteil aus seiner Sicht kaum ausfallen können." und traf den Nagel auf den Kopf: Freispruch dritter Klasse: nicht nur schuldig, sondern dazu auch noch wahnkrank. 

Ob die Anwendung des Dubio-pro-reo-Satzes auf die Frage der Geistesstörung revisibel ist, wie Weinberger in seinem neuesten Rundbrief (dort Seite 3) vermeint, ist eine interessante Rechtsfrage. Inwieweit diese der Revision zugänglich ist, blieb abzuwarten. Eigentlich müßte ein Angeklagter im Zweifel als (noch) gesund gelten, analog der Geschäftsfähigkeitsprüfung, wo eine Person im Zweifel geschäftsfähig bleibt. Eine Rechtswohltat zugunsten Mollaths?  - Das Urteil ist diesbezüglich blanker Zynismus! Mollath jedenfalls kann sich bei Nedopil 'bedanken', daß dieser dem Gericht mit seiner Begutachtung diese Option überhaupt erst ermöglichte. Das Ergebnis bestätigt i. ü. die Kritik des Vf. an Strates Gewährenlassen des SV Nedopil. Man darf gespannt sein, ob und wie Strate dies in seinem geplanten Buch über den Fall Mollath kommentiert. 

Die aktuellen Bemühungen um Zulassung der Revision sind insbesondere hinsichtlich der nicht hinreichend begründeten, weiter fortbestehenden Psychiatrisierung Mollaths zu begrüßen. Garcia sieht einen Angriffspunkt in der offensichtlichen Willür des Gerichts bei der rechtlichen Wertung des Nedopil'schen Opus: http://blog.delegibus.com/4000

Dem hätte man zustimmen können: RA Veits wies auf eine relevante Entscheidung des BVerfGs hin ("Auch freisprechende Urteile können durch die Art ihrer Begründung Grundrechte verletzen"). Eben dies würde hier zutreffen, denn unbezweifelbar wurde Mollath durch die zynische Art der Begründung, nämlich "zugunsten" Mollaths, in seiner personalen Integrität dauerhaft beschädigt, dies durch die gerichtliche Feststellung, daß eine Geistesstörung nicht auszuschließen sei. Die von Wolff zitierte Entscheidung des BVerfG weckten leiner vergeblich Hoffnungen, denn völlig außer Zweifel steht für den gesunden Menschenverstand, Daß Mollath durch das Urteil in seiner Menschenwürde beschädigt wurde.

Zur Bewertung des Urteils als willkürlich gelangt auch Gabriele Wolff in ihrer detaillierten Urteils-Analyse. Im Unterschied zum Verf. verharrt ihr Fokus jedoch auf dem Gericht und nicht auf die fatale Rolle des Sachverständigen Nedopil, der nicht nur "nebulös formulierte", um die vorbegutachtenden Kollegen zu "schonen", sondern, diese (implizit) bestätigte, indem er "Anhaltspunkte" für eine Wahnstörung zum Tatzeitpunkt lieferte (Urteil S. 71 oben), m.a.W.: Nedopil handelte wider besseres Wissen. Ob dies aufgrund informeller Absprache oder in vorauseilendem Gehorsam geschah, wird sich nicht aufklären lassen. Wolff widersprach hier zwar und wirft allein dem Gericht eine Fehlinterpretation vor. Mit dem Satz: "Wenn Nedopil, im Widerspruch zu seinen vorangegangenen Findungen, plötzlich Theorien zum Schutz von Dr. Leipziger, wie die nachfolgende, von sich gibt, dann muß ein unabhängiges Gericht derartige logische Fehler juristisch bewerten, ..." trifft Wolff dann aber doch ins Schwarze. 
Warum aber griff Mollaths Verteidiger Strate diesen Umstand denn eigentlich nicht rechtzeitig auf, indem er den SV Nedopil hinterfragte und ggf. Befangenheitsantrag stellte, um so einen Revisionsgrund zu schaffen? 

Und was Prof. Nedopil angeht: ihm konnte folgendes unmöglich verborgen geblieben sein: "Es ging darum, den früheren Ehemann von Frau Mollath zu psychiatrisieren" (Wolff, a.a.O.). Mit seinen Auslassungen über den sensitiven Charakter Mollaths etc. konnte er nur den Zweck verfolgt haben, dem Gericht eine Steilvorlage zur Psychiatrisierung Mollaths zu liefern. Auch hierzu schwieg Strate bedauerlicherweise.


