Was tun als potentiell Gefährdeter?

Gefährdet ist grundsätzlich jeder, der sich - auch aus verständlichen Gründen - mit der Justiz in überdurchschnittlicher Intensität angelegt hat, indem er u. A. alle Rechtmittel ausschöpfte. 

Angeregt durch die Fälle Mollath und Hase setzte die "investigative" Journalistin Monika Anthes das Thema Psychiatrisierung auf ihre Agenda:    
(REPORT MAINZ - Autorengespräch: Als wahnsinnig abgestempelt, 24.09.2016)
Kommentar: 
Das rechtliche Lagebild, das die gute Frau Anthes im Staatsfernsehen präsentierte, ist - leider - unrichtig, denn der Richter ist gesetzlich eben gerade nicht verpflichtet, hinreichend und erschöpfend zu begründen, worauf sich seine Zweifel am Geisteszustande eines unliebsamen Klägers stützen. Zu dem "Fachartikel", in dem angeblich die Methode der Psychiatrisierung als Mittel der Wahl empfohlen wurde, versagte sich Frau Anthes jegliche Quellenangabe. Vermutlich spielt sie auf den Artikel des RA Sebastian Lube in der MDR 2/2009, S. 63-65 an, der mit dem "Fazit" schließt: "Es bleibt zu hoffen, daß Rechtanwälte häufiger versuchen, die Prozeßunfähigkeit des Prozeßgegners darzulegen."  Wie sollte diese 'Darlegung' aussehen? Es müßten Tatsachen vorgetragen werden, aus denen sich Anhaltspunkte ergeben, die an der Prozeßfähigkeit Zweifel zulassen - eine Ansammlung leerer Rechtsbegriffe, die Herr Lube höchstrichterlichen Urteilen entnimmt, schließlich jedoch etwas konkretisiert, wenn es heißt: "Er (der RA des Beklagten) hat Schriftstücke vorzulegen, die beleidigenden Inhalt aufweisen oder durch die Gesamtschau aufzuzeigen, daß der Kläger offensichtlich über die Fülle der Prozesse den Überblick verloren hat. Durch ein solches Vorgehen hebelt der Beklagte die Vermutung, der Kläger sei prozeßfähig, aus." 
Ein solches Vorgehen gehört längst zum gängigen Repertoir, jedenfalls derjenigen Prozeßbevollmächtigten, die ihren Mandanten u n d den Richtern gefallen möchten. Ersthaft gefährlich wird es erst, wenn die Zweifel vom Gericht selbst ausgehen, da nämlich ist die Darlegungslast weitaus geringer und es finden sich fast immer willige Gutachter, die das Gewünschte den Richtern liefern . . . 

Ursächlich für richterlichen Unmut aufgrund 'querulatorischer' Prozeßführung kann falsche justizielle Behandlung, schlechte Beratung und Vertretung durch den eigenen Rechtsanwalt, natürlich aber auch
falsche eigene Einschätzung der Sachlage oder zu hohe Erwartung an die prozessualen Möglichkeiten sein. Von Juristen hört man: "Sie bekommen ein Urteil, aber keine Gerechtigkeit." Am riskantesten ist ein naives Sich-Anvertrauen an den "Vater Staat" in Gestalt eines Richters: Der Fall Mollath, die Fehldeutung seiner "Art-und-Weise" der Selbstdarstellung, wird in die Rechts- und Psychiatriegeschichte eingehen. Die FAZ berichtet Details:
"Im September 2003 übergab er in seinem Strafverfahren ein Konvolut von Dokumenten, in denen ein Bogen von Martin Luther King über Kennedy, Vietnam, Biafra bis zur Mondlandung und Idi Amin gespannt wurde. Mollath wies darauf hin, dass er im Jahr 1999 an „über 600 Bundestagsabgeordnete“ sowie im Jahr 2000 an den Papst geschrieben habe." 

und:

"Im Dezember 2003 stellte Mollath eine Anzeige, in der es von grammatikalischen Fehlern wimmelte – ein Indiz, wie es in dieser Zeit um ihn bestellt war; er hatte einst das zweitbeste Abitur seines Jahrgangs abgelegt. Er geißelte in der Anzeige die „geldgeile Gesellschaft“, die ein weites Spektrum habe, „von der Haushaltshilfe, über Beamte, zum Arzt oder Apotheker. Rentner denen Sie ein gutes Werk tun wollten, Sie tod umfallen würden, wenn Sie wüssten wieviele Millionen die besitzen. Gealterte Blondinen, alles was man sich vorstellen kann.“

Ein Richter, der derartige Elaborate empfängt, reagiert leicht wie ein "normaler" Mensch und damit unprofessionell. Denn er müßte wissen, daß gerade unbescholtene, naive Menschen dazu neigen, sich Gerichten anzuvertrauen (und dort ihr Herz ausschütten!), soll es doch um Wahrheitsfindung gehen. 
Nun gilt aber: Diejenigen Regelungsbereiche, die von unbestimmten Rechtsbegriffen (wie etwa "zumutbar", "angemessen", "erheblich", "normal" oder "Kindeswohl") beherrscht werden, bieten besondere Angriffspunkte. Die Prozeßordnung gewährt dem Richter bei der Verfahrensleitung und -gestaltung weitgehend freie Hand. Die Grenzen markiert allein die Rechtsprechung. So sprach der BGH von "hinreichenden" Anhaltspunkten, die eine Amtsprüfung der Prozeßfähigkeit im Freibeweis auslösen. (BGH, NJW 1996, 1059). Was aber ist "hinreichend"?

Orientierungspunkte liefert sowohl die juristische als auch die psychiatrisch-psychologische Literatur, die sowohl eine Fülle von Fallbeispielen als auch von Theorien liefert. Die Letztentscheidung liegt bei den Gerichten. 


Wie minimiere ich die Gefahr, bei langwierigen Prozessen psychiatrisiert zu werden?
1. Vorsorglich sollte ich mir Kenntnis der wichtigsten psychiatrischen Kriterien (z.B. starres Wiederholen) verschaffen, an denen Gutachter ihre Zweifel an der Prozeßfähigkeit festmachen und die es zu vermeiden gilt. 

2. Auch wenn der Eindruck wächst, daß der Richter bereits festgelegt ist, sollte man folgendes berücksichtigen:

a) Besonders empfindlich reagieren Richter auf Dienstaufsichtsbeschwerden, Richterablehnungen und Strafanzeigen wegen Rechtsbeugung, die daher als ultima ratio, und wenn schon, dann wohl dosiert sein müssen. Die Erfolgsraten sind gering: Dienstaufsichtsbeschwerden führen niemals zu einem sichtbaren Ziel (Schlagwort: fristlos-formlos-fruchtlos), allerdings können sie den betreffenden Richter als Bodensatz in seiner Personalakte langfristig im Falle von Karrierestreben schaden). Für Ablehnungen gem. § 42 ZPO gibt Wassermann 1963 (NJW, S. 429) eine Erfolgsrate von maximal 6 % an. Strafanzeigen gem. § 339 StGB sind  nur in krassen Fällen sinnvoll. Sie bewirken zwar höchst selten eine Verurteilung, dies  v.a. infolge der zu hohen Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitstrafe, deren Senkung immer wieder einmal in der Literatur gefordert wird, jedoch erfolgt eine Prüfung durch die Staatsanwaltschaft und es wird somit eine Aktenspur gelegt. 

b) Weiterhin sind Schriftsätze prägnant, gegliedert und möglichst kurz zu fassen und keinesfalls die sog. "Querulantenschaltung", siehe http://www.homburger.ch/fileadmin/publications/MvA08.pdf, dort Seite 907, wählen, sondern den augenschonenden 1,5-Zeilenabstand mit Arial, 12Punkt. Handschriftliche Eingaben wirken verheerend, siehe das folgende Beispiel 
Bild in Originalgröße anzeigen(Schreiben von Gustl Mollath an das Amtsgericht Bayreuth vom 14.06.2006, als M. in der Geschlossenen verwahrt wurde) 

In der Optik höchst auffällig waren auch Mollaths Strafanzeigen: 

Erkenntnis: Juristen bewerten das sog. 'Erscheinungsbild' u. U. leichtfertig als Indiz für Krankhaftigkeit - ergo: die Form von eingaben an Behörden sollte möglichst "normal" sein! Wie Schriftsätze an das Gericht nicht aussehen sollten, wird hier beschrieben: 
Unterstreichungen, Fettdruck, Kursivschrift und Ausrufezeichen

Wer sich als Rechtsanwalt disqualifizieren will, benutzt Unterstreichungen, Fettdruck, Kursivschrift und Ausrufezeichen. Natürlich ist es sachgerecht, wenn in einem Schriftsatz mal ein Wort durch eine Hervorhebung betont wird, weil dies dem Verständnis dient. Wenn aber ein Rechtsanwalt Unterstreichungen, Fettdruck, Kursivschrift und Ausrufezeichen benutzt, um dem Gericht klar zu machen, dass diese oder jene Ausführung besonders wichtig sei, disqualifiziert er sich, weil er dem Gericht unterstellt, es sei zu blöd zu erkennen, was wichtig ist und was nicht und es daher quasi mit der Nase darauf gestoßen werden muss. Im Übrigen sind Schriftsätze, in denen es von Unterstreichungen, Fettdruck, Kursivschrift und Ausrufezeichen wimmelt, den Richtern aus einem anderen Zusammenhang bekannt: So sehen typischerweise Schriftsätze von Querulanten aus. (Quelle

Mollaths schriftliche Offenbarungen seines Gutmenschentums waren für den Psychiater Norbert Nedopil denn auch Anzeichen für wahnähnliche Zustände (Er hat sich damals in Überzeugungen verrannt)In Spiegel-Online liest sich diese Einschätzung wie folgt:
"Zu einer möglichen Diagnose lieferte der Gutachter Denkmöglichkeiten und Anknüpfungspunkte: Nedopil referierte Erkenntnisse über Mollaths Werdegang. Sie stammen aus dessen 106-seitiger Verteidigungsschrift, die er bei Gericht vorlegte. "Da beschreibt er, wie er von John F. Kennedy und Martin Luther King geprägt wurde und vom Vietnamkrieg." (Lesen Sie hier Auszüge aus Mollaths Verteidigungsschrift)"


Merke also: 

Insbesondere schriftlichen Äußerungen können eine Steilvorlage für eine unerwartete Psychiatrisierung darstellen. Bereits die Erwähnung von Namen wie Ghandi, Albert Schweitzer, Martin Luther King usw. denen ein para-religiöser Heiligenschein verliehen wurde, ist tunlichst zu vermeiden, denn sie könnten als Zeichen für Realitätsferne bis hin zum Größenwahn gedeutet werden.1 Generell riskieren "Vielschreiber" (so ein interner Behörden-Stempel) ihre amtsseitige Psychiatrisierung (Beispiel). Die medizinische Diagnose lautete ggf.: "Graphomanie". 

Und last but not least: niemals an den Papst, Bundespräsidenten oder Frau Merkel schreiben! Zu dem, was dann passieren kann, siehe unter Vogeler


Völlig falsch wäre es auch - was schlechte Anwälte gleichwohl tun, um Engagement vorzutäuschen und hohe Honorare zu generieren - alles Mögliche vorzutragen, in der Hoffnung, dass sich das Gericht schon das Sinnvolle heraussucht. Die "Methode" Mollaths (s. o.) zeugt von einer geradezu pathologischen Naivität und Selbstbezogenheit!

c) Bedenklich erscheint Richtern auch, wenn  der prozeßbevollmächtige Rechtsanwalt zu oft gewechselt oder am Prozeßbevollmächtigten vorbei agiert wird, obwohl beides bei schlechter Vertretung nicht immer vermeidbar ist. Um aber überhaupt die Arbeit des eigenen Prozeßbevollmächtigten wenigstens ansatzweise beurteilen zu können, gilt: Je früher man sich in die Materie einarbeitet, desto besser.

3. Hoch riskant ist es, in der Vergangenheit mit staatlichen Psychiatern zu tun gehabt zu haben, insbesondere dann, wenn dies einen Niederschlag in den Akten von Gesundheitsämtern fand. Dann nämlich kann sich der Richter - in Nutzung seines vermeintlichen Rechts zur Freibeweiserhebung - hinter dem Rücken des Betroffenen darüber Informationen beschaffen. Jedweder Kontakt mit Psychiatern ist daher tunlichst lebenslang zu vermeiden, denn merke: Psychiater haben grundsätzlich eine Doppelrolle inne: Zuvörderst dienen sie der Selektion und Exklusion, erst in zweiter Linie der Gesundheit des Probanden. Deshalb besteht ihre hauptsächliche Tätigkeit auch aus Begutachtungen. Das Fernsehkabarett "Neues aus der Anstalt" verdankt eben dieser Funktion seinen Reiz, wenn es immer mal wieder heißt: "Ab in die Geschlossene!"

4. Jegliche Art von Drohung wäre fatal, dabei muß es keine Morddrohung sein, wie in dem Bremer Fall.


Wie verhalte ich mich, wenn das Kind in den Brunnen gefallen und der Beweisbeschluß da ist?

Spätestens jetzt erweist sich die Qualität des eigenen Prozessbevollmächtigen, denn nun kommt es darauf an, richtig und mit angemessener Schärfe den Plan des Gericht zu entlarven und zu konterkarieren - im Einzelnen: 

1. Zum Beweisbeschluß:
Prüfung, ob  v o r  dem Beweisbeschluß die obligatorische persönliche Anhörung zu dieser Frage stattgefunden hat, falls nicht: Beschwerde
Der Richter hat gemäß dem neu gefaßten § 139 ZPO (nach Baumbach die "Magna Charta" der Zivilprozessleitung) zunächst auf Bedenken - hier also auf Zweifel an der Prozeßfähigkeit - hinzuweisen und der - meist völlig überraschten - Partei vor der persönlichen Anhörung eine angemessene Zeit zur Vorbereitung auf diese Anhörung zu gewähren (Überrumpelungsverbot). Eine effektiven Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nur dann vor, wenn der Richter spätestens in dieser Anhörung "greifbare2 Anhaltspunkte" präsentiert, d. h. die Indiztatsachen bzw. Anknüpfungstatsachen für seine "Zweifel" an der Prozeßfähigkeit der betroffenen Partei hinreichend konkret dargelegt hat. Diese Substanttiierungspflicht obliegt in dieser Lage dem Richter mindestens im gleichen Umfang wie auch einer Partei, die Zweifel an der Prozeßfähigkeit im Zivilverfahren vorträgt, denn grundsätzlich gilt: Rechtsansichten sind dort zu prüfen, wo sie an eine Tatsache anknüpfen. 

Wichtig ist nicht nur die Protokollierung des Hinweises auf Zweifel sondern mehr noch die der Anknüpfungstatsachen. Insbesondere gilt dies für die Anhörung. Ggf. sollte für diese Sequenz gemäß § 160 II und IV ZPO Wortprotokoll3 (Diktat der "Zweifel" als "erforderlich" ins Protokoll) beantragt werden. Wird dies abgelehnt, notfalls selbst unbedingt ein Protokoll fertigen! Bei dem Protokollantrag Bezugnahme auf: Tsukasa Oda (Die Prozeßfähigkeit als Voraussetzung und Gegenstand des Verfahrens, Diss. Mainz, 1997), der ausführlich darlegt, daß natürlich das Gericht diejenigen Tatsachen, auf die es seine Zweifel gründet, darzulegen hat. Dabei kann es sich - ganz wichtig - nur um solche Tatsachen handeln, die in Psychiatrie und Rechtsprechung als Indizien anerkannt sind. Um hierüber Klarheit zu gewinnen benötigt der Betroffene in aller Regel Zeit, die das Gericht, ein Gebot der Fairness, zu gewähren hat. Um es zu wiederholen: Bloße Quantität von Anknüpfungstatsachen kann in der Regel nicht ausreichen, denn sie kann auch aus der Komplexität des Falles sowie aus unsachgemäßer Verfahrensleitung resultieren. Das Gericht wird also auch tragfähige qualitative Indizien anführen müssen (Beispiele siehe Anm. 4 )

2. Zur "Anhörung": 
Der Richter hat - jedenfalls wird diese Meinung gelegentlich in Rechtsprechung und Literatur vertreten - auch über dies Frage mangelnder Prozeßfähigkeit "zu verhandeln" - was immer auch darunter zu verstehen ist. Das Gericht könnte - und sollte - wenn schon nicht ein sog. Rechtsgespräch, dann zumindest Nach-(Verständnis-)fragen zulassen, insbesondere hinsichtlich der Indizien und deren Relevanz. Zur Erinnerung: Das Bundesverfassungsgericht versteht unter "rechtlichem Gehör" ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung (BVerfGE 107, 409). 

Folgendes sollte beachtet werden:

a) Mündlich und schriftlich von Anfang an auf die Schwere des Grundrechtseingriffs, den jede psychiatrische Untersuchung darstellt, hinweisen. Zur Vermeidung der persönlichen Begutachtung ggf. beantragen, daß das Gericht zunächst als milderes Mittel ein psychiatrisches Aktengutachten (s. BGH v. 14.07.1966) einholen möge, entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgebot. Falls das Gericht dies ablehnt, Beschwerde, denn: Die Auswertung des Akteninhaltes durch den psychiatrischen Sachverständigen kann bereits eine ausreichende Grundlage für die Feststellung einer partiellen Prozeßunfähigkeit sein, siehe OLG Frankfurt, Entscheidung vom 18.11.2008, 7 U 149/97, Rn. 26. Riskant wäre es, ohne Begründung die Teilnahme an einer persönlichen Begutachtung zu verweigern, denn nach BGH-Rechtsprechung kann das Gericht sonst behaupten, die Zweifel seien nicht ausgeräumt und den Probanden für prozeßunfähig erklären.

Als weitere Abwehr kommt u. U. die Einholung einer juristischen Aktenanalyse durch einen externen Juristen in Betracht, zur Beantwortung der Frage, ob die Akten tatsächlich hinreichende - und v. a. anerkannte - Indizien für berechtigte Zweifel an der Prozeßfähigkeit enthalten, oder gar krasse Fehlinterpretationen wie im Fall Hase (im Video siehe etwa ab Mitte: Prof. Martin Schwab/ Univ. Bielefeld), dies gilt insbesondere nach Richterwechsel (siehe: eigener Fall). 
Anm.: Dieser Weg dürfte allerdings aus zwei Gründen schwierig sein: erstens findet sich sehr schwer ein hochkarätiger Jurist für ein (Gegen)gutachten eines privaten Auftraggebers, zweitens muß das Gericht in der Begründung seiner Zweifel auf Akteninhalte Bezug genommen haben.   

b) Bekanntlich ist die Auswahl des Sachverständigen mit entscheidend für das Ergebnis. Leider bestimmt das Gericht den Sachverständigen (§ 404 ZPO) und kann ihm Weisungen erteilen (§ 404a ZPO). Richter bevorzugen nun leider sog. Hausgutachter, deren Neigungen und Einstellungen mit ihren eigenen konform gehen. Noch bedenklicher ist es, daß in einigen Bundesländern Richter auf dem Erlaßwege angehalten werden, sich an die staatlichen Gesundheitsämter zu wenden, weil, wie bereits ausgeführt (siehe unter Gutachterfrage), ein Richter nur einen qualifizierten Sachverständigen beauftragen darf und diese Prüfung hier nicht vorgenommen wird. 
Die Minderqualifikation eines Sachverständigen nachzuweisen, ist jedoch für den Probanden schwierig, denn dazu bedarf es eines anderen Experten. Unbedingt sollte der Betroffene den Gutachter ausführlich nach seiner Qualifikation4a - wie viele derartiger Gutachtern hat er bereits gemacht? - und nach den für ihn maßgeblichen Kriterien befragen und dessen Antworten schriftlich fixieren. Fallen diese nicht befriedigend aus, kann der Sachverständige - wie ein Richter - wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (§§ 406, 42 ZPO) werden. Auch während der Begutachtung können sich Ablehnungsgründe ergeben, etwa wenn der Gutachter Fragen stellt, die offensichtlich nichts mit der Sache zu tun haben. Schließlich kann ein vorliegendes Gutachten mit einem Privatgutachten angegriffen werden, welches der Richter zu würdigen verpflichtet ist, s. BGH 10.10.2000
Als Grundlage für Schadensersatzforderungen im Falle eines grob fahrlässig falschen oder sogar strafrechtliche Verfolgung im Falle eines vorsätzlichen Falschgutachtens sollte der Gutachter beeidigt werden; hilfsweise kann sich der Gutachter allerdings auf einen für die Erstattung von Gutachten der hier relevanten Art bereits geleisteten Eid berufen.

Liegt erst einmal ein Gutachten vor, so versagt der Datenschutz hinsichtlich der Weitergabe der höchst sensiblen Daten eines Gutachtens über die Frage der Prozeßfähigkeit an die Gegenpartei. Bereits aus diesem Grunde ist eine (Willkür)-Komtrolle in Gestalt der sofortigen Beschwerde gegen den Beweisbeschluß zu fordern.

3. Zur Begutachtung:
Nur sehr selten wird ein Gutachter den Interaktionsprozeß (also auch das Verhalten des Gerichts und die Schwierigkeit des Verfahrensgegenstandes) mit in den Blick nehmen, was er jedoch gerade in den Zweifelsfällen - in denen der Richter den Gehilfen ja nur einschalten darf - tun müßte. Ist der psychiatrische Sachverständige dazu nicht bereit, verharrt der Proband in der Stellung eines Untersuchungsobjekts. Diese grundlegende Perspektive könnte man zu Beginn - der Sachverständige ist ja gehalten, den Probanden uber die Rechtslage und das Vorgehen vorab zu informieren - ansprechen und, falls der Gutachter hierzu keine Auskunft geben will oder kann, wäre an Ablehnung des Sachverständigen zu denken: entweder wegen unzureichender Qualifikation oder/und  wegen Befangenheit aufgrund mangelnder Vorinformation. Eine weitere Frage ist die der Dokumentation. Wenn auch nicht eine Tonaufzeichnung5 (besser wäre eine Videografie) der Begutachtung zugelassen wird, wäre an die Hinzuziehung eines Zeugen6 zu denken, z. B. eines sachkundigen Rechtsanwalts. Beides dürfte i.a.R. vom Gutachter abgelehnt werden. Ist dies der Fall, sollte beim Gericht beantragt werden, einen Gutachter zu beauftragen, der eine Dokumentation in der einen oder anderen Art, zumindest einen Zeuge, der Stenografie beherrscht, zuläßt.

4. Verfassungsbeschwerde: 
Nach Ausschöpfung des Rechtsweges und vorbereitender Grundrechterüge in den Beschwerden Verfassungsbeschwerde erheben (s.: BVerfG 19.08.2013)



Fußnoten:
Obwohl Mollath dies alles unter der Überschrift "was mich prägte" schrieb, somit nurmehr eine Entstehunggeschichte seiner moralischen Grundhaltung lieferte, wird dieses Vorgehen psychiatrisch pathologisiert. Richtiger wäre wohl folgende Deutung: Hier trat ein naiver, vertrauensseliger, im Umgang mit Behörden unerfahrener Mensch dem Staat gegenüber. Lesenswert die Dokumentation Pommrenkes über Mollaths Pathologisierung anhand seiner Schreiben.

2 das Adjektiv "greifbar" gehört zum Sprachschatz des BVerfGs, Beispiel. 

3 Im Zweifel ein Protokoll der einzige Beweis. Maßgebend ist § 159 ZPO, hier kann auf den "sonstigen wichtigen Grund" hingewiesen werden, der sicherlich vorliegt, wenn es um den Entzug der prozessualen Geschäftsfähigkeit geht. Ansonsten relevant ist § 160 ZPO. Im Regelfall diktiert der Vorsitzende Richter das Protokoll in ein Aufnahmegerät (§ 160a ZPO). Das Protokoll hat Beweiskraft bezüglich der Verhandlung: Nur was im Protokoll steht, gilt als stattgefunden. Daher sollte man dem Diktat aufmerksam zuhören. Vergisst der Richter, etwas zu diktieren, sollte man sofort bitten, dass es ergänzt wird. Diktiert der Richter etwas falsch, sollte man sofort um Korrektur bitten. Wichtig: Entspricht das Gericht der Bitte nicht, sollte man sofort einen förmlichen Antrag stellen. Das Gericht kann auch diesen Antrag ablehnen, muss aber dann zumindest den Antrag ins Protokoll aufnehmen, wodurch dokumentiert ist, dass über den Protokollinhalt an dieser Stelle kein Einvernehmen besteht (§ 160 Abs. 4 ZPO). Nachträgliche Protokoll-Berichtigungen gem. § 164 ZPO sind problematisch, insbesondere dann, wenn der Richter ggf. einen Ablehnungsgrund produziert haben sollte.
4 so VG Düsseldorf oder Finanzgericht BW - in beiden Entscheidungen richtete sich der Fokus stark auf die Quantität.

4a als Anregung für die zu fordernde Mindestqualifikation siehe Steck-Bromme. Die Petition des Dr. Hans-Peter Doepner vom 11.12.2011 - querulatorischer Gutachtenverlierer - , der - sicherlich zu Recht - einen bessere Qualifikation familienpsychologischer Sachverständiger forderte (gleiches wäre für jeden forensischen Psychiater zu fordern), wurde vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages abgeschmettert, indem die Gesetzeslage als "sachgerecht" erklärt wurde. Der folgende Satz aus der Beschlußempfehlung vom 27.6.2013 liefert den schönsten Beweis des Gegenteils: 
"Sachverständigengutachten unterliegen der freien Beweiswürdigung durch das Gericht. Diese nachträgliche Kontrolle von Sachverständigengutachten durch das Gericht verhindert (!), dass der Entscheidungsfindung ein unbrauchbares Gutachten zugrunde gelegt wird."   

5 Über Tonaufzeichnung entscheidet bislang der Gutachter, nur sehr wenige lassen sie allerdings zu. Siehe dazu den folgenden Aufruf (u. d.  magere Ergebnis) eines eh. aktiven Psychiaters. 

6 siehe in anderer Sache das Bay. LSG vom 20.11.13, sowie Hinweise




Links:
a) informativ zum Risiko jeglicher psychiatrischer Untersuchung den Vortrags der Rechtsanwältin Claudia Grether - 
dort v. a. das 2.Viertel,  u.a. zum Thema "Sachverhaltsquetsche" 
sicherlich ist die geringe Distanz Grethers zur Antipsychiatrie, KVPM usw. nicht unproblematisch, gleichwohl spricht sie viel Wahres an.
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