Ergebnis:

Die Einschätzung des Vf. wurde bestätigt: Kernpunkt des Skandals war und ist zwar die Instrumentralisierung der Psychiatrie durch den Staat und der unkritische Umgang mit ihr, siehe auch den Kommentar Prantls., Derselbe Prantl jedoch versagte sich jedoch die andere zu stellenden Frage, nämlich, ob der In-Dubio-Satz nicht auch für den Schuldspruch anzuwenden gewesen wäre, und stellte sich damit auf die Seite der Justiz, indem er davon ausging, daß Mollath "einmal durchgedreht" sei, im Klartext: daß die beiden Taten Mollaths so, wie vom Gericht angenommen, tatsächlich stattgefunden haben. Für einen unbefangenen Prozeßbeobachter war die Tatschuld Mollaths nicht mit überzeugender Sicherheit aufgeklärt worden!

Die Besprechung des Urteils durch die Medien zeigten wieder einmal, daß wesentliches, mutmaßlich aufgrund von Inkompetenz und Parteinahme - diesbezüglich allen voran: Lakotta, unbeachtet blieb. Völlig verfehlt war auch das überschwengliche Lob der Medien, die Justiz habe sich von ihrer beste Seite - Gründlichkeit "in extenso" (SZ), Geduld, Freundlichkeit usw. - gezeigt. Denn darauf kam es letztlich nicht an, sondern allein auf das strategische Handeln der Staatsorgane, also von Staatsanwalt, Vorsitzender Richterin und Sachverständigem: Allen drei war gemeinsam, daß es jedem darum ging, den Imageschaden der eigenen Profession möglichst gering zu halten. 
Wenn der BGH am Ende Mollaths Revisionsantrag verwerfen konnte - s. B. v. 14.10.2015 - , gründet sich dies nicht zuletzt auf Nedopils Schulterschluß mit seinen Kollegen, um deren Irrlauf im System in milderem Lichte erscheinen zu lassen. 

Und wenn der BGH dann noch meint: "Die Freisprechung wegen nicht erwiesener Schuldfähigkeit im Sinne von § 20 StGB beschwert den Angeklagten nicht", so ist diese Begründung nurmehr makaber, denn natürlich ist Mollath doppelt beschwert worden: durch den - dubiosen - Schuldspruch in Sachen Körperverletzung usw.  u n d  durch die (unausgeräumten) Zweifel an seinem Geisteszustande - siehe dazu die Kommentierung Müllers

Ob es auf diese Weise der Justiz gelang, die Ehre der bayerischen Justiz zu retten - wie dies die WELT meint - , kann bezweifelt werden, dies nicht nur deshalb, weil es keine Ehre (oder Würde) der Justiz gibt. Die WELT gab mit dieser Headline eine Visitenkarte ihrer politischen Ausrichtung ab.

Mollath konnte kein besseres Ergebnis erwarten, dies nicht begriffen zu haben, mag auch Folge der Realitätsblindheit seiner Unterstützergemeinde gewesen sein, deren Einfluß sich Mollath kaum entziehen konnte. Das Zerwürfnis mit seinem Verteidiger mag zudem auch in seiner geringen Anpassungsfähigkeit wurzeln. Derartige Persönlichkeitsvarianten sind jedoch noch ganz im Normalbereich angesiedelt. Von den Medien wurde dies viel zu wenig herausgestellt: Der Mollaths gibt es viele und überall. 

Zusammenfassung:

Der Fall Mollath war ein Fall des Systems und zeigt: Wir alle sind gefährdet, wenn wir in die Maschinerie der Staatsmühle geraten, denn deren Fähigkeit zur Selbstkorrektur ohne Druck von oben oder außen geht gegen Null. Der größte Skandal war und bleibt die Psychiatrie (Nedopil diente seiner Zunft und nicht der Aufklärung darüber) und deren mißbrauchliche Nutzung durch die Justiz. Ohne Mithilfe wacher aktiver, vor allem jedoch privater Unterstützer (trotz der störenden Trittbrettfahrer7) sähe es heute weit schlechter für Herrn Mollath aus! 

Man darf gespannt sein, ob sich - im Sinne des Tucholsky'schen Kriteriums (auf den Richtergehilfen Professor N. im Falle Mollath angewendet) - wenigstens einer der maßgebenden deutschen forensischen Psychiater von Herrn Kollegen Nedopil distanziert. Nedopil selbst widmete in seinem neuen Buche

dem Fall Mollath lediglich 6 Zeilen, er wurde mit eigenen Worten "abgehandelt", Zitat:
Herr Mollath wollte vor Gericht bei seinem ersten Prozess über etwas Anderes sprechen als das, was die Anklage ihm vorwarf. Er stand wegen Körperverletzung und Sachbeschädigung vor Gericht, wollte aber über die Machenschaften der Bank reden, bei der seine Ex-Frau beschäftigt war. Sybillinisch meinte Nedopil zuvor: In diesem Fall haben sich alle Seiten bewusst missverstanden. 
Wer aber mit diesen Seiten gemeint war - dazu schwieg der Herr Psychiater (und der Interviewer im Stern-Bericht fragte auch nicht nach, sondern wechselte das Thema.)




X. Was hätte Mollath als Ertrag des Wiederaufnahme-Verfahrens erwarten können?
Daß der SV (Nedopil) Mollath - noch - als gefährlich einstufen würde, war von vornherein so gut wie ausgeschlossen, dies schon deshalb, weil die Beweislage zweifelhaft bleiben mußte. Gleichwohl konnte Mollath nur einen Freispruch 2. Klasse erwarten, denn das System gibt nur zu, was es muß. 

Immerhin waren Mollath aus der grotesken Unverhältnismäßigkeit bei der Behandlung seines Falles durch Justiz und Psychiatrie Ansprüche erwachsen, zusätzlich zu der 
- vom Freistaat Bayern zu gewährenden Haftentschädigung8 für sog. immaterielle Schäden,
- ggf. einer Entschädigung für materiellen Schaden (Vermögensschäden), diese freilich abzüglich einer Pauschale für Unterkunft und Verpflegung, und schließlich
- Schadensersatz von seiner Ex-Frau Petra Maske, siehe http://gustl-mollath.de/?p=1154

Auch wäre an Haftungsansprüchen für grob fahrlässige Fehlbegutachtungen mehrerer psychiatrischer Gutachter, hier insbesondere von Leipziger, Pfäfflin und Kröber (hierzu: Weinberger), zu denken, dies jedoch nur, wenn die Grenzen des Beurteilungsspielraumes überschritten worden sein sollten, sowie an Schmerzensgeld wegen Menschenrechtsverstoß seitens der bayerischen Justiz durch eine Klage beim EuGH. Rechtsbeugung wird den bayerischen Richtern allerdings kaum nachzuweisen sein. 

Mollaths Hoffnung auf Entschädigungen dürfte sich allerdings durch die enttäuschende Intervention Nedopils  - siehe hierzu die Analyse humana-conditio - deutlich vermindert haben, so daß es angeraten gewesen wäre, rechtzeitig gegen Nedopil mit prozessualen Mitteln - hierzu zählt die Befangeheitsablehnung - vorzugehen,9

Nochmals: schriftliches Urteil  vom 14.08.2014  (Wiederaufnahmeverfahren)




XI. Lehren zum Thema Prozessunfähigkeit:

Einen vorläufigen Schlußstein an Nachdenklichkeit setzte der Unangepaßte, deshalb im Kollegenkreis Umstrittene, frischgebackene BGH-Richter Thomas Fischer, mit einem tiefschürfenden ZEIT-online-Referat: Wahn und Willkür vom 22.8.13. Fischer tut darin (wieder einmal) etwas in Fachkreisen verpöntes: er rekurriert auf die NS-Genese heute noch wirksamer Gesetze und vor allem: Denke. Da klingt es, typisch Fischer, ketzerisch: "Die Strajustiz hat die Sachverständigen, die sie braucht." Und: "Psychiatrische und psychologische Sachverständige sind: selbstgewiß, kompetenzüberschreitend, unbescheiden", um sogleich abschwächend zu generalisieren: "Das gilt selbstverständlich nicht dem Einzelnen, sondern dem Prinzip." Schade, daß Fischer nur Strafrechtler ist, er wäre sicherlich hoch geeignet, gesetzgeberischen Lösungen in der vorliegend behandelten Frage ("Hang" im Strafrecht entspricht in etwa "Prozeßunfähigkeit" im Zivilverfahren) Vorschub zu geben. Seine besondere Fähigkeit für Grenzbestimmungen bewies Fischer jüngst in der Frage der Vergewaltigung. siehe dazu das kabarettreife Interview "Im Rausch der unbegrenzten Verfolgung".

Doch zurück zum Fall Mollath: Übertragbar ist bereits jetzt die von Fischer gestellte "wichtigste Frage", nämlich die Frage nach der Grenze. Zu Recht fordert Fischer: Im Zweifel müssen Richter für den Menschen und für die Freiheit entscheiden. Dieser Grundsatz hat Verfassungsrang, siehe die Mollath-Entscheidung vom 20.August 2013, die auf Mollaths Verfassungsbeschwerde erging. Nachzutragen ist gelinde Kritik: bei allem Lob auf Fischers herbe Kollegen-Kritik mutet seine Distanz gegenüber den Fehlleistungen der psychiatrischen Sachverständigenzunft im Mollath-Verfahren etwas befremdlich an, siehe Fischers Gastbeitrag in der ZEIT-ONLINE. 

Fazit:
Die Protagonisten - Psychiater und Richter - stehen viel zu wenig in öffentlicher Kritik. Schuldig machten sich im Falle Mollath beide ihrem Berufsethos verpflichteten Verantwortungsträger. Systematische Verbesserungen des Gesetzgebers wurden angekündigt. Dies berührt allerdings wenig die entscheidende Schlüsselfrage: Willen und Fähigkeit zur Selbstkorrektur sowie Courage zur Kollegen-Kritik innerhalb der beiden Zünfte. Auch der selbstkritisch gewandete Rückblick eines Psychiaters in der SZ vom 4.8.2014 meidet eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Deckmanöver Nedopils zugunsten des Kollegen Leipzigers, was zeigt, daß es nicht allein um das Verhältnis von Arzt zum Exploranden geht, sondern - oft viel entscheidender - um die Krähen-Problematik in der Ärzteschaft sowie um die Richter - Sachverständigen - Beziehung. 

Die Parallelität zu unserer Thematik ist evident: 
Wie im Strafrecht geht es um Zweifel10: 
- Der In-dubio-pro-reo-Satz findet grundsätzlich (wenn auch nicht im Falle Mollath) zugunsten des Angeklagten Anwendung.
- Anderes gilt im Zivilprozess: hier gilt der Kläger (aufgrund eines Diktums des BGH) im Zweifel als prozeßunfähig. 

Diese willkürliche Setzung gilt es zu problematisieren.
 




Anmerkungen:
1 Allerdings gibt das öffentlich zugängliche Material sehr wenig zum Bestrittensein des Tatvorwurfs der Reifenstecherei her; diese bleiben auch in Mollaths Gegendarstellung  unerwähnt, wie auch in dem Stern-Interview.

2 Kröber, wieder einmal vom Bayreuther Gericht bemüht, lieferte vermutlich auch im Mord-Fall "Peggy" ein Fehlgutachten. Im Kachelmann-Prozeß steuerte Kröber, was gegen Ende der blamablen Vorstellung allerdings nurmehr angezeigt erscheinen konnte, dann allerdings Sinnvolles bei. 

3 Friedemann Pfäfflin, der nicht nur um seinen liberal-seriösen Ruf als (auch) DPV-Lehranalytiker bemüht ist, sondern offensichtlich auch den seiner Psychiater-Zunft, siehe nur seine Veröffentlichung des psychiatrischen Gutachtens im van-der Lubbe-Prozess 1933 ( R&P, 2/2008, 106ff ), mit dem er die beiden psychiatrischen Gutachter als politisch integer darstellte, obwohl sie im sicherlich fachlich auch anders gestaltbaren Ergebnis van der Lubbe - wie vom Gericht erwünscht -  als voll zurechnungsfähig beurteilten und ihn damit der NS-Unrechtsjustiz und damit dem Fallbeil auslieferten. 
Gerade dieser Vorgang zeigt, daß es weder eine unpolitische Psychiatrie, noch eine unpolitische Justiz gibt und wohl auch nicht geben kann, siehe dazu Helmut Kramers eindrucksvoll-sorfältig recherchierte Darstellung der NS-Justiz als Gehilfen der "Aktion T 4" in der KJ 1/1984 25-43 und die erschreckend unangetastete Karriere der schuldigen NS-Juristen und Psychiater im Lande Schleswig-Holstein bis weit in die 60er Jahre.  

4 nicht ausgeräumte Zweifel spielen eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung über die Prozeßfähigkeit. Die Anwendung des Zweifelssatzes (in dubio pro reo) "zugunsten" Mollaths ist eine genaue Parallele dazu.

5 auffallend: der Konjunktiv ("soll").

6 Das Gericht mutete Mollath nach dem Totalversagen des Systems zu, sowohl in die Justiz als auch in den Psychiater Nedopil Vertrauen zu haben - und lieferte selbst den Beweis, daß dieses nicht gerechtfertigt war.

7 Trittbrettfahrer waren u. a. die (leider) mit dem Mollath-Fall in Verbindung gebrachten Vertreter des Vereins "Anwalt des Kindes", hier Prestien und Krieg auf einer Tagung in Gießen (Tagung am 24.08.13 "Die Richter und ihre Denker", Strukturen in der Justiz und im Gutachterwesen, beide in einer 'Monopercectose' (de Boor) gefangen sind indem sie nur über Elter-Kind-Rechte reden, anstatt das System in den Blick zu nehmen, in dem es massiv um Geld (Versorgung, Honorare und Gebühren) geht. Mit Mollaths, bzw. dessen systemischen Hinergund, hat dies alles herzlich wenig zu tun.

Diese ist bekanntlich in Deutschland vergleichsweise lächerlich gering (neuerdings ganze € 25.00 für den sog. immateriellen Schaden. Bis 2009 betrug die Entschädigung pro zu Unrecht verbüßten Hafttag gar nur 11 Euro).

9 Daß dies der Pflichtverteidiger Strate nicht tat, bleibt unverständlich.

10 Die gleiche Lage - nämlich eine zumindest partielle Entmündigung -  findet sich bei der Zwangsbetreuung: auch hier siegt der "Zweifel". In beiden Fällen werden die Grundrechtseingriffe mit "Fürsorge" begründet.



LITERATUR
- U. Ritzer / O. Przybilla, Die Affaire Mollath, 2013

- Sascha Pommrenke, M. B. Klöckner (Hrsg.): Staatsversagen auf höchster Ebene.  2013 
- S. Pommrenke: Analyse der Mollath-Briefe2013
- Stefan Muckel, Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus - "Fall Mollath" - JA 1/2014, 73-76
- Schlötterer, Wahn und Willkür, 2013, dort S. 318 - 423
- Gerald Mackenthun, Mollath: Gerechtigkeit oder Tod, 2014
- Gerhard Strate, Der Fall Mollath, 2014 - dazu Besprechung von Th. Fischer

Kommentare in jur. Fachzeitschriften:
- DRiZ, 01/2013, 20 (Prantl)
- ZRP 7/2013, 209-213 (Hauer, Anmerkungen und Gedanken zun Fakk Mollath - Verschwörung oder Gleichgültigkeit?)
- NJ 11/2013, 456 (Hauer, Der Fall Mollath - weil nicht sein kann, was nicht sein darf.)

allg. Literatur: 
- Tondorf, Psychologische und psychiatrische Sachverständige im Strafverfahren, 3. Aufl. 2010
- Fritz Loos, Beschränkung der Verteidigung durch Daueranwesenheit des Sachverständigen zur Schuldfähigkeitsbegutachtung in der Hauptverhandlung? GS f. Hilde Kaufmann, 1986, 961-976



Urteile
gegen psychiatrische Sachverständige:
- OLG Nürnberg, 02.03.1988 - AZ: 9 U 779/85 (DM 30.000 Schmerzensgeld aus Haftung einer Psychiaterin wegen grob fahrlässiger Falschbegutachtung)
- https://www.youtube.com/watch?v=BC3Uj9VqAkA (Nachtcafe, dort letzter Fall)

b) Gutachten:
Kritik am Nedopil-Gutachten:

c) Nachbereitung: Buch und Öffentlichkeitsarbeit:
- https://www.youtube.com/watch?v=6GGAMok0EXo#t=155.891413
- Pressespiegel (drei-saeulen.de)

d) Wie immer: Niemand wird zur Verantwortung gezogen:
- G. Paulis Rede v. d. bayr, Landtag: https://www.youtube.com/watch?v=RMsSlonnN_c

e) Weitere Fälle von Fehleinweisungen:

f) Ri a. AG i.R.: Joachim Bode

g) Medienanalytischer Beiträge:
- Strate: Der Fall Mollath / Lesung

Verfilmung: 
Filmplakat: 

Theater:



i) Volkes Stimme: 

j) Politische Reaktion:

k) Reaktionen innerhalb der Richterschaft